- Berichtet zum Q2 2019 am Donnerstag, dem 25. Juli, nach Handelsende an der Wall Street
- Umsatzprognose: 62,5 Mrd USD
- GpA-Prognose: 5,56 USD
Amazon.com (NASDAQ:AMZN) ist in dieser Woche mit Quartalszahlen an der Reihe, aber die Wall Street könnte diese aus dem falschen Blickwinkel betrachten.
Seit sein Börsenwert die Schwelle von 1 Billion USD überschritt und der Kurs Ende 2018 ein Allzeithoch von 2.050 USD erreichte, haben es die Papiere des Unternehmens nicht geschafft, ihren Marsch nach oben fortzusetzen.
Amazons Wachstum hat sich verlangsamt, was der Wall Street nicht zu gefallen scheint, obwohl der Gewinn im letzten Quartal weit über den Erwartungen lag. Und wenn Analysten und Investoren sich weiter ausschließlich auf die Umsatzzahlen konzentrieren und dabei ignorieren, wie sich das Unternehmen gewandelt hat, dann könnte dies zu schwerem Druck auf die Aktie führen, wenn das Unternehmen berichtet.
Umsatzwachstum verlangsamt sich wenig überraschend
Der Hauptgrund, aus dem Anleger in dem vergangenen Jahrzehnt in Amazon investiert haben, war das fast einzigartige Wachstum. Im 1Q18 glänzte das Unternehmen mit einem Umsatz von 51 Mrd USD, einem Umsatzwachstum von 43% gegenüber dem Vorjahr. Dem folgte eine weiterer ausgezeichneter Quartalsbericht, der einen Umsatzanstieg von 39% auswies.
Nur ein Jahr später und all dies scheint in der fernen Vergangenheit zu liegen. In den letzten beiden Quartalen lag Amazons Jahreswachstum unter 20%. Die Umsätze stiegen im letzten Quartal um nur noch 17%, was das schlechteste Wachstum seit den 15% im 1Q15 war.
Die Verkaufszahlen im Einzelhandel sind vor allem für die Verlangsamung verantwortlich. In Nordamerika sind die Umsätze auf 17% gefallen, von noch 46% im vergangenen Jahr. International ging das Wachstum auf nur noch 9% zurück, von 34% im letzten Quartal.
Amazon Web Services, das Kronjuwel von Amazons Wachstumsmotoren, verliert ebenfalls an Fahrt, aber in weitaus geringerem Maße. Amazons Cloudcomputing-Sparte wuchs im letzten Quartal um 41%, während es im letzten Jahr noch 49% gewesen waren.
Gewinne sind, wo jetzt das Wachstum ist
Das Betriebsergebnis hat im Gegensatz zum Umsatz über das vergangene Jahr hohe Zuwächse verzeichnet. Im letzten Quartal verdiente Amazon 4,4 Mrd an operativem Gewinn, verglichen mit noch 1,9 Mrd USD im Jahr zuvor. Damit erhöhten sich auch Amazons operative Margen über alle Sparten hinweg um fast das Doppelte von 3,8% auf 7,4%.
Das Betriebsergebnis im nordamerikanischen Einzelhandelsgeschäft verdoppelte sich von 1,1 Mrd USD auf 2,2 Mrd USD und auch die Margen verbesserten sich von 3,7% auf 6,4%. Den wohl großen Gewinnsprung gab es im Einzelhandel außerhalb Nordamerikas. Im letzten Quartal verzeichnete das Unternehmen noch einen operativen Verlust von 90 Mio USD, was weit unter dem Wert von 1Q18 von -622 Mio USD lag. Profite im internationalen Geschäft waren Amazon bislang versagt geblieben, scheinen aber jetzt in Reichweite gerückt zu sein.
Amazon Web Services, das Cloudgeschäft des Unternehmens, ist weiteren der Goldesel im Konzern. Das operative Einkommen stieg auf 2,2 Mrd USD von 1,4 Mrd USD oder um 57%. Die operative Marge überwältigt die Investoren weiter und ist auf 28,8% geklettert, von 25,7% im letzten Quartal.
Lebt die Wall Street in der Vergangenheit?
Die Eine-Billion-Dollar-Frage ist, ob der Markt sich auf Umsatz oder Gewinn einschießen wird.
Wir können das letzte Quartal zu Rate ziehen, als Amazon beim Umsatz die Erwartungen erfüllte, aber beim Gewinn richtig glänzte. Das Unternehmen berichtete einen GpA von 7,09 USD die Aktie, 50% mehr als die von Analysten erwarteten 4,70 USD. Tags darauf ging Amazon lediglich 1,4% höher in den Handel, war daraufhin sehr volatil und fiel zwischenzeitlich unter seinen vorigen Schlusskurs.
Die Reaktion auf stark über den Erwartungen liegende Profitabilität ist, was mir vor dieser Ergebnisvorstellung sorgen macht.
Amazon ist ein starkes Unternehmen. Sein Umsatz wächst immer noch mit einer Rate von rund 17%, obwohl der Jahresumsatz mittlerweile 232 Mrd USD erreicht hat, was einfach unglaublich ist. Das Problem ist, dass das absolute Wachstum oder die Ertragskraft nicht so wichtig sind, wie dass das Unternehmen die Erwartungen erfüllt. In diesem Fall schlug der Konzern die Gewinnerwartungen um Längen und wurde dafür schlecht belohnt.
Wenn also die Wall Street sich immer noch mehr über das Umsatzwachstum kümmert als die Profite und Amazon mehr Geld verdienen kann, indem es interne Veränderungen vornimmt, ist es für ein Unternehmen dieser Größe weitaus schwerer, hohe prozentuale Umsatzsteigerungen hinzubekommen.
Amazon hat ein starkes Geschäft, eine dominante Position im US-Onlineeinzelhandel, ist international fast profitabel und besitzt mit AWS einen Goldesel, bei dessen Wachstum mit keiner Abschwächung zu rechnen ist, als Anwendungsprogramme und Daten immer mehr in Cloud gehen.
Aber im Kurs der Aktie ist derzeit ein höheres Umsatzwachstum eingepreist, als Amazon liefern kann und es ist daher mit kurzzeitiger Volatilität zu rechnen. Die Aktie hat sich in diesem Jahr um mehr als 35% verteuert und schloss die Sitzung gestern um 0,3% höher zu 2.000,81 USD ab.
Indem sie das Gewinnwachstum ignoriert und sich auf den Umsatz fokussiert, gibt die Wall Street Amazon einen Kobayashi-Maru-Test (den nur Captain Kirk von Star Trek gewinnen kann).
Im Vorfeld von diesem Quartalsergebnis sollten Sie mit allem rechnen.
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