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Großbritannien wirbt für wirtschaftlich enge Bindung an EU

Veröffentlicht am 02.03.2018, 17:58
© Reuters. Britain's Prime Minister Theresa May delivers a speech about her vision for Brexit, at Mansion House in London

- von Elizabeth Piper und Guy Faulconbridge

London (Reuters) - Die britische Premierministerin Theresa May strebt auch nach dem Brexit eine enge wirtschaftliche Bindung ihres Landes an die EU an.

In einer Grundsatzrede sprach sich May am Freitag in London für ein maßgeschneidertes Abkommen mit den verbleibenden 27 EU-Staaten aus, das auch die für das Königreich wichtige Finanzbranche beinhaltet. Zudem könne Großbritannien EU-Regeln in den Bereichen Chemie, Pharma und Luftfahrt weiter übernehmen. May bekräftigte zugleich, dass ihr Land den Europäischen Wirtschaftsraum und die Zollunion verlassen wird. Zudem werde der Europäische Gerichtshof in Zukunft nicht mehr die höchste Rechtsinstanz für Großbritannien sein.

Mays Rede war mit Spannung erwartet worden. Auf EU-Seite hatten viele Politiker Verdruss darüber geäußert, dass sie sich bisher zu ihren Vorstellungen über das langfristige Verhältnis zur EU bedeckt hielt. Die Regierungschefin ist nach dem Verlust der absoluten Mehrheit im Parlament politisch geschwächt. Zudem ist ihr eigenes Kabinett, ihre Tory-Partei und das gesamte Land in der Frage des Brexits gespalten.

ZOLLPARTNERSCHAFT ANGESTREBT

May schlug vor, mit der EU eine Zollpartnerschaft einzugehen. Dabei könnte ihr Land Zölle für Produkte erheben, die für die EU bestimmt sind. Für Waren, die für andere Länder bestimmt sind, könnten demnach auch andere Prozentsätze gelten. Eine Alternative wäre eine Zollvereinbarung, um einen reibungslosen Handel zu gewährleisten, sagte May.

Zugleich warb die Regierungschefin für einen Kompromiss in den Verhandlungen mit der EU. "Keiner wird genau das bekommen, was er will", sagte sie vor Botschaftern und Wirtschaftsvertretern im Amtssitz des Bürgermeisters der Londoner City. Großbritannien werde nicht akzeptieren, dass es nur die Rechte von Kanada, aber die Verpflichtungen von Norwegen habe.

Damit spielte sie auf unterschiedliche Modelle der Kooperation an: Die EU hat mit Kanada den umfassenden Freihandelsvertrag Ceta geschlossen. Die Vereinbarungen mit dem Nicht-EU-Mitglied Norwegen sind aber viel umfassender: So zahlt das Land in den EU-Haushalt ein und muss hinnehmen, dass EU-Bürger in das Land ziehen. In Streitfällen darf May zufolge der Europäische Gerichtshof nicht mehr das letzte Wort haben.

Die EU reagierte zurückhaltend. Es gebe nun Klarheit über die Positionen, schrieb Chefunterhändler Michel Barnier auf Twitter. Er kündigte an, dass Mays Äußerungen in die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen einfließen würden. Die europäischen Vorschläge sollen in der kommenden Woche veröffentlicht werden. Barnier hat wiederholt klargestellt, dass es bei einem klaren Schnitt zwischen Großbritannien und der EU Zollkontrollen geben muss.

DIHK ÄUSSERT SICH ENTTÄUSCHT

© Reuters. Britain's Prime Minister Theresa May delivers a speech about her vision for Brexit, at Mansion House in London

Dies macht eine Lösung im Streit über die Grenze zwischen Großbritannien und Irland schwierig. Sowohl die EU als auch May lehnen Grenzkontrollen ab. Die EU macht sich dafür stark, dass die britische Region Nordirland in der Zollunion bleibt. Damit würde in Großbritannien eine neue Zollgrenze errichtet, was May strikt ablehnt.

Der Nordirland-Konflikt ist seit 1998 beigelegt, schwelt aber weiter. Grenzkontrollen zwischen Nordirland und Irland stoßen bei Befürwortern einer Vereinigung der beiden Regionen auf Ablehnung. Probritische Unionisten lehnen dagegen jede Art von Grenzziehung zwischen Nordirland und dem Rest des Königreiches ab.

Die deutsche Wirtschaft nahm Mays Äußerungen unterdessen mit Enttäuschung auf. "Leider hat die Rede von Theresa May nicht dazu beigetragen, das Eis zu brechen und den Brexit-Verhandlungen neuen Schub zu geben", erklärte DIHK-Chef Eric Schweitzer. Bei den deutschen Exporten sei das Königreich bereits von Platz drei auf Platz fünf gerutscht. "Die Rede von May war zu wenig, um diesen negativen Trend zu stoppen."

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