- Niedrige Zinsen, gepaart mit einer geringen Inflation, machen es den Instituten unmöglich, nicht weiter auf Aktien zu setzen, wodurch diese nach oben getrieben werden.
- Die Analysten sehen neue Allzeithochs als ein Zeichen dafür, dass die Rallye noch nicht erschöpft ist.
- Der Dollar beendete die Woche unverändert.
Der Mangel an Negativschlagzeilen, die geringe Gegenwehr der Bären sowie die niedrigen Handelsvolumina lassen den S&P 500 weiter nach oben gleiten. Der marktbreite Index steht damit vor der besten Performance seit zehn Jahren. Auch in der vergangenen Handelswoche markierten die wichtigsten US-Aktienbarometer, der SPX, der Dow Jones und der NASDAQ, allesamt neue Rekordhochs. Die Haupttreiber der Rallye an der Wall Street bleiben die lockere Geldpolitik der Fed und die Hoffnung auf eine baldige Unterzeichnung des Teilhandelsdeals zwischen den USA und China.
Historisch gesehen sind die Börsen im Jahresdurchschnitt um 7,0% gestiegen, nachdem sie eine Performance von 25% oder mehr im Vorjahr hingelegt haben, aber 2014 hat der Markt immer noch um 11,39% zugelegt, was darauf hindeutet, dass auf eine gute Performance nicht unbedingt eine schlechte folgen muss. Angesichts der derzeit hohen Bewertungen sind wir jedoch der Meinung, dass die Anleger die langfristig niedrigeren Renditeerwartungen in ihre Strategien einbeziehen müssen.
US-Börsen springen nach Horrorjahr 2018 in die Höhe
Am Donnerstag hat der NASDAQ zum ersten Mal die Marke von 9.000 Punkte überschritten. Amazon.com (NASDAQ:AMZN) gehörte zu den Top-Performern, nachdem der E-Commerce-Riese ein "rekordverdächtiges" Weihnachtsgeschäft gemeldet hatte.
Der Kalendereffekt diktiert zwar nicht substanziell die Marktzyklen, aber er hat eine psychologische Wirkung. Insbesondere Aktionäre und Kunden institutioneller Anleger ziehen zum Jahresende in der Regel eine "Bilanz" über die Entwicklung ihrer Anlagen. Das Jahr 2019 war in vielerlei Hinsicht wie das Jahr 2006 - Aktien erreichen neue Rekordhochs mit Abwärtsrisiken, aber der Exzess treibt die Kurse einfach immer weiter nach oben.
Begrenzt werden die Abwärtsrisiken durch die Kehrtwende der Geldpolitik sowie der wachsenden Geldmenge. Gleichzeitig betonte Powell, dass man die Zinsen senken werde, falls sich die Wachstumsaussichten verschlechtern würden. Für eine Zinserhöhung müsste es indes einen "signifikanten und anhaltenden" Anstieg der Inflation geben. Diese Versicherungszusage, also der so genannte Powell-Put, erstickt jede Korrektur im Keim.
In den zurückliegenden 12 Monaten verzeichnete der S&P 500 34 neue Rekordhochs. Im Jahr zuvor war es zu einem dramatischen Kurseinbruch gekommen. Ende Dezember 2018 korrigierten die Kurse in dem marktbreiten Index knapp 20%. In der Regel spricht man von einer Börsenbaisse, sobald die Kurse um mindestens 20% gegenüber dem vorherigen Hoch abrutschen. Es war der schlimmste Dezember in der Geschichte des SPX.
In den Jahren seit 2013, als sich der Markt von dem Crash vor 2008 vollständig erholte und wieder auf die Hochs von 2007 zurückkehrte, hat der SPX 271 neue Allzeithochs erreicht. Das sind laut FactSet unglaubliche 16% aller Handelstage, an denen dieses Ereignis auftrat. Analysten sehen darin einen Beweis dafür, dass neue Hochs nicht unbedingt auf eine Erschöpfung hindeuten.
Die immerzu neuen Allzeithochs sind u.a. auf die rekordlange Expansion der US-amerikanischen Wirtschaft zurückzuführen. Seit 126 Monaten wächst diese nun. Das ist ein Rekord. Grund dafür sei Ökonomen zufolge die lockere Geldpolitik sowie das Goldilocks-Szenario. Wenn das Wachstum sich zu stark überhitzt, brennt es aus. Aber wenn man es auf kleiner Flamme hält, kann es lange und anhaltend sein.
Was das Wachstum unterstützt hat, ist die niedrigste Arbeitslosenquote seit den 1960er Jahren, die jetzt auf einem 50-Jahres-Tiefstand liegt. Der US-Arbeitsmarkt hat 2 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen, so dass die Verbraucher zuversichtlich bleiben und gleichzeitig weiter konsumieren. Das ist gut für die Wirtschaft des Landes, denn die Verbraucherausgaben machen 65 % des amerikanischen BIP aus.
Die außergewöhnlich niedrige Inflation in Verbindung mit den tiefen Zinsen ergibt eine sehr ungewöhnliche Situation. Es gab im Laufe des Jahres keine Korrektur von 10%. Tatsächlich erlebte der S&P nur zwei moderate Rückschläge - ein Minus von 6,8% im Mai und 6,1% im August.
Zum historischen Vergleich: Korrekturen am Aktienmarkt - definiert als ein Rückgang von 10% oder mehr - treten in der Regel etwa einmal pro Jahr auf. Auch die geringe Schwankungsintensität im vergangenen Jahr spiegelt sich in der Tatsache wider, dass der S&P 500 im Jahr 2019 nur sieben tägliche Bewegungen (nach oben oder unten) von 2% oder mehr erlebte. Laut FactSet lag der Durchschnitt der letzten 20 Jahre bei 19.
Ein weiterer Faktor, der die globale Nachfrage nach US-Vermögenswerten ankurbelte: Das weltweite BIP-Wachstum verlangsamte sich auf etwa 3 %. Dies ist das langsamste globale Wachstum seit 10 Jahren, was direkt auf den Handelsstreit zurückzuführen ist.
Die Treasury-Renditen hingegen wurden von den Hochs im November 2018 auf die Tiefs vom September 2019 halbiert. Das ist seltsam, denn die Renditen sollten zusammen mit den Aktien steigen, da beide in der Regel bei einer höheren Risikobereitschaft nordwärts beschleunigen.
Anfang November stiegen die Renditen der 10-jährigen US-Notes über die Abwärtstrendlinie seit dem Höchststand im November 2018, konnten aber die Hochs vom November 2019 nicht überwinden und blieben zwischen den beiden Trends hängen. Am Freitag fielen sie wieder unter die 200 DMA.
Im Oktober unterschritt der 50 WMA die 200 WMA und löste damit erstmals seit 2015 wieder ein Death-Cross auf dem Wochenchart aus. Auch auf dem Wochenchart bilden die Renditen einen ansteigenden Keil, der nach dem Rückgang um 55% zwischen den Höchstständen im November 2018 und den Tiefstständen im September 2019 bärisch zu interpretieren ist.
Der US Dollar Index beendete die Woche fast unverändert und stieg um weniger als 1%. Gleichzeitig bewegte sich der Dollar jedoch in einem steigenden Kanal, dessen Boden derzeit getestet wird. Einerseits belastete die Zinswende der Fed den Dollar, andererseits trug die Nachfrage nach Treasurys als zuverlässigster sicherer Hafen zur Stützung der globalen Reservewährung bei.
Der Ölpreis ist im Jahresverlauf um fast 36% gestiegen. Das Überangebot aufgrund der globalen Verlangsamung und der US-Schieferproduktion führte im Laufe des Jahres zu einem Ausverkauf. Die Hoffnungen der Zentralbanken und die Bemühungen um ein Handelsabkommen ließen das Öl in diesem Monat um 11,7% steigen.
Während der dreimonatige Einbruch von Oktober bis Dezember 2018 teilweise aufgeholt wurde, liegt der Ölpreis immer noch mehr als 15% unter den Hochs von 75 Dollar. Diesem Ausverkauf ging ein Death Cross im Monatschart voraus, das auf dem obigen Chart zu sehen ist. Es war das erste seit dem Golden Cross im Monatschart Anfang 2001.
Die kommende Woche im Wirtschaftskalender
Alle Zeitangaben sind US-Ostküstenzeit.
Montag
10:00 Uhr: USA - Schwebende Hausverkäufe: Volkswirte erwarten ein Plus von 1,1% im November, nach -1,7% zuvor.
20:00 Uhr: China - Einkaufsmanagerindex der Industrie: Erwartet wird ein Rückgang um 0,1 auf 50,1. Damit würde sich der EMI jedoch knapp oberhalb der Expansionsschwelle halten.
Dienstag
Viele globale Märkte, darunter Australien, Südkorea, Japan, Hongkong, Deutschland, Frankreich und Großbritannien, haben zu Silvester geschlossen.
10:00 Uhr: USA - CB-Verbrauchervertrauen: Volkswirte rechnen mit einem Anstieg von 125,5 auf 128,2.
Mittwoch
Die Märkte in den USA und weltweit sind wegen des Neujahrsfeiertags geschlossen.
20:45 Uhr: China - Caixin Einkaufsmanagerindex Industrie: dürfte von 51,8 auf 51,7 gesunken sein.
Donnerstag
Die Märkte in Japan, Neuseeland, Russland und der Schweiz bleiben geschlossen.
3:55: Deutschland - Einkaufsmanagerindex Industrie: Experten rechnen mit einem unveränderten Wert von 43,4.
4:30: Großbritannien - Einkaufsmanagerindex Industrie: hier wird ein Rückgang von 48,9 auf 47,6 erwartet.
14:00: USA - FOMC-Sitzungsprotokoll
Freitag
3:55: Deutschland - Veränderung der Arbeitslosigkeit: Nach -16.000 wird ein Anstieg um 5.000 erwartet.
4:30: Großbritannien - Einkaufsmanagerindex Baugewerbe: erwartet wird ein Anstieg auf 45,9 von 45,3. Damit bleibt der EMI im Kontraktionsbereich.
10:00: USA - ISM Einkaufsmanagerindex Industrie: Volkswirte rechnen mit einem Anstieg von 0,9 auf 49,0.