- von Rodrigo Campos -
New York, 06. Aug (Reuters) - Nach einer turbulenten Handelswoche mit panikartigen Zügen sind Investoren verunsichert: Wie entwickelt sich die Reise an den US-Börsen in der kommenden Woche? "In einem Wort: unbeständig", sagt Citigroup-Stratege Jamie Searle.
Neben den Sorgen vor einer Ausweitung der Schuldenkrise in Europa befürchten die Anleger, dass die US-Wirtschaft in die Rezession zurückfallen könnte und damit auch die Weltwirtschaft mitreißt. Zudem verloren die USA erstmals ihre Spitzenbonitätsnote bei einer führenden Ratingagentur. Standard & Poor's zog die Konsequenzen aus dem langwierigen Schuldenstreit und setzte die langfristige Kreditwürdigkeit der weltgrößten Volkswirtschaft herab. Viele Analysten haben bereits ihre Prognose für die Jahresendwerte der US-Indizes gesenkt. "Die langfristig drohenden Auswirkungen sind wirklich beängstigend", sagt Jack Ablin von der Harris Private Bank in Chicago.
Auf der anderen Seite sehen manche Experten die dramatischen Verluste der letzten Tage als Chance, günstig in Aktien einzusteigen. Anleger würden sich wieder beruhigen und die Situation mit kühlen Kopf betrachten, prognostiziert Thomas Villalta von Jones Villalta Asset Management. Nachdem die abgelaufene Woche der Wall Street die stärksten Verluste seit mehr als zwei Jahren einbrockte, rechnet Villalta mit einer Besserung.
Am Dienstagabend um 20.15 Uhr (MESZ) werden sich die Blicke der Anleger nach Washington richten, wo die US-Notenbank über ihren weiteren geldpolitischen Kurs entscheidet. Zwar rechnet niemand damit, dass Fed-Chef Ben Bernanke an der Zinsschraube dreht - der Leitzins liegt längst bei fast null Prozent. Doch angesichts der sehr mauen Wirtschaftsentwicklung und vor allem der weiter stark angespannten Lage auf dem US-Arbeitsmarkt, wurden zuletzt die Rufe nach einer dritten Runde von Staatsanleihenkäufen zuletzt immer lauter. Angesichts der immensen US-Verschuldung rechnen Experten aber nicht damit, dass die Fed erneut aktiv wird, um der Wirtschaft mehr Leben einzuhauchen. "Es wird mit Sicherheit keinen finanziellen Stimulus geben", sagte Paul Mendelssohn von Windham Financial Services mit Blick auf die klamme Haushaltslage. "Es gibt soviel Uneinigkeit in Washington, dass Bernanke zweimal nachdenken wird, bevor er irgendetwas macht." Das Hickhack um die Anhebung der Schuldenobergrenze hatte das politische Leben der Hauptstadt wochenlang dominiert und Zweifel an der Kompromissfähigkeit von Republikanern und Demokraten geschürt.
(geschrieben von Axel Hildebrand, redigiert von Boris Berner)