Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,2317 (06:21 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,2265 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 103,16. In der Folge notiert EUR-JPY bei 127,08. EUR-CHF oszilliert bei 1,0827.
Die Wirtschafts- und Finanzwelten sind um eine Sorge reicher. Die Zuspitzung der innenpolitischen Lage in den USA ist kritisch. Die Reaktion der Finanzmärkte ist bemerkenswert.
Am Aktienmarkt herrscht ungetrübte Freude mit historischen Rekorden am Fließband. Dafür gibt es Gründe. Mit der Wahl der demokratischen Senatoren in Georgia kann Biden voraussichtlich mit dem Kongress durchregieren. Aktien sind reale Werte. In einer westlichen Welt, in der die Kaufkraft der Währungen bewusst entwertet werden, stellen sie eine attraktive Alternative dar (anekdotische Erfahrungen auch aus Hyperinflation in Deutschland 1920-23).
Bitcoin und andere Krypto-Anlagen werden als Alternative außerhalb des Finanzsystems bewertet.
Das gilt jedoch nicht für die Edelmetalle, obwohl sie Währungen ohne Fehl und Tadel waren und sind. Gold und Silber verloren gestern gegenüber dem USD. Ja, freie Märkte sind schon klasse (Ironie). Fakt ist, dass sich am Ende Qualität durchsetzt.
Die Renaissance der "Old Economy" manifestiert sich immer stärker. In Deutschland stiegen die Auftragseingänge der Industrie per November im Monatsvergleich unerwartet um 2,3% (Prognose -1,2%) nach zuvor 3,3% (revidiert von 2,9%). In den USA setzten die "Factory Orders" positive Akzente. Die Umsetzung der global verfügten Wirtschaftsprogramme erfordert noch viel mehr.
"DSA - Divided States of America"
Die Bilder und Nachrichten, die die Weltgemeinschaft gestern aus Washington erreichten, ernüchterten. Sie sind Ausdruck des Problems einer geteilten Nation. Der Begriff United States of America beschreibt den innenpolitischen Zustand nicht sachgemäß. Heute sind wir mit den "DSA", den "Divided States of America" konfrontiert.
Die West- und die Ostküste sind tendenziell den Demokraten zuzurechnen, während die sogenannten "Fly-over States" tendenziell Richtung Republikaner und Trump aufgestellt sind. Die gesellschaftspolitische Homogenität der USA ist nicht gegeben und wird auch auf Sicht nicht erreichbar sein. Zu unversöhnlich stehen sich die Seiten gegenüber, so dass Kompromissfähigkeit nicht absehbar ist
Kommen wir zu den Fakten: Gestern kam es zu chaotischen Szenen im und rund um das US-Kapitol, als Trump-Anhänger den Biden-Wahlsieg in Frage stellten. Die Proteste sind von Anhängern des scheidenden US-Präsidenten Donald Trump mit einem Sturm auf das Parlament eskaliert. Trump-Unterstützer durchbrachen Polizeiabsperrungen und drangen in das Kapitol ein, während die Senatoren und Abgeordneten dabei waren, Bidens Sieg vom November formell zu bestätigen.
Die Sitzungssäle mussten evakuiert werden. Vier Personen sind im Rahmen der Auseinandersetzungen verstorben. Bis zum 20. Januar hat Washingtons Bürgermeisterin den Notstand für Washington ausgerufen. Das Thema eines neuen Amtsenthebungsverfahrens gegen Trump ist wieder aktuell.
Ursache dieser aktuell zugespitzten Situation ist nicht Donald Trump. Seine Wahl war das Resultat der Ursache. Die Ursache liegt weit zurück. Es begann 1992 mit der Boskin-Kommission, die neue Berechnungen für die Verbraucherpreise implementierte. Als Folge des damit etablierten Surrogat-Ansatzes als auch der Hedonik wurden die Verbraucherpreise niedriger ausgewiesen, als sie für Durchschnittsbürger sind (bitte dazu "Endlich Klartext", FinanzBuchverlag 2008).
Im Zeitverlauf der letzten knapp 30 Jahre erfolgte als Resultat die Verarmung des US-Mittelstands, da sich die Höhe der Löhne und Sozialleistungen an den Verbraucherpreisen orientiert. Diese Politik, die den "Eliten des US-Establishments" temporär Wohlstandsgewinne brachte, hat ihren Grenznutzen längst überschritten. In der daraus resultierenden wirtschaftlichen Spaltung der Gesellschaft liegt die Ursache für die innenpolitischen Entzweiung.
Bedeutung der aktuellen Problematik:
Die USA beanspruchen den westlichen Führungsanspruch. Es drängt sich die Frage auf, ob die USA diese Rolle zukünftig werden spielen können. Wenn innenpolitische Verlässlichkeit nicht mehr gegeben ist, ist außenpolitische Verlässlichkeit nicht ansatzweise gewährleistet.
Die Politikansätze der USA außerhalb des internationalen Regelwerks unter Trump lieferten einen bitteren Vorgeschmack des Mangels an US-Verlässlichkeit. War das nur der Anfang?
Die aktuelle Lage mahnt die Weltgemeinschaft, sich neu zu ordnen. Diese Ordnung muss sowohl multilateral als auch rechtlich regelgebunden sein.
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:
Eurozone: Im Monatsvergleich positive Tendenzen
Der von Markit ermittelte Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor stellte sich per Dezember gemäß finaler Berechnung auf 46,4 (Prognose 47,3, vorläufiger Wert 47,3) nach zuvor 41,7 Punkten. Der Composite Index sank gegenüber dem vorläufigem Wert von 49,8 auf 49,1 Zähler (Prognose 49,8) nach zuvor 45,3 Zählern. Die Erzeugerpreise stiegen per November im Monatsvergleich um 0,4% (Prognose 0,1%) nach zuvor 0,4%. Im Jahresvergleich ergab sich ein Rückgang um 1,9% (Prognose -2,2%) nach zuvor -2,0%.
In Deutschland stiegen die Auftragseingänge der Industrie per November im Monatsvergleich unerwartet um 2,3% (Prognose -1,2%) nach zuvor 3,3% (revidiert von 2,9%).
Der Index des Verbrauchervertrauens legte in Frankreich unerwartet stark per Dezember von zuvor 89 Punkten (revidiert von 90) auf 95 Zähler zu (Prognose 91).
Die Arbeitslosenrate Irlands sank per Dezember von zuvor 7,3% (revidiert von 7,5%) auf 7,2%.
USA: ADP enttäuscht markant
Der ADP-Beschäftigungsbericht, der Einsicht in die Entwicklung der Privatwirtschaft gibt, lieferte per Dezember mit -123.000 Jobs eine herbe Enttäuschung (Prognose +88.000). Der Vormonatswert wurde von 307.000 auf 304.000 revidiert.
Der von Markit ermittelte Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor stellte sich per Dezember gemäß finaler Berechnung auf 54,8 (vorläufiger Wert 55,3) nach zuvor 58,4 Punkten. Der Composite Index sank gegenüber dem vorläufigem Wert von 55,7 auf 55,3 Zähler nach zuvor 58,6 Punkten.
Der Auftragseingang für die US-Industrie verzeichnete per November im Monatsvergleich einen Anstieg um 1,0% (Prognose 0,7%) nach zuvor 1,3% (revidiert von 1,0%).
China: Starker Automobilmarkt
Per Dezember legte der Kfz-Absatz in China im Jahresvergleich um 5,4% zu. Im Gesamtjahr 2020 stellt sich damit der Rückgang auf lediglich 1,9%.
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.2020 - 1.2050 negiert den positiven Bias.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Solvecon Invest GmbH
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