Berlin (Reuters) - Die deutsche Wirtschaft hat die EZB vor dem am Donnerstag anstehenden Zinsentscheid gemahnt, den geeigneten Zeitpunkt für eine Abkehr von der lockeren Geldpolitik nicht zu verpassen.
"Es ist wichtig, dass die EZB den Ausstieg aus der Niedrigzinspolitik nicht auf den Sankt Nimmerleinstag verschiebt", sagte der Chefvolkswirt des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier, am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters.
Der anhaltende Margendruck im Anlagengeschäft erschwere das Geschäftsmodell der kreditgebenden Wirtschaft. Deshalb entwickele sich die Darlehensvergabe an den deutschen Mittelstand nicht allzu dynamisch. Zudem bereite die Niedrigzinspolitik der Wirtschaft immer mehr Schwierigkeiten, ihre eingegangenen Pensionsverpflichtungen einzuhalten: "Allein die Pensionsverpflichtungen der 30 Dax-Unternehmen summierten sich Ende 2016 auf rund 400 Milliarden Euro – im selben Zeitraum sank der Deckungsgrad auf knapp über 60 Prozent. Hier müssen Mittel nachfinanziert werden – die dann für Investitionen fehlen", so Treier.
Die Chancen auf ein Umdenken bei der EZB seien seiner Ansicht nach "sehr gering". Konjunkturell sei jedoch spätestens jetzt der Einstieg in den Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik geboten. Der Leitzins zur Versorgung der Geschäftsbanken mit Geld liegt im Euro-Raum seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Mit Spannung wird erwartet, ob EZB-Chef Mario Draghi bekräftigt, dass die von der Europäischen Zentralbank betriebenen Anleihenkäufe nicht abrupt enden werden. Damit könnte er Erwartungen an den Börsen, wann die erste Zinserhöhung kommen könnte, bis ins Jahr 2019 schieben.