BERLIN (dpa-AFX) - Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will sich nach der Zustimmung des Europäischen Parlaments dafür einsetzen, dass die nun beschlossene Reform des europäischen Asylsystems möglichst schnell Wirkung entfaltet. "Wir haben uns nach jahrelangen harten Verhandlungen auf dieses umfassende Paket geeinigt. Damit haben wir eine tiefe Spaltung Europas überwunden", sagte Faeser am Mittwoch in Berlin. Deutschland werde jetzt gemeinsam mit der EU-Kommission und der belgischen Ratspräsidentschaft "sehr intensiv daran arbeiten, das Gemeinsame Europäische Asylsystem schnellstmöglich umzusetzen".
Die Reform verpflichtet die Mitgliedstaaten zu einheitlichen Verfahren an den EU-Außengrenzen, damit rasch festgestellt werden kann, welche Anträge auf Schutz womöglich unbegründet sind. Ziel ist es, dass ein Teil der Asylbewerber dann bereits direkt von der Außengrenze abgeschoben werden kann. Menschen aus Ländern, die als relativ sicher gelten, sollen bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag bis zu zwölf Wochen in Auffanglagern untergebracht werden können.
"Rechtsstaatliche Asylverfahren an den EU-Außengrenzen sind Grundvoraussetzung für eine überfällige Kehrtwende zur wirksamen Begrenzung irregulärer Migration nach Europa", schrieb Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) auf der Plattform X. In Zukunft werde "ein verbindlicher Mechanismus dafür sorgen, dass es eine faire Lastenverteilung auf die EU-Mitgliedstaaten geben wird", sagte der FDP-Innenpolitiker, Stephan Thomae. Das bedeute langfristig eine "große Entlastung" für Deutschland.
Wer vor Krieg oder Folter nach Europa fliehe, werde weiterhin Schutz erhalten, betonte Faeser. Die Einigung bedeute auch für sie persönlich sehr viel - auch weil sie überzeugt sei, dass man Migrationsfragen nicht national lösen könne. Die Reform sei "von Anfang an ein deutsch-französisches Projekt" gewesen.
Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz, sagte, Faeser dürfe sich nicht auf der europäischen Einigung ausruhen. "Es braucht jetzt weitere konsequente Schritte wie etwa die Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsländer", sagte die CSU-Politikerin. Nur so könne die irreguläre Migration spürbar begrenzt werden.
Nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge stellten 2023 in Deutschland 329 120 Menschen erstmals einen Asylantrag, rund 50 Prozent mehr als im Vorjahr - die meisten kamen aus Syrien, der Türkei und Afghanistan. Im ersten Quartal dieses Jahres wurden 65 419 Erstanträge gestellt, rund 19 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.