DÜSSELDORF/DUISBURG (dpa-AFX) - Die Stahlindustrie in Nordrhein-Westfalen sorgt sich angesichts geplanter EU-Klimaschutzverschärfungen um ihre Existenz und damit um 48 000 Jobs. "Es darf keine europäische Klimaschutzpolitik nach dem Motto geben: Wenn die Industrie abwandert, ist Gutes für das Klima getan", sagte NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) am Montag in Düsseldorf bei einem "Stahlgipfel" mit Branchen- und Gewerkschaftsvertretern sowie Abgeordneten.
Die EU möchte ab 2019 rund 1,5 Milliarden CO2-Verschmutzungsrechte dem Markt entziehen, was den Preis steigen lassen soll. Ab 2021 sind dann weitere Verknappungen geplant. Außerdem sollen die bisher erlaubten Ausnahmen für besonders energieintensive Industrien wie Stahl, Zement oder Chemie stark beschränkt werden. Dazu laufen in Brüssel derzeit Beratungen.
Die Reform des Zertifikatesystems ist Teil der EU-Politik zur Verringerung der Treibhausgase um 20 Prozent bis 2020. Zu diesem Ziel haben sich alle EU-Staaten verpflichtet. NRW war im April dieses Jahres freiwillig noch darüber hinausgegangen und hatte 25 Prozent weniger CO2 in einem Landes-Klimaplan festgeschrieben. "Wir wollen das Klimaschutzland Nummer Eins in Deutschland werden", hat der grüne NRW-Umweltminister Johannes Remmel angekündigt.
Bei den Beratungen auf EU-Ebene dürften die im internationalen Wettbewerb stehenden NRW-Stahlunternehmen nicht mit unverhältnismäßigen Kosten belastet werden, um auch weiter auf dem Markt bestehen und investieren zu können, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung aller Teilnehmer.
"Sollten die Zertifikate tatsächlich auf die geplanten 30 Euro erhöht werden, ist die Stahlindustrie in NRW verloren", sagte Duin. Aktuell kosten die Zertifikate um die sieben Euro. Die NRW-Stahlbranche zahlt nach Aussagen einer Sprecherin aktuell zwar noch nichts, weil wegen der schwachen Absatzentwicklung der Vergangenheit noch überschüssige Zertifikate vorhanden sind. Ab 2017/2018 würden aber hohe Zusatzbelastungen fällig.
Zusammen mit voraussichtlich steigenden Strompreisen für die Industrie addiere sich die Last bis 2030 auf eine Milliarde Euro extra pro Jahr. "Das ist für die Stahlindustrie existenzgefährdend", sagte Kerkhoff. IG Metall-Chef Giesler, forderte mehr Investitionen in Menschen, Maschinen und die CO2-Reduzierung.
Die Stahlproduktion ist extrem energieintensiv. NRW mit der Stahlhochburg Duisburg ist Europas größter Stahlstandort. Aus dem Bundesland kommen rund 38 Prozent des deutschen Rohstahls. Das hoch industrialisierte Land ist aber zugleich einer der größten Klimakiller: NRW ist allein für ein Drittel aller deutschen Treibhausgase verantwortlich.