von Geoffrey Smith
Investing.com - Die beiden größten Zahlungsverkehrsunternehmen Frankreichs haben am Montag die Schaffung eines neuen europäischen Champions in diesem Bereich angekündigt, nachdem Worldline (PA:WLN) sich bereit erklärt hatte, rund 7,8 Milliarden Euro (8,6 Milliarden US-Dollar) für die Übernahme von Ingenico (PA:INGC) zu zahlen.
Während dies im engeren Sinne richtig ist, die beiden Unternehmen erzielten in 2019 einen Gesamtumsatz von 5,3 Milliarden Euro, wie die von beiden am Montag veröffentlichten Zahlen belegen, sieht die Realität jedoch etwas prosaischer aus: Ingenico zahlt den Preis dafür, dass es nicht schnell genug jenseits seines Traditionsgeschäfts - den Kartenzahlungsterminals in Geschäften in ganz Europa - gewachsen in den Online-Einzelhandel gewachsen ist.
Auch wenn Ingenico im letzten Jahr Fortschritte erzielt hat - das organische Umsatzwachstum von 10% überstieg sogar die 6,9% von Worldline - ist die Wahrnehmung des Unternehmens weiterhin so, dass es immer noch nicht im attraktivsten Segment eines Sektors gut vertreten ist, das weiterhin rasant wächst. Die Ingenico-Aktie lag zu Handelsschluss am Freitag um lediglich 10% höher als vor fünf Jahren.
Einer der Gründe, warum Worldline Ingenico kauft und nicht umgekehrt, ist, dass Worldline an der Börse das Vierfache seines Umsatzes wert ist und damit mehr als doppelt so hoch wie Ingenico bewertet wird. Dadurch kann Wordline den Deal mit eigenen Papieren finanzieren.
Die relativen Bewertungen deuten darauf hin, dass der Rückgang der Worldline-Aktie am Montag um 4,6% nicht überinterpretiert werden sollte. Der 17-prozentige Preisaufschlag für Ingenico gegenüber dem Handelsschluss am Freitag ist nach den üblichen Maßstäben nicht übermäßig hoch und leicht zu rechtfertigen, wenn man die starke Erholung der Ingenico-Aktie in den letzten 12 Monaten einrechnet, als die Diversifizierung unter dem neuen Vorstandsvorsitzenden Nicolas Huss erste Früchte zu tragen beginnt.
Das kombinierte Unternehmen wird jedoch noch einiges zu tun haben, wenn die Bewertung von Adyen (AS:ADYEN), dem im Jahr 2018 an die Börse gegangenen niederländischen Unternehmen erreichen will. Dessen Umsätze sind in den sechs Monaten seit letztem Juni immer noch um rasante 64% gewachsen, dank enger Beziehungen zu Firmen wie Uber (NYSE:UBER), Spotify (NYSE:SPOT) und Booking (NASDAQ:BKNG), die alle hohe Zahlungsaufkommen online abwickeln.
Mit 25 Milliarden Euro ist Adyen immer noch über 25% mehr wert als die fusionierte Worldline-Ingenico. Sogar die deutsche Wirecard (DE: WDIG) wird nach all dem Auf und Ab der letzten zwei Jahren aufgrund von Führungsproblemen dennoch an der Börse nur einen Hauch geringer als der neue französische Riese bewertet. Dies ist wiederum auf Wirecards relative Stärke in Bereichen zurückzuführen, in denen es schnelleres Wachstum gibt, obwohl diese eher regional (Asien) als sektorbezogen ist.
Die Fusion sollten dem französischen Unternehmen eine größere Schlagkraft gegenüber kleineren Konkurrenten verschaffen (zum Beispiel das italienische Unternehmen Nexi (MI:NEXII), das am Montag auf Übernahmefantasien um 3,5% zulegte. Damit der Begriff „Champion“ jedoch eine Bedeutung hat, muss das kombinierte Unternehmen nachweisen, dass es mindestens so schnell wachsen kann wie der gesamte Sektor. Da hat es noch einiges an Überzeugungsarbeit zu leisten.