Endlich geschieht mal wieder etwas - nach nun fünf Monaten Seitwärtsbewegung. Der DAX hat gestern ein neues Allzeithoch bei 9.810,29 Punkten ausgebildet. Doch konnte der DAX sein Hoch nicht halten. Statt sich zu freuen, müssen Sie jetzt sehr, sehr vorsichtig werden. Die Gefahr, dass dieser Ausbruch ein Fehlsignal wird, ist deutlich gestiegen.
Dazu zunächst der aktuelle Chart:
Und zwar aus folgenden Gründen:
- Das ehemalige Allzeithoch bei 9794,05 Punkten wurde nur kurz überwunden.
- Es kam danach zu einem dynamischeren Rückfall.
- Es fehlen damit bisher die unbedingt erforderlichen Anschlusskäufe.
- Der Umsatz, mit dem dieser Ausbruch generiert wurde, war eher mäßig – und damit nicht ausbruchsbestätigend.
Zwischenfazit: Wir haben es mit einem bisher nicht „nachhaltigen“ Ausbruchsignal zu tun.
Die jetzt wichtigen Szenarien:
Die bullishe Variante:
Im Moment kann man sich noch auf den Standpunkt stellen, dass lediglich das Gap (Kurslücke, hellblaues Rechteck) noch geschlossen werden musste. Dann sollte der DAX aber jetzt wieder schnell ansteigen. Auch kann noch ein Retest an die blaue Trendlinie erfolgen - diese wurde mit diesem Gap überwunden und hat somit ihre Relevanz belegt.
Es sollte dann aber in den kommenden Tagen, spätestens auf dem Niveau der blauen Linie, zu einer neuen Aufwärtsdynamik kommen, die zu einem umsatzstarken und dann auch nachhaltigen Ausbruch nach oben führt.
Die bearishe Varianten:
Sollten die Kurse stattdessen weiter fallen, und dabei auch noch unter höherem Umsatz Dynamik entwickeln, muss man diesen Ausbruch als Fehlsignal werten. Und das Problem ist, dass es gerne im Anschluss an Fehlsignalen zu stärkeren Kursverlusten kommt. Deswegen müssen Sie zurzeit vorsichtig bleiben und auf die entsprechenden Signale achten.
Der größere Rahmen birgt einen Pferdefuß
Diese ganze Analyse, die Sie gerade gelesen haben, ist ohne Frage richtig, aber sie hat doch einen Pferdefuß: Wir dürfen einfach nicht vergessen, dass das ganze Theater, das wir im DAX seit Jahresanfang erleben, nichts anderes als der Kampf um die psychologisch so wichtige 10.000er Marke ist. Schließlich ist aus Sicht der Anlegerpsyche ein nun fünfstelliger Wert im DAX ein wichtiger Paradigmenwechsel. Man könnte tatsächlich schreiben, dass es eine Art wichtiger Hinweis darauf wäre, dass die Krise tatsächlich vorbei ist. Doch es ist für den Menschen nicht einfach, sich an ganz neue Gegebenheiten zu gewöhnen. Und von nun an den DAX mit über 10.000 Punkten zu erleben, eine Marke, die allein schon aufgrund der ungewohnten Größe sehr „hoch“ erscheint, da wehrt sich der Verstand. Das eben macht sie zu diesem wichtigen Widerstand.
Da die 10.000er Marke eine derartie Bedeutung für den DAX hat, sinkt aber die Bedeutung der Signale unterhalb dieser Marke drastisch. Und deswegen bleibt es dabei: Die charttechnischen Signale haben zurzeit eine deutlich geringere Bedeutung, als in einer normalen Phase.
Der Auslöser
Als Auslöser für den gestrigen Anstieg wird genannt, dass schwächere BIP-Daten aus Italien, Frankreich und den Niederlanden, sowie fallenden Inflationserwartungen für die Euro-Zone der Vermutung weiter Nahrung geben, die EZB werde im Juni weitere geldpolitische Lockerungsmaßnahmen einleiten.
Der Euro fällt weiter
Und wenn wir schon bei Fehlsignalen sind: Der Euro ist nun wieder deutlich und mit Dynamik unter den roten Aufwärtstrend gefallen. Schauen Sie hier:
Sie erinnern sich, dass ich schrieb, dass Trendbrüche eine nur knapp über der Parität liegende Wahrscheinlichkeit besitzen und dass dieser Trendbruch auch noch ungewöhnlich schwach verlaufen ist. Und tatsächlich, der Euro konnte das bullishe Signal nicht bestätigen. In den kommenden Wochen wird es darauf ankommen, ob der Euro wieder an die 1,35er Marke fällt. Dann käme eine Seitwärtsbewegung als weiteres Szenario in Betracht oder ob er sich wieder fängt. Aber wie auch oben schon beschrieben: Fehlsignale führen oft zu dynamischeren Abwärtsbewegungen. Hier ist also im Moment wieder alles möglich.
Jochen Steffens
Stockstreet GmbH