FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Anleger am deutschen Aktienmarkt haben nach der guten Vorwoche am Montag kalte Füße bekommen. Die Anleger warteten auf den Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag, schrieb Marktanalyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets. Auch die Berichtssaison in den USA nimmt erst ab dem morgigen Dienstag richtig Fahrt auf. Dazu bremsten zu Wochenbeginn die durchwachsenen Vorgaben der Übersee-Börsen die Kauflust.
Nach einem freundlichen Start rutschte der deutsche Leitindex schnell ins minus: Um die Mittagszeit verlor er 0,47 Prozent auf 12 572,67 Punkte. Am Freitag hatte er kaum verändert geschlossen, auf Wochensicht aber dank der Hoffnungen auf eine nur behutsame Straffung der US-Geldpolitik deutliche Gewinne behauptet.
'DRAGHI HAT KEIN INTERESSE AN STEIGENDEM EURO'
Der Dax "hängt in dieser Woche am Angelhaken des Devisenmarktes", erklärte Experte Stanzl. Vor zwei Wochen habe EZB-Präsident Mario Draghi mit seinen Aussagen "ein kleines Zinsbeben in Deutschland ausgelöst". Nun dürfte der oberste Währungshüter der Eurozone kein Interesse daran haben, den Eurokurs (EU0009652759) auf den höchsten Stand gegenüber dem US-Dollar seit Jahren zu treiben, da dies über niedrigere Importpreise zu einer sinkenden Inflation führen würde. Ein starker Euro erschwert zudem die Exportaussichten europäischer Unternehmen.
Der MDax (MDAX) der mittelgroßen deutschen Unternehmen sank am Montag um 0,35 Prozent auf 25 074,26 Punkte. Der Technologiewerte-Index TecDax (TecDAX) stieg hingegen um 0,15 Prozent auf 2302,45 Zähler. Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) ging es um 0,37 Prozent auf 3512,99 Punkte nach unten.
An der Wall Street hatten sowohl der US-Leitindex Dow Jones Industrial (Dow Jones Industrial Average) als auch der marktbreite S&P 500 am Freitag neue Rekordstände erreicht. Dagegen litten die chinesischen Festlandsbörsen zu Wochenbeginn unter Sorgen über eine stärkere Regulierung seitens der Regierung und eine Schwemme an Börsengängen. Dass die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft im zweiten Quartal stärker als erwartet gewachsen ist, half den Kursen nicht. In Japan fand feiertagsbedingt kein Börsenhandel statt.
GEA UNTER DRUCK NACH PROGNOSESENKUNG
Am deutschen Aktienmarkt spielte die Musik vor allem in den Nebenwerte-Indizes. Die Gea-Titel (4:G1AG) mussten nach schwachen Eckdaten für das zweite Quartal und einer gesenkten Gewinnprognose ordentlich Prügel einstecken: Sie büßten als MDax-Schlusslicht 6,15 Prozent ein. Börsianer verwiesen darauf, dass der Maschinenbauer nicht das erste Mal negativ überrasche, und sehen nun die Glaubwürdigkeit der Unternehmensführung in Frage gestellt.
Dagegen waren die Aktien von Ceconomy (4:MEOG) mit plus 2,83 Prozent Index-Spitzenreiter. Am Wochenende hatte der jüngst aus dem aufgespaltenen Metro-Konzern hervorgegangene Elektronik-Einzelhändler mitgeteilt, er wolle perspektivisch den halben Jahresgewinn an seine Aktionäre ausschütten. Das Analysehaus Kepler Cheuvreux nahm die Beobachtung des Börsenneulings mit einer Kaufempfehlung auf.
SMA SOLAR SETZT HÖHENFLUG FORT - STUDIE BELASTET DEUTSCHE BÖRSE
Bei den Technologiewerten setzten die Aktien des Solarkonzerns SMA Solar (112:S92G) ihre Klettertour fort: Sie stiegen um weitere 1,59 Prozent auf 30,395 Euro und schafften es damit erstmals seit dem vergangenen September wieder über die Marke von 30 Euro. Schon an den vergangenen Tagen hatten ein Großauftrag aus den USA und positive Aussagen in einem Anlegermagazin für Auftrieb gesorgt. Börsianer verwiesen vor allem auf ein verbessertes Branchenumfeld. Solarwerte waren in den vergangenen Tagen weltweit wieder etwas gefragter, wie deutliche Kursgewinne bei großen Branchenwerten wie First Solar (2:FSLR) im bisherigen Juli-Verlauf zeigen.
Im Dax wurden die Aktien der Deutschen Börse (4:DB1Gn) nach einem negativen Analystenkommentar gemieden: Mit minus 1,71 Prozent waren sie größter Verlierer im Leitindex. Das Analysehaus RBC Capital strich mit Verweis auf die jüngst überdurchschnittliche Kursentwicklung sein Kaufvotum. Das Aufwärtspotenzial sei inzwischen geringer, schrieb Experte Peter Lenardos. Er reduzierte zudem seine Gewinnschätzungen für den Börsenbetreiber bis zum Jahr 2019.