- von Raquel Castillo und Rodrigo De Miguel
Madrid (Reuters) - Rund eine Woche nach der Unabhängigkeitserklärung Kataloniens sind die meisten Mitglieder der von Spanien abgesetzten Regionalregierung in Haft genommen worden.
Eine Richterin am Staatsgerichtshof in Madrid ordnete am Donnerstag Untersuchungshaft gegen neun ehemalige Kabinettsmitglieder an und begründete dies unter anderem mit Fluchtgefahr. Gegen Ex-Ministerpräsident Carles Puigdemont, der sich nach Belgien abgesetzt hat, erließ sie einem Zeitungsbericht zufolge einen europäischen Haftbefehl. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Gerichtsentscheide riefen katalanische Parteien noch für den Abend zu Protesten vor dem Regionalparlament in Barcelona auf.
Das Oberste Gericht hatte Puigdemont, neun Kabinettsmitglieder und sechs Abgeordnete des katalanischen Parlaments vorgeladen, damit sie sich in Madrid zum Vorwurf der Rebellion, des Aufruhrs und des Missbrauchs öffentlicher Mittel äußern. Bis auf einen Beschuldigten weigerten sich alle vorgeladenen ehemaligen Kabinettsmitglieder, auf die Fragen der Generalstaatsanwaltschaft und des Gerichts zu antworten. Richterin Carmen Lamela begründete die Haftanordnung, von der auch Puigdemont ehemaliger Stellvertreter Oriol Junqueras betroffen ist, unter anderem mit Fluchtgefahr. Zudem sei die Haft nötig um zu verhindern, dass die Beschuldigten Beweise vernichtet würden. Der Haftbefehl gegen das ehemalige Regierungsmitglied Santi Vila wurde gegen eine Kaution von 50.000 Euro ausgesetzt. Vila hatte das Kabinett verlassen, bevor am vergangenen Freitag die Loslösung Kataloniens von Spanien proklamiert wurde. Seither setzte er sich für eine Verhandlungslösung im Unabhängigkeitstreit ein.
Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy hatte Puigdemont und die übrige katalanische Regionalregierung am Freitag abgesetzt, nachdem diese einseitig die Unabhängigkeit Kataloniens ausgerufen hatten. Puigdemont und weitere Mitglieder der regionalen Führung reisten daraufhin nach Belgien aus. Puigdemont hat erklärt, er werde in Belgien bleiben und nur nach nicht näher erläuterten "Garantien" nach Spanien zurückkehren. Sein Anwalt Paul Bekaert sagte am Donnerstag, sein Mandant sei nicht vor den Richtern erschienen, da das Klima nicht gut sei. "Es ist besser, auf Abstand zu bleiben." Puigdemont sei bereit, mit den spanischen und belgischen Behörden zu kooperieren. Der Haftbefehl gegen ihn bedeutet, dass der Politiker nicht bei der Neuwahl in Katalonien am 21. Dezember kandidieren kann.
ABGEORDNETE BEKOMMEN MEHR ZEIT FÜR VORBEREITUNG DER ANHÖRUNG
Neben den ehemaligen Regierungsmitgliedern waren auch führende Abgeordnete des Regionalparlaments vorgeladen, darunter Parlamentspräsidentin Carme Forcadell. Der Oberste Gerichtshof räumte den Parlamentariern eine Woche länger Zeit ein, um ihre Verteidigung vorzubereiten. Ihre nächste Anhörung ist für den 9. November angesetzt.
Die politische Unsicherheit könnten nach Einschätzung der Bank von Spanien die Wirtschaft in den kommenden Monaten belasten. Sollten die Separatisten Zulauf bekommen, könnte das Auswirkungen auf die konjunkturellen Aussichten und die Finanzstabilität haben, erklärte die Notenbank in ihrem Monatsbericht. Im schlimmsten Fall könnte das Wachstum zwischen Ende 2017 und 2019 um 2,5 Prozentpunkte geringer ausfallen.