Frankfurt, 01. Dez (Reuters) - Angesichts der weltweiten
Konjunkturkrise setzen immer mehr Anleger auf die als sicher
geltenden Staatsanleihen. Schwache Konjunkturdaten aus der
Euro-Zone brachten den Euro wieder unter Druck. Die
Gemeinschaftswährung rutschte auf rund 1,2600 Dollar von fast
1,27 Dollar am Freitagabend in New York. Die Industrie in der
Euro-Zone hatte im November ihre Talfahrt mit erhöhter
Geschwindigkeit fortgesetzt. Nach Berechnungen des britischen
Marktforschungsunternehmens Markit steckt sie in der schärfsten
Rezession seit mehr als zehn Jahren. Analysten sehen nun die
Notenbanken in der Pflicht, mit niedrigeren Zinsen Unternehmen
und Verbrauchern unter die Arme zu greifen.
Die EZB wird am Donnerstag nach Einschätzung der meisten
Analysten die Zinsen um 50 Basispunkte auf 2,75 Prozent senken.
Allerdings mehren sich die Stimmen derer, die eine deutlichere
Zinssenkung für nötig und auch wahrscheinlich halten. "Die
Chance auf eine aggressivere Senkung hat sich aber mit den
heutigen Daten nochmals erhöht", stellte Postbank-Analystin
Fabienne Riefer fest. Einige Börsianer halten sogar eine
historische Zinssenkung von 100 Basispunkten für möglich. Andere
bezweifeln, dass die EZB so weit gehen würde. "Die EZB ist
schließlich dafür bekannt, dass sie sehr vorsichtig agiert",
erklärte ein Devisenhändler. "Aber der Markt wird eine Senkung
um einen halben Punkt mit Enttäuschung aufnehmen."
NOTENBANKEN AUCH ANDERSWO GEFRAGT - KRISENSITZUNG IN JAPAN
Außer der EZB werden in dieser Woche noch die Bank of
England sowie die Notenbanken von Australien und Neuseeland über
die Zinspolitik beraten. Zinssenkungen gelten als
wahrscheinlich.
Die EZB legte den Referenzwert mit 1,2608 (Freitag
1,2727) Dollar fest. Im Referenzkursverfahren der Banken
(EuroFX) fiel der Euro auf 1,2668 Dollar von 1,2789
Dollar. Auch zum Yen setzte die Gemeinschaftswährung seine
Talfahrt fort und rutschte auf 118,94 (121,86) Yen. Die Bank of
Japan (BoJ) hat für Dienstag eine Krisensitzung einberufen. Zwar
wird in Japan nicht mit Zinssenkungen gerechnet, da der Zins in
der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt schon bei 0,3 Prozent
steht. Doch könnte die BoJ nun die Kreditmärkte stützen. Der
Dollar fiel zum Yen auf 94,14 Yen von 95,50 Yen am Freitag.
An den Rentenmärkten stieg der Bund-Future um 90
Ticks auf 122,37 Punkte. Die Rendite der zehnjährige
Bundesanleihe rutschte bis auf 3,17 von 3,255 Prozent
am Freitag. Die von der Bundesbank täglich errechnete
Umlaufrendite börsennotierter öffentlicher Anleihen gab auf 3,05
von 3,10 Prozent nach, der Rex-Rentenindex<.GREX> stieg um 0,5
Prozent auf 121,5465 Punkte.
(Reporter: Andrea Lentz; redigiert von Olaf Brenner)