- von Christine Kim
Seoul (Reuters) - Auch den sechsten Atomtest ihres Landes verkündet die nordkoreanische Nachrichtensprecherin Ri Chun Hee enthusiastisch wie immer: Mit dröhnend lauter Stimme, resolutem Kopfnicken und im traditionellen pinkfarbenen Gewand erklärt die 74 Jahre alte Großmutter Nordkoreas Test einer Wasserstoffbombe zum "vollen Erfolg".
Ri gilt in dem isolierten Land fast 50 Jahre nach ihrem ersten TV-Auftritt 1971 inzwischen als Nationalheldin. Ihr dramatisches Gebaren unterscheidet die frühere Schauspielerin von allen anderen Ansagern - egal, ob sie wütend auf den Westen schimpft, die Verdienste der nordkoreanischen Führung lobt oder die Stärke der kommunistischen Staatslenker.
"Sie ist die perfekte Person, um Nordkoreas harte Haltung zu verkörpern", sagt Ahn Chan Il, ein nordkoreanischer Deserteur, der heute in Südkorea lebt. "Niemand hat so eine Kraft in der Stimme wie sie. Ihr Timbre ist genau richtig, um über Atomwaffen oder Raketen zu sprechen." Bei früheren Auftritten zeigte Ri allerdings auch eine sanftere Seite. Legendär, wie sie vor laufenden Kameras weinte, als sie 1994 den Tod von Nordkoreas Gründervater Kim Il Sung bekanntgab. Als dessen Sohn Kim Jong Il dann 2011 ebenfalls starb, war es erneut Ri, die diese Nachricht - in schwarzer Trauerkleidung und mit zitternder Stimme - dem nordkoreanischen Volk überbrachte.
Ein Jahr später ging die Ansagerin offiziell in Rente. Für besondere Gelegenheiten kehrt sie jedoch bis heute zurück auf den Fernsehschirm. In einer Zeit, wo Kim Jong Un sich bereits etlicher Partei- und Militärfunktionäre aus der Ära seines Vaters entledigt hat, erweist sich ihr Ruhm als erstaunlich langlebig.
Außerhalb des Landes gilt die "Pink Lady" längst als vertrautes Gesicht der kommunistischen Führung während der jüngsten Krise um Nordkoreas Aufrüstung. "Ich weiß genau: Wenn etwas Wichtiges passiert, spricht sie zu uns", sagte Sakota Masashi aus Tokio. Der Banker Matt Walker in Sydney beschreibt Ris Auftritt in den Sonntagnachrichten als "sehr begeistert und ausdrucksstark". "Ich weiß nicht, wie man sich so für explodierende Bomben begeistern kann. Auf mich wirkt das ziemlich seltsam", sagt er.
Statt Ruhestand hat Ri noch eine Mission, wie sie schon 2012 in einem seltenen Interview mit dem staatlichen chinesischen Fernsehsender CCTV eingestand: Sie wolle helfen, die nächste Generation nordkoreanischer Nachrichtensprecher auszubilden, die jünger und besser geeignet für das Fernsehen von heute seien, sagte sie.