Von Geoffrey Smith
Investing.com - Der wirtschaftliche Schaden durch einen langwierigen Krieg in der Ukraine könnte schlimmer sein als der durch die Pandemie verursachte Schaden, warnte der Vorstandsvorsitzende von Volkswagen (DE:VOWG_p) Herbert Diess in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview.
„Die Bedrohung durch diesen Krieg für Deutschland und Europa ist enorm“, sagte Diess der Financial Times und verwies auf die Gefahr „gewaltiger Preiserhöhungen, Energieknappheit und Inflation“.
Solche Befürchtungen haben sich bereits in einem starken Wertverlust des Euro seit der russischen Invasion niedergeschlagen, da die Marktteilnehmer darauf setzten, dass der Schlag für die Wirtschaft die Pläne der Europäischen Zentralbank zur Normalisierung der Geldpolitik zum Scheitern bringen könnten.
Die Warnungen von Diess kommen ein paar Tage, nachdem VW (DE:VOWG), Europas größter Autobauer, die Produktion einiger Modelle wie des Porsche (DE:PSHG_p) Taycan in Deutschland aufgrund von Komponentenmangel einstellen musste. Der Konzern bezieht seine elektrischen Leitungen und Kabelbäume normalerweise aus der Ukraine.
VW hat bereits die Produktion in seinem Werk in Kaluga südwestlich von Moskau und in Nischni Nowgorod eingestellt. Die Wolfsburger sind einer von vielen globalen Automobilkonzernen, die die Produktion im Zuge der Finanzsanktionen der USA und der EU einstellen, da der zuverlässige Import von Komponenten so gut wie unmöglich ist. Allerdings ist das Russlandgeschäft von VW im Vergleich zum Rest Europas, wo es der größte privatwirtschaftliche Arbeitgeber in Deutschland ist, gering.
Diess sagte, er befürworte „maximale Sanktionen“ gegen Russland, drängte aber auch auf eine schnelle Wiederaufnahme der Verhandlungen.
„Für eine Gesellschaft wie Deutschland, die abhängig von russischer Energie, Rohstoffen ist ... kann ein Szenario, bei dem wir die Geschäftsbeziehungen mit Russland abbrechen müssten, die Energieversorgung von Europa und Deutschland erheblich treffen“, sagte Diess.
Seine Argumente stimmen mit denen von Bundeskanzler Olaf Scholz überein, dessen Regierung sich Anfang dieser Woche weigerte, sich den USA und Großbritannien beim Verbot russischer Energieimporte anzuschließen, da kurzfristige Alternativen fehlen.
Diess Wunsch nach Verhandlungen wurde am Donnerstag einigermaßen befriedigt, als sich die Außenminister der Ukraine und Russlands zu Gesprächen in der Türkei trafen, dem Kontakt auf höchster Ebene zwischen den beiden Ländern seit der russischen Invasion vor über zwei Wochen. Einige Nachrichtenagenturen berichteten, dass die Minister unter anderem die Möglichkeit eines Treffens ihrer jeweiligen Präsidenten erörtern würden, was einen noch größeren Schritt hin zu einer diplomatischen Lösung des Krieges bedeuten würde.