- von Patricia Uhlig
Geisenheim (Reuters) - Vier Tage nach der Landtagswahl in Hessen haben CDU und Grüne mit den Sondierungen über die Bildung einer neuen Regierung begonnen.
Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und Grünen-Spitzenkandidat Tarek al-Wazir berieten am Donnerstag in Geisenheim im Rheingau über eine Neuauflage ihrer Koalition, die eine Mehrheit von einer Stimme hätte. "Es geht jetzt um einen neuen Abschnitt, und der muss gut bedacht werden", sagte Bouffier. Angesichts der Stimmenverluste der CDU bei der Wahl am Sonntag gehe es nun auch darum, das Profil der Partei zu schärfen. Dies sei nicht ganz einfach mit einem möglichen Partner, der seinerseits prozentual deutlich zugelegt habe. Die CDU kam nach dem vorläufigen Endergebnis auf 27,0 Prozent, das sind gut elf Prozentpunkte weniger als bei der Landtagswahl 2013. Die Grünen verbesserten sich auf 19,8 von 11,1 Prozent.
Al-Wazir legte die Latte für eine mögliche Neuauflage der Schwarz/Grünen-Koalition höher. Diese könne nicht unter der Überschrift "Weiter so" zustande kommen. "Es ist völlig klar, dass sich die Rahmenbedingungen ändern, und dass man neue Antworten braucht." Am Montag wollen sich die beiden wieder treffen, um über die Aufnahme möglicher Koalitionsverhandlungen zu beratschlagen.
Bei Gesprächen zwischen Bouffier und SPD-Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel gab es mehrere Sitzungsunterbrechungen. CDU-Generalsekretär Manfred Pentz sagte nach den Unterredungen, man habe vor allem "atmosphärische Dinge" aus dem Wahlkampf aufgearbeitet und nicht über konkrete Themen gesprochen. In der kommenden Woche solle es ein erneutes Treffen geben, um über "gewisse inhaltliche Themen" zu diskutieren, fügte Nancy Faeser, Generalsekretärin der SPD hinzu. Der Ausgang der Landtagswahlen in Hessen und in Bayern Mitte Oktober hatte auch die Krise der großen Koalition in Berlin verschärft. In der SPD wird seitdem verstärkt diskutiert, das Bündnis vorzeitig aufzulösen.
Die Hessen-CDU sprach im Tagesverlauf auch mit der FDP. Die Grünen luden ebenfalls zu Beratungen mit SPD und FDP ein. Seit 2014 regiert in Hessen die CDU mit den Grünen. Auch eine Koalition aus CDU und SPD wäre rein rechnerisch möglich. Sie hätte allerdings wie Schwarz/Grün auch nur eine Mehrheit von einer Stimme.
HAUCHDÜNNE MEHRHEITEN IN HESSEN GAB ES SCHON ÖFTER
Eine solche hauchdünne Mehrheit sehen al-Wazir und Bouffier nicht als Problem an. Dies habe es in Hessen schon öfter gegeben und es sei auch immer gut gelungen, sagte Bouffier. Am Ende sei es eine Frage der Alternativen, daher spreche die CDU auch mit anderen Parteien. "Erst wenn man diese Frage beantwortet hat, weiß man, wie ist das Spielfeld, auf dem wir spielen, und dann reden wir über die Aufstellung."
Möglich wäre in Hessen auch ein Jamaika-Bündnis aus CDU, Grünen und FDP und eine Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP. Die FDP hatte eine gemeinsame Regierung mit den Grünen jedoch bereits ausgeschlossen. Die Partei von al-Wazir war bei der Wahl knapp vor der SPD gelandet und würde damit in einer Ampel-Koalition den Ministerpräsidenten stellen.
Seit 1999 ist in Hessen die CDU an der Regierung und stellt den Ministerpräsidenten, zunächst mit Roland Koch, dann mit Bouffier, der 2010 nach dem Rücktritt Kochs übernahm. Nach dem vorläufigen Endergebnis erzielte die SPD 19,8 (2013: 30,7) Prozent. Die FDP kam auf 7,5 (5,0) Prozent und die Linkspartei auf 6,3 (5,2) Prozent. Die AfD zog mit 13,1 (4,1) Prozent in den Landtag ein.