von Robert Zach
Investing.com - Der Wall Street stehen unruhige Tage bevor. Neben dem Beginn der Berichtssaison gibt es auch frische Inflationszahlen. Zudem nehmen die Spannungen zwischen Russland und der Ukraine wieder zu.
Gestern hatte DataTrek in einem Kommentar bereits erläutert, warum die Nettomarge in den Geschäftszahlen von Corporate America in dieser Bilanzsaison so wichtig ist. Heute beleuchten die Experten des US-Forschungsunternehmens einen weiteren Aspekt, auf den man achten sollte, wenn PepsiCo (NASDAQ:PEP) und andere Unternehmen am Donnerstag die Quartalssaison einläuten.
Während die US-Notenbank Fed ihre Leitzinsen aggressiv anhebt, um die Wirtschaft abzukühlen, gestaltet sich die Lage auf dem US-Arbeitsmarkt weiterhin robust. Das belegte erst kürzlich der offizielle Arbeitsmarktbericht der US-Regierung, der nicht nur einen unerwartet robusten Anstieg der Zahl der Arbeitsplätze, sondern auch einen deutlichen Rückgang der Arbeitslosenquote zeigte, während die Löhne weiter stiegen.
Solange der Arbeitsmarkt robust bleibt und sich die Nachfrage nicht - wie von der Fed gewünscht - entsprechend abkühlt, drohen die Preise weiter zu steigen. Vor diesem Hintergrund versprechen die Firmenbilanzen sowie die Telefonkonferenzen der einzelnen Unternehmen große Spannung im Hinblick auf ihre Personalpläne, eben um festzustellen, ob sich die Maßnahmen der Fed bereits in einer Abschwächung der Nachfrage in der Wirtschaft bemerkbar machen. Daraus lassen sich dann auch Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung der Unternehmensgewinne und die noch notwendigen Zinsschritte der Fed ziehen.
So zeigt die Untersuchung von DataTrek, dass bei einem Anstieg der Arbeitslosigkeit, wie ihn die Fed für den Rest des Jahres und 2023 erwartet, auch die Unternehmensgewinne allmählich zurückgehen sollten. Dies ist jedoch in den aktuellen Gewinnschätzungen des Marktes noch nicht berücksichtigt, was das Risiko weiterer Verluste für den S&P 500 birgt.
Hier nun der Marktkommentar von DataTrek:
"Unternehmensgewinne bilden das Verbindungsstück zwischen Wall Street und Main Street. Der Aktienmarkt beurteilt künftige Unternehmensgewinne. Die Nachfrage nach Arbeitskräften orientiert sich in der Regel an der aktuellen Rentabilität der Unternehmen. Der Wohlstandseffekt, der durch steigende oder fallende Aktienkurse entsteht bzw. abnimmt, beeinflusst sicherlich die amerikanische Wirtschaft. Aber Veränderungen bei den Unternehmensgewinnen wirken sich auf alle Arbeitnehmer aus.
Zur Veranschaulichung dieses Sachverhalts reicht ein Blick auf das folgende FactSet-Schaubild der jüngsten S&P 500-Quartalsgewinne je Aktie (gefüllte Balken), die durch die US-Arbeitslosenquoten für das jeweilige Quartal (rote Zahlen) ergänzt wurden.
Quelle: DataTrek, FactSet
Als der S&P-Gewinn je Aktie von 49 Dollar pro Aktie im ersten Quartal 2021 auf 57 Dollar pro Aktie im zweiten Quartal 2022 stieg, sank die Arbeitslosigkeit von 6,2 Prozent auf 3,6 Prozent. Die Ertragskraft der Unternehmen stieg in sechs Quartalen um 16 Prozent, so dass man erwarten konnte, dass amerikanische Unternehmen aggressiv Personal einstellen würden. Und genau das ist auch geschehen.
Die grauen Balken auf der rechten Seite des Schaubilds zeigen die Schätzungen der Wall-Street-Analysten zum Gewinn je Aktie für das dritte Quartal 2022 (die Zahlen, die wir in den nächsten Wochen von den Unternehmen zu sehen bekommen werden) und die fünf darauf folgenden Quartale. Drei Kommentare dazu:
- Der Offenmarktausschuss schätzt, dass die Arbeitslosenquote in den USA bis Jahresende auf 4,4 Prozent ansteigen und sich dann auf diesem Niveau im Jahr 2023 halten wird.
- Im Gegensatz dazu erwarten die Wall Street-Analysten für 2023 steigende S&P-Gewinne, insbesondere im zweiten Halbjahr. Vom 3. Quartal 2022 bis zum 1. Quartal 2023 liegen ihre vierteljährlichen Schätzungen stabil bei 55 bis 58 je Aktie. Im weiteren Verlauf steigen sie dann auf 59 Dollar pro Aktie im zweiten Quartal 2023, auf 61 Dollar pro Aktie im dritten Quartal und auf 63 Dollar pro Aktie im vierten Quartal 2023.
- Die Aktienkurse spiegeln die berechtigte Skepsis gegenüber den Schätzungen der Marktteilnehmer für das Jahr 2023 bereits wider, und die in der Grafik angegebenen Daten machen deutlich, warum dies durchaus berechtigt ist.
Die Fed rechnet angesichts steigender Zinsen mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit und einer Verlangsamung der US-Wirtschaft. Vor diesem Hintergrund werden die Gewinne (im besten Fall) etwa gleich bleiben oder (im schlimmsten Fall) sinken.
Fazit: Die Bekanntgabe der Quartalsergebnisse für das 3. Quartal und die Telefonkonferenzen der Managementteams werden uns viel darüber verraten, wie stark die Fed noch die Zinsen anheben muss, um die Lohn- und Preisinflation zu bekämpfen. Geschäftsführer werden nicht dafür bezahlt, Ökonomen zu sein; sie werden dafür bezahlt, ein Unternehmen zu lenken. Bleiben die Gewinne hoch, besteht eine geringere Wahrscheinlichkeit, dass sie den von der Federal Reserve gewünschten Stellenabbau vornehmen. Und wenn sich die Gewinne abschwächen, wovon die Märkte angesichts der jüngsten Entwicklung auszugehen scheinen, dann könnte sich der US-Arbeitsmarkt tatsächlich sehr schnell abkühlen."