Börsen-Zeitung: Insel der Unglückseligen, Kommentar zu Zypern von
Detlef Fechtner
Frankfurt (ots) - Europas Rettungsmanager haben den fünften Akt
ihres neuesten Stücks, das dieses Mal in Zypern spielt, zur
Aufführung gebracht. Es war wieder einmal hochdramatisch. Und gerade
als das Publikum zu fürchten begann, es gebe keinen Ausweg mehr,
sorgte Europas Rettungsmannschaft als Deus ex Machina für eine
plötzliche Wendung der Dinge. Das Publikum ist erleichtert, aber hat
noch nicht recht entschieden, ob es die Akteure beklatschen oder
ausbuhen soll. Die Verzagtheit ist nachvollziehbar. Der Zugriff auf
Sparguthaben vermögender Zyprer wirft Fragen auf. Zumal das Parlament
in Nikosia den Deal nicht mehr absegnen muss. Und zumal Sparer von
zwei großen Banken auf der Insel unterschiedlich angepackt werden.
Ist das denn nicht undemokratisch? Ist das denn nicht willkürlich und
anfechtbar? Und ist das denn tatsächlich tragfähig?
Undemokratisch? Nein, diese Keule ist wirklich einige Nummern zu
groß. Präsident Nikos Anastasiades hat schließlich eben erst das
Mandat vom Volk erhalten - das konnte ahnen, dass er mehr
Zugeständnisse macht als sein Vorgänger. Und das Parlament wusste
hoffentlich, welche Spielräume es eröffnete, als es das Gesetz für
die Bankenabwicklung absegnete.
Willkürlich? Nein, überzeugt ebenfalls nicht. Natürlich werden
Laiki-Kunden härter rangenommen als Bank-of-Cyprus-Sparer. Einige
werden gewiss klagen, müssen damit aber nicht unbedingt erfolgreich
sein. Denn Laiki stand zuletzt deutlich schlechter da, was
Differenzierung rechtfertigt. Und: Selbst wenn es wirtschaftlich
ratsam war, auch die Bank of Cyprus dichtzumachen, ist es nicht
Unfug, sich anders zu entscheiden. Es ist das Wesen politischer
Kompromisse, dass sie nicht allein ökonomische Gefahren ins Kalkül
ziehen, sondern auch Risiken jenseits der Bilanz wie politische
Unruhen oder die Eskalation gewaltsamer Proteste. Genau das haben die
Euro-Partner in der Nacht getan.
Tragfähig? Schwer zu sagen. Zypern startet einen Versuch, für den
es wenig Vorbilder gibt - allenfalls Island. Wie dort muss auch in
Zypern eine Bevölkerung mit der schwierigen Einsicht umgehen, dass
sie mit ihrer Abhängigkeit von einer aufgeblähten Bankbranche ein
existenzielles Risiko eingegangen ist - weil das Eiland dank der
Kreditwirtschaft eben doch nicht zu einer Insel ewiger Glückseligkeit
geworden ist, sondern vielleicht sogar zum genauen Gegenteil davon.
Die flankierenden Maßnahmen, mit denen die EU-Kommission die
absehbare Rezession in Zypern dämpfen will, werden wohl leider bitter
nötig sein.
Originaltext: Börsen-Zeitung
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www.boersen-zeitung.de
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Frankfurt (ots) - Europas Rettungsmanager haben den fünften Akt
ihres neuesten Stücks, das dieses Mal in Zypern spielt, zur
Aufführung gebracht. Es war wieder einmal hochdramatisch. Und gerade
als das Publikum zu fürchten begann, es gebe keinen Ausweg mehr,
sorgte Europas Rettungsmannschaft als Deus ex Machina für eine
plötzliche Wendung der Dinge. Das Publikum ist erleichtert, aber hat
noch nicht recht entschieden, ob es die Akteure beklatschen oder
ausbuhen soll. Die Verzagtheit ist nachvollziehbar. Der Zugriff auf
Sparguthaben vermögender Zyprer wirft Fragen auf. Zumal das Parlament
in Nikosia den Deal nicht mehr absegnen muss. Und zumal Sparer von
zwei großen Banken auf der Insel unterschiedlich angepackt werden.
Ist das denn nicht undemokratisch? Ist das denn nicht willkürlich und
anfechtbar? Und ist das denn tatsächlich tragfähig?
Undemokratisch? Nein, diese Keule ist wirklich einige Nummern zu
groß. Präsident Nikos Anastasiades hat schließlich eben erst das
Mandat vom Volk erhalten - das konnte ahnen, dass er mehr
Zugeständnisse macht als sein Vorgänger. Und das Parlament wusste
hoffentlich, welche Spielräume es eröffnete, als es das Gesetz für
die Bankenabwicklung absegnete.
Willkürlich? Nein, überzeugt ebenfalls nicht. Natürlich werden
Laiki-Kunden härter rangenommen als Bank-of-Cyprus-Sparer. Einige
werden gewiss klagen, müssen damit aber nicht unbedingt erfolgreich
sein. Denn Laiki stand zuletzt deutlich schlechter da, was
Differenzierung rechtfertigt. Und: Selbst wenn es wirtschaftlich
ratsam war, auch die Bank of Cyprus dichtzumachen, ist es nicht
Unfug, sich anders zu entscheiden. Es ist das Wesen politischer
Kompromisse, dass sie nicht allein ökonomische Gefahren ins Kalkül
ziehen, sondern auch Risiken jenseits der Bilanz wie politische
Unruhen oder die Eskalation gewaltsamer Proteste. Genau das haben die
Euro-Partner in der Nacht getan.
Tragfähig? Schwer zu sagen. Zypern startet einen Versuch, für den
es wenig Vorbilder gibt - allenfalls Island. Wie dort muss auch in
Zypern eine Bevölkerung mit der schwierigen Einsicht umgehen, dass
sie mit ihrer Abhängigkeit von einer aufgeblähten Bankbranche ein
existenzielles Risiko eingegangen ist - weil das Eiland dank der
Kreditwirtschaft eben doch nicht zu einer Insel ewiger Glückseligkeit
geworden ist, sondern vielleicht sogar zum genauen Gegenteil davon.
Die flankierenden Maßnahmen, mit denen die EU-Kommission die
absehbare Rezession in Zypern dämpfen will, werden wohl leider bitter
nötig sein.
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