Innsbruck (Reuters) - Bundesinnenminister Horst Seehofer hat sich zufrieden über die Beratungen mit seinen EU-Ministerkollegen über eine gemeinsame Flüchtlingspolitik geäußert, hält sich einen deutschen Alleingang aber offen.
Zwar sehe er nach dem Treffen mit den übrigen EU-Innenministern den klaren Willen, zu einer gemeinsamen Antwort auf die umstrittenen Migrationsfragen zu kommen, sagte Seehofer am Donnerstag in Innsbruck. "Im Moment bin ich deshalb frohen Herzens, weil die Debatte heute Vormittag doch gezeigt hat, dass dieser Gemeinschaftsgeist da ist: Das wollen wir jetzt lösen."
Allerdings sei die von ihm wiederholt ins Spiel gebrachte Möglichkeit eines deutschen Alleingangs nicht vom Tisch, betonte Seehofer. "Ich bleibe bei der These: Je mehr uns europäisch gelingt, desto weniger brauchen wir national. Und je weniger europäisch gelingt, desto mehr müssen wir auf die Menschen in unseren eigenen Ländern achten." Seehofer hatte gedroht, bestimmte Flüchtlinge notfalls einseitig an der Grenze nach Österreich zurückzuweisen, wenn eine einvernehmliche Lösung über die Aufnahme dieser Migranten mit anderen EU-Ländern nicht zustande komme.
Die EU-Minister wollen zur Abwehr nicht asylberechtigter Migranten die EU-Außengrenzen stärker überwachen. "Es gibt einen sehr, sehr breiten Konsens für einen Fokus auf den Schutz der EU-Außengrenzen", bilanzierte der österreichische Innenminister Herbert Kickl als Gastgeber des informellen Treffens. Die Grenzschutzagentur Frontex solle dafür gestärkt werden. Es gebe zudem eine große Übereinstimmung, dass es Maßnahmen in Herkunfts- und Transitländern gebe müsse. Es müsse hier ein System von Anreizen und Sanktionen geben, damit sich Staaten nicht länger weigerten, eigene Bürger zurückzunehmen.
Auch bei den geplanten "Ausschiffungsplattformen" zur Unterbringung von Flüchtlingen in Nordafrika gibt es laut Kickl viele Gemeinsamkeiten zwischen den EU-Ländern. Die Plattformen müssten so aufgesetzt werden, dass sie mit dem Völkerrecht übereinstimmten und dass sie für die Beziehungen zu den Drittstaaten hilfreich seien. Weiter solle die Arbeit an einem gemeinsamen europäischen Asylsystem und am Dublinsystem vorangetrieben werden.
EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos sagte ebenfalls, die EU werde in Kürze vorschlagen, das Mandat des Grenzschutzes und der Küstenwache zu erweitern. "Wir werden eine europäische Grenzpolizei vorschlagen." Bis zum Jahr 2020 solle der Grenzschutz 10.000 Polizisten umfassen.
Als ersten Schritt wollen sich Deutschland, Österreich und Italien über den Umgang mit Flüchtlingen verständigen, die oft zunächst in Italien anlanden und dann nach Österreich und Deutschland weiterreisen. Während Deutschland darauf pocht, dass Italien für Asylanträge dieser Menschen zuständig sei, beklagen die Italiener, dass ihnen damit die Hauptlast zugeschoben werde.
Kickl sagte nach einem separaten Treffen mit Seehofer und dem italienischen Innenminister Matteo Salvini, man sei sich einig, dass aus einer "Kooperation der Willigen" eine "Kooperation der Tätigen" werden solle. Er habe "ein Stück Optimismus, dass es uns gelingen kann, die Binnenmigration gemeinsam zu lösen", sagte Seehofer. "Wir wissen alle drei, dass dies noch eine Herkulesaufgabe ist in der operativen Umsetzung." Salvini sagte, wenn die Ankünfte in Europa abnähmen, werde es kein Problem mit den Binnengrenzen geben. "Wenn das große Problem der primären Ankünfte gelöst ist, sind die restlichen Probleme gering."