FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 24. April 2012. Abflüsse im großen Stil verzeichnen ETF-Händler durch das Wiedererstarken der Eurokrise zwar nicht. Dass die Hausse vorbei ist, macht sich aber auch hier bemerkbar: Verkäufe überwiegen.
Händlern zufolge reagieren ETF-Anleger eher besonnen auf den heftigen Einbruch am Aktienmarkt am gestrigen Montag. 'Die Umsätze waren verhalten', bemerkt etwa Alexander Kuppler von der Deutschen Bank. 'Die Verkäufe dominierten zwar klar, von Panik war aber keine Spur.' Das bestätigt auch Andreas Bartels von der Commerzbank: 'Wir hatten gestern sogar ein Verhältnis von 60 Prozent Käufern zu 40 Prozent Verkäufern.' Investoren hätten sich mit DAX-, Euro Stoxx 50-, Schwellenländer- und Branchen-ETFs eingedeckt. Offenbar sehen viele Anleger die niedrigeren Kurse durchaus als Kaufgelegenheit.
Sorgen um die Durchsetzbarkeit des Reformkurses in Europa schickten die europäischen Börsen gestern auf Talfahrt. Der Vorsprung des Sozialisten Hollande bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen in Frankreich sowie das Scheitern der Regierung in den Niederlanden waren der Auslöser, dazu kamen enttäuschende Konjunkturdaten. Die Gewinne der Vorwoche waren schnell dahin, mit einem Rutsch von über 3 Prozent auf 6.523 Punkte schloss der DAX auf dem tiefsten Stand seit Ende Januar. Am heutigen Dienstag präsentiert sich das deutsche Aktienbarometer aber bereits wieder freundlicher.
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Im Zweifel für Nordamerika
In der vergangenen Woche war das Bild im ETF-Handel durchwachsen - trotz unter dem Strich positiver Kursentwicklung an den Börsen. Die Umsätze zogen Händler zufolge nach der etwas ruhigeren Phase um Ostern herum wieder an. Bartels meldet einen leichten Verkaufsüberhang in DAX- (WKN ETF001) und Euro Stoxx-Produkten (WKN ETF050), auch MSCI World- (WKN ETF110) und MSCI EMU-Indexfonds (WKN ETF112) seien abgestoßen worden. 'Zugegriffen wurde tendenziell bei MSCI USA- und MSCI North America-ETFs', fügt der Händler hinzu (WKN ETF120, ETF113).
Auch laut Mark Schönbrodt von der DekaBank hatten Verkäufer im Bereich der Bluechip-Tracker die Oberhand (WKN 593393, 593395, 264388). 'Dafür setzten Anleger auf den Short-DAX', ergänzt der Händler (WKN DBX1DS). 'Bei DAX- und Euro Stoxx-Trackern hielten sich Zu- und Abflüsse die Waage, beim MSCI World dominierten die Verkäufe', meint Kuppler (WKN DBX1DA, DBX1SS).' Im MDAX-ETF (WKN 593392) habe es hingegen hier und da noch Käufe gegeben.
Finger weg von Banken-ETFs
Uneinheitlich stellte sich auch der Handel im Bereich der Sektoren-ETFs dar, ein Trend ist hier aber deutlich: Mit Indexfonds, die Bankaktien enthalten, (WKN 628930, ETF062) wollen Investoren im Moment nichts zu tun haben. Der iShares Euro Stoxx Banks hat die kräftigen Gewinne zu Jahresanfang mittlerweile wieder komplett abgegeben, in den vergangenen vier Wochen verlor der ETF über ein Fünftel seines Wertes.
Sehr gut an kamen dafür Indexfonds mit Versorgern (WKN ETF079), wie die Commerzbank erklärt. 'Hier haben wir starke Käufe gesehen.' Auch Tracker von Unternehmen der Lebensmittel- (WKN ETF067) und Grundstoffbranche (WKN ETF063) hätten Anleger überzeugt. Die Deutsche Bank hat Abgaben bei Versicherungs- (WKN DBX1SN), dagegen Zuflüsse in Immobilien-ETFs (WKN DBX0FY) beobachtet. Laut DekaBank standen Portfolios mit Aktien aus der Tourismus- und Freizeitbranche (WKN A0H08S) in der Gunst der Anleger weit oben.
Emerging Markets bleiben beliebt
Schwellenländer-ETFs bleiben unterdessen großes Thema. 'Wir haben weiterhin Positionierungen in Trackern des MSCI Emerging Markets', erklärt Bartels (WKN EFT127). 'Das geht schon seit drei bis vier Wochen so.' Der Deutschen Bank zufolge positionierten sich Anleger in Indexfonds mit brasilianischen Unternehmen (WKN DBX1MR), während breit gestreute Schwellenländer-ETFs (WKN DBX1EM) tendenziell abgestoßen worden seien.
Unternehmensanleihen hui, Geldmarkt pfui
Unverändert auf den Verkaufslisten stehen derweil die lange als Parkplatz genutzten Geldmarkt-Portfolios (WKN DBX1AN), wie Händler einhellig berichten. Schönbrodt hat zudem ein anhaltendes Interesse an ETFs mit Unternehmensanleihen registriert. Doch auch hier lassen Anleger offenbar lieber die Finger von allem, was mit Banken zu tun hat, und setzen stattdessen auf Corporates außerhalb des Finanzsektors (WKN ETFL38).
Während vor dem Hintergrund wachsender Risikoscheu Rentenhändlern Bundesanleihen aus den Händen gerissen werden, sind diese bei ETF-Anlegern nicht unbedingt der Renner. Die Commerzbank hat Abgaben von deutschen (WKN ETF521, ETF522) und Zuflüsse in europäischen Staatsanleihen-ETFs (WKN ETF503) ausgemacht. 'Das ist angesichts der wieder akuteren Eurokrise erstaunlich', kommentiert Bartels.
Auch die DekaBank sieht einen ähnlichen Trend: 'Der ETFlab Deutsche Börse Eurogov Germany (WKN ETFL17) und der iShares ebrexx Government Germany 5,5-10 (WKN 628949) standen klar auf den Abgabelisten', erklärt Schönbrodt. Der iShares Citigroup Global Government Bond (WKN A0RM43), der Zugang zu Staatsanleihen der sieben führenden Industrienationen bietet, sei ebenfalls verkauft worden.
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© 24. April 2012 / Anna-Maria Borse
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
Händlern zufolge reagieren ETF-Anleger eher besonnen auf den heftigen Einbruch am Aktienmarkt am gestrigen Montag. 'Die Umsätze waren verhalten', bemerkt etwa Alexander Kuppler von der Deutschen Bank. 'Die Verkäufe dominierten zwar klar, von Panik war aber keine Spur.' Das bestätigt auch Andreas Bartels von der Commerzbank: 'Wir hatten gestern sogar ein Verhältnis von 60 Prozent Käufern zu 40 Prozent Verkäufern.' Investoren hätten sich mit DAX-, Euro Stoxx 50-, Schwellenländer- und Branchen-ETFs eingedeckt. Offenbar sehen viele Anleger die niedrigeren Kurse durchaus als Kaufgelegenheit.
Sorgen um die Durchsetzbarkeit des Reformkurses in Europa schickten die europäischen Börsen gestern auf Talfahrt. Der Vorsprung des Sozialisten Hollande bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen in Frankreich sowie das Scheitern der Regierung in den Niederlanden waren der Auslöser, dazu kamen enttäuschende Konjunkturdaten. Die Gewinne der Vorwoche waren schnell dahin, mit einem Rutsch von über 3 Prozent auf 6.523 Punkte schloss der DAX auf dem tiefsten Stand seit Ende Januar. Am heutigen Dienstag präsentiert sich das deutsche Aktienbarometer aber bereits wieder freundlicher.
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Im Zweifel für Nordamerika
In der vergangenen Woche war das Bild im ETF-Handel durchwachsen - trotz unter dem Strich positiver Kursentwicklung an den Börsen. Die Umsätze zogen Händler zufolge nach der etwas ruhigeren Phase um Ostern herum wieder an. Bartels meldet einen leichten Verkaufsüberhang in DAX- (WKN ETF001) und Euro Stoxx-Produkten (WKN ETF050), auch MSCI World- (WKN ETF110) und MSCI EMU-Indexfonds (WKN ETF112) seien abgestoßen worden. 'Zugegriffen wurde tendenziell bei MSCI USA- und MSCI North America-ETFs', fügt der Händler hinzu (WKN ETF120, ETF113).
Auch laut Mark Schönbrodt von der DekaBank hatten Verkäufer im Bereich der Bluechip-Tracker die Oberhand (WKN 593393, 593395, 264388). 'Dafür setzten Anleger auf den Short-DAX', ergänzt der Händler (WKN DBX1DS). 'Bei DAX- und Euro Stoxx-Trackern hielten sich Zu- und Abflüsse die Waage, beim MSCI World dominierten die Verkäufe', meint Kuppler (WKN DBX1DA, DBX1SS).' Im MDAX-ETF (WKN 593392) habe es hingegen hier und da noch Käufe gegeben.
Finger weg von Banken-ETFs
Uneinheitlich stellte sich auch der Handel im Bereich der Sektoren-ETFs dar, ein Trend ist hier aber deutlich: Mit Indexfonds, die Bankaktien enthalten, (WKN 628930, ETF062) wollen Investoren im Moment nichts zu tun haben. Der iShares Euro Stoxx Banks hat die kräftigen Gewinne zu Jahresanfang mittlerweile wieder komplett abgegeben, in den vergangenen vier Wochen verlor der ETF über ein Fünftel seines Wertes.
Sehr gut an kamen dafür Indexfonds mit Versorgern (WKN ETF079), wie die Commerzbank erklärt. 'Hier haben wir starke Käufe gesehen.' Auch Tracker von Unternehmen der Lebensmittel- (WKN ETF067) und Grundstoffbranche (WKN ETF063) hätten Anleger überzeugt. Die Deutsche Bank hat Abgaben bei Versicherungs- (WKN DBX1SN), dagegen Zuflüsse in Immobilien-ETFs (WKN DBX0FY) beobachtet. Laut DekaBank standen Portfolios mit Aktien aus der Tourismus- und Freizeitbranche (WKN A0H08S) in der Gunst der Anleger weit oben.
Emerging Markets bleiben beliebt
Schwellenländer-ETFs bleiben unterdessen großes Thema. 'Wir haben weiterhin Positionierungen in Trackern des MSCI Emerging Markets', erklärt Bartels (WKN EFT127). 'Das geht schon seit drei bis vier Wochen so.' Der Deutschen Bank zufolge positionierten sich Anleger in Indexfonds mit brasilianischen Unternehmen (WKN DBX1MR), während breit gestreute Schwellenländer-ETFs (WKN DBX1EM) tendenziell abgestoßen worden seien.
Unternehmensanleihen hui, Geldmarkt pfui
Unverändert auf den Verkaufslisten stehen derweil die lange als Parkplatz genutzten Geldmarkt-Portfolios (WKN DBX1AN), wie Händler einhellig berichten. Schönbrodt hat zudem ein anhaltendes Interesse an ETFs mit Unternehmensanleihen registriert. Doch auch hier lassen Anleger offenbar lieber die Finger von allem, was mit Banken zu tun hat, und setzen stattdessen auf Corporates außerhalb des Finanzsektors (WKN ETFL38).
Während vor dem Hintergrund wachsender Risikoscheu Rentenhändlern Bundesanleihen aus den Händen gerissen werden, sind diese bei ETF-Anlegern nicht unbedingt der Renner. Die Commerzbank hat Abgaben von deutschen (WKN ETF521, ETF522) und Zuflüsse in europäischen Staatsanleihen-ETFs (WKN ETF503) ausgemacht. 'Das ist angesichts der wieder akuteren Eurokrise erstaunlich', kommentiert Bartels.
Auch die DekaBank sieht einen ähnlichen Trend: 'Der ETFlab Deutsche Börse Eurogov Germany (WKN ETFL17) und der iShares ebrexx Government Germany 5,5-10 (WKN 628949) standen klar auf den Abgabelisten', erklärt Schönbrodt. Der iShares Citigroup Global Government Bond (WKN A0RM43), der Zugang zu Staatsanleihen der sieben führenden Industrienationen bietet, sei ebenfalls verkauft worden.
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© 24. April 2012 / Anna-Maria Borse
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)