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STICHWORT: Deutsch-französische Streitpunkte in der Euro-Krise

Veröffentlicht am 18.06.2012, 15:57
PARIS (dpa-AFX) - Nach der Absicherung seiner Macht durch eine linke Mehrheit im Parlament tritt ein selbstwusster französischer Präsident François Hollande zur Rettung des Euro an. Mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stimmt der Sozialist dabei nicht überall überein: Er dringt auf einen Wachstumspakt, der nach unwidersprochenen Berichten Ausgaben von 120 Milliarden Euro vorsieht. Eine strikte Sparpolitik lehnt Hollande ab. Doch viele seiner Programmpunkte sind unpräzise und lassen damit Raum für Kompromisse. Eine Auswahl der größten Streitpunkte:

- EUROBONDS:

Merkel lehnt Euroland-Anleihen ab. Hollande bringt sie immer wieder ins Spiel, ohne ihre Ausgestaltung zu konkretisieren. Eurobonds laufen nach deutschem Verständnis auf eine inakzeptable Vergemeinschaftung der Schulden der Krisenländer hinaus. Hinter der Idee der Eurobonds steht die Hoffnung, dass die Kreditwürdigkeit der Eurozone als Ganzes von Finanzmärkten und Ratingagenturen höher eingeschätzt würde als die der Krisenstaaten. Länder wie Spanien oder Italien müssten bei der Ausgabe von Euro-Anleihen niedrigere Zinsen zahlen - Deutschland allerdings höhere als bisher. Es sind verschiedene Modelle im Gespräch.

- EZB:

Hollande will die Rolle der Europäischen Zentralbank (EZB) ausweiten und ihr die weitreichenden Kompetenzen der US-Federal Bank auch bei wirtschaftspolitischen Maßnahmen einräumen. Außerdem soll der neue Rettungschirm ESM eine Banklizenz erhalten, um sich bei der EZB direkt günstig refinanzieren zu können. Merkel will dagegen die Unabhängigkeit der EZB bewahren und sieht in der Verteidigung der Preisstabilität die zentrale Aufgabe der Zentralbank. Weniger Konfliktstoff gibt es wohl in der Frage, ob die EZB auch die Aufsicht für Geschäftsbanken im Euroraum übernehmen könnte.

- EUROPÄISCHE INVESTITIONSBANK

Hollande will das Wirtschaftswachstum unter anderem mit der Erhöhung des Kapitalstocks der Europäischen Investitionsbank anregen, die auch die beschlossenen europäischen Projektbonds steuern soll. Diese Bonds sollen neue Geldquellen für den Bau milliardenschwerer Infrastrukturprojekte in der EU erschließen. Wie bei Eurobonds übernähmen EU-Länder bei diesen Schuldverschreibungen ein gemeinsames finanzielles Risiko. Dieser Vorschlag ist kaum umstritten.

- POLITISCHE INTEGRATION

Merkel fordert sie, Hollande zögert. Er schlägt nach Informationen der Zeitung 'Le Monde' aber 'angepasste politische Institutionen' vor, ohne dies zu präzisieren. Die politische Integration soll verhindern, dass eine unkoordinierte nationale Schulden- und Finanzpolitik die gemeinsame Währung gefährdet.

- FISKALPAKT

Hollande will den unterzeichneten und in einigen Ländern bereits ratifizierten EU-Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin um eine Wachstumskomponente ergänzen. Merkel schließt Neuverhandlungen aus. Hier bietet sich eine Kompromisslinie an: Wenn man den alten Pakt nicht antastet, sondern einen Beschluss zum Wachstum danebenstellt, wird man beiden Seiten formal gerecht. Inhaltlich ist die Frage, worin die Wachstumspolitik konkret bestehen soll, damit allerdings nicht gelöst.

- RENTENREFORM

Sie gilt als ein Kernpunkt der geforderten 'Strukturreformen' in den Euro-Krisenländern, stellt als nationale Angelegenheit im bilateralen Verhältnis aber keinen Streitpunkt dar. Während im deutschen Regierungslager mit einer Heraufsetzung der Altersgrenze geliebäugelt wird, geht Hollande in die entgegengesetzte Richtung. Als eine seiner ersten Maßnahmen setzte er das Rentenalter für besonders früh ins Arbeitsleben eingetretene Arbeitnehmer von 62 auf 60 Jahre herab./rek/DP/jsl

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