Im Jahrzehnt seit der großen Rezession war das Wachstum des E-Commerce im Einzelhandel die große Story. Natürlich ist Amazon.com (NASDAQ:AMZN) (WKN: 906866) führend, die haben den gesamten Einzelhandel auseinandergenommen und neu geordnet. Als Folge kamen in der Branche die Konkurse – oder sie stehen noch bevor.
Einer der alten Riesen im Einzelhandel, der in diesem neuen Umfeld nicht nur überleben, sondern auch richtiggehend gedeihen konnte, ist Costco (NASDAQ:COST) (WKN:888351). Die verfolgen in den USA eine ähnliche Strategie wie hierzulande Metro (DE:CECG): Mitgliedschaften mit angenehmem Erlebnis und Angeboten, die nicht zu schlagen sind – ob online oder stationär.
Aber welche dieser beiden Aktien – dem führenden stationären Anbieter und dem E-Commerce-Leitwolf – ist heute die bessere Wahl? Betrachten wir mal drei Details, und dann sollten wir eine ziemlich gute Vorstellung davon bekommen.
Finanzielle Stärke
Als Erstes betrachten wir mal, wie es diesen Unternehmen ergehen würde, sollte morgen eine große Rezession sein. Klar, Unternehmen mit viel Geld, wenig Schulden und starken Cashflows können nämlich sogar von einem breiten wirtschaftlichen Abschwung profitieren.
Sicher, der Aktienkurs könnte vorübergehend fallen. In der Praxis kann sich die Wettbewerbssituation eines solchen Unternehmens jedoch dramatisch verbessern, da weniger starke Player aus dem Markt gedrängt werden. Eine starke Bilanz versetzt ein Unternehmen auch in die Lage, Start-ups zu erwerben, und selbst wenn keine attraktiven Akquisitionsmöglichkeiten bestehen, kann ein Unternehmen die eigenen Aktien günstig zurückkaufen.
Wenn man bedenkt, dass Amazons Marktkapitalisierung fast achtmal so groß ist wie die von Costco, dann schauen wir uns mal hier die Zahlen an:
Amazon | 38 Milliarden USD | 42 Milliarden USD | 21 Milliarden USD |
Costco | 8 Milliarden USD | 5 Milliarden USD | 3 Milliarden USD |
Nicht ganz so eindeutig, oder? Costco hat eine positive Nettoliquidität (Cash minus Schulden), während Amazon an der Stelle negativ aufgestellt ist. Andererseits hat Amazon viel stärkere Cashflows – obwohl diese proportional zur größeren Marktkapitalisierung von Amazon sind.
In schweren Zeiten könnte Amazons CEO Jeff Bezos die Investitionen stoppen, und der freie Cashflow könnte weiter steigen. Allerdings mag ich einfach Unternehmen, die eine positive Cash-Position und einen zuverlässigen Cashflow bieten.
Gewinner: Costco
Bewertung Wenn es eine einzige Metrik gäbe, die definieren könnte, ob eine Aktie „billig“ oder „teuer“ ist, wäre es viel einfacher, die Bewertung zu messen. Aber es gibt leider dann doch sehr viele, und Unternehmen mit höheren Faktoren erscheinen oft teurer, aus dem guten Grund, dass sie ihre Businesspläne umsetzen und schnell wachsen.
Deswegen wiege ich eine Reihe von Kennzahlen ab, um zu entscheiden, wie aussagefähig der Preis einer Aktie am Ende tatsächlich ist.
Amazon | 82 | 47 | 1,2 |
Costco | 34 | 47 | 3,5 |
Auch wenn Value-Investoren nicht zustimmen dürften, ist für mich Amazon heute der bessere Wert. Sicher, das Preis-Gewinn-Verhältnis ist viel höher als bei Costco. Aber was das Preis-Free-Cashflow-Verhältnis angeht, sind die beiden Unternehmen ausgeglichen.
Berücksichtigt man ihre Wachstumsaussichten (über das Verhältnis von Kurs zu Gewinn zu Wachstum), dann wird Amazon deutlich günstiger gehandelt. Das sollte nicht allzu überraschend sein: Costco wächst im Wesentlichen nur, wenn es neue Mitglieder gewinnen kann – die jährlichen Mitgliedsbeiträge sorgen praktisch für den gesamten Gewinn. Amazon hingegen wächst über Kunden von Amazon Web Services, Abonnenten von Prime, Onlinekäufer, Kunden von Whole Foods und, und und – die Liste will nicht aufhören.
Unterm Strich: Keine dieser Aktien ist „billig“, aber im Verhältnis zu ihren Wachstumsaussichten ist Amazon heute die bessere Aktie.
Gewinner: Amazon
Nachhaltige Wettbewerbsvorteile Am Ende haben wir das, was ich für den wichtigsten Faktor halte: die nachhaltigen Wettbewerbsvorteile eines Unternehmens, das heißt seinen sogenannten Graben. Ein Unternehmen mit einem breiten Graben kann den Wettbewerb jahrelang in Schach halten und ungestört wachsen. Wo der Graben nicht groß genug ist, besteht die Gefahr, von Rivalen verschluckt oder überholt zu werden.
Costco hat zwei große Gräben. Der erste ist die Markenkraft. Forbes hält das Unternehmen mit einem Wert von 8,8 Milliarden USD für die 82. wertvollste Marke der Welt, der breitere Graben wird jedoch durch ein kostengünstiges Produktions- und Verkaufsmodell bereitgestellt. Costco verkauft praktisch alle seine Waren ohne Gewinnmarge. Das liegt daran, dass man – wie oben erwähnt – auf Mitgliedsbeiträge für die Gewinne angewiesen ist. Dieses Modell ermöglicht es, Waren für weitaus geringere Preise als fast alle andere anzubieten und zu verkaufen.
Auch Amazon profitiert von mehreren Gräben:
- Laut Forbes ist Amazon mit einem Wert von 97 Milliarden USD die viertwertvollste Marke weltweit.
- Aufgrund des umfangreichen Fulfillment-Center-Netzwerks von Amazon profitiert das Unternehmen auch von einer kostengünstigen Produktion. Bei Amazon ist dieses „Produkt“ eine ein- oder zweitägige Lieferung. Da ein Großteil der US-Bevölkerung (und mehr und mehr Leute auf der ganzen Welt) in der Nähe eines Vertriebslagers lebt, kann Amazon Pakete zu niedrigeren Kosten als andere anbieten.
- Der Netzwerkeffekt macht die Erfüllung durch Dritte zu einem zunehmend lukrativen Geschäft: Andere Verkäufer listen ihre Waren bei Amazon, weil so viele Menschen die Website besuchen. Je mehr Händler beitreten, desto mehr Kunden kommen auf die Plattform. Das ist ein echter Tugendkreislauf.
Zusammengefasst hat Amazon heute eindeutig einen viel breiteren Graben als Costco.
Gewinner: Amazon
Und mein Gewinner ist … So, da haben wir es: Auch wenn Costco einen leichten Vorteil haben könnte, wenn es um die Finanzen geht, hat Amazon einen breiteren Graben und – ich kann nicht glauben, dass ich das sage – eine günstigere Bewertung. Das gibt der Aktie den Vorteil – und macht sie bei den derzeitigen Preisen zur besseren Aktie.
The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Amazon und empfiehlt Aktien von Costco. Brian Stoffel besitzt Aktien von Amazon.
Dieser Artikel erschien am 24.7.2019 auf Fool.com und wurde für unsere deutschen Leser übersetzt.
Motley Fool Deutschland 2019