Zum ersten Mal seit fast acht Wochen übersprang der Wechselkurs EUR/USD die psychologisch bedeutende Marke von 1,10 Dollar. Seit Deutschland und Frankreich zum ersten Mal ihren Wiederaufbaufonds vorstellten, skizzierten wir eine Trendwende beim Euro und rechneten mit einem Breakout über diese wichtige Kursschwelle. Da dies nun eingetreten ist, konzentrieren sich die Investoren auf die Oberseite, aber weitere Gewinne sollten vor der geldpolitischen Ankündigung der Europäischen Zentralbank nächste Woche begrenzt bleiben. Im Vergleich zu anderen Zentralbanken war die EZB weniger erpicht darauf, die Zinssätze zugunsten ihres Pandemie-Notkaufprogramms zu senken, das das Zentralbankmitglied François Villeroy als "Meisterwerk" bezeichnete.
In den letzten 24 Stunden haben wir von einer Reihe von Vertretern der Geldpolitik gehört, die alle darauf hindeuten, dass eine weitere Lockerung bevorsteht. Dazu gehört auch EZB-Präsidentin Christine Lagarde, die gestern sagte, dass das "milde Szenario der EZB höchstwahrscheinlich überholt ist" und die Wirtschaft wahrscheinlich zwischen den "mittleren bis schweren Szenarien" der Zentralbank anzusiedeln ist, was bedeutet, dass das BIP im Jahr 2020 zwischen 8% und 12% schrumpfen könnte. Die Notenbanker erstellen derzeit ihre Wirtschaftsprojektionen und werden diese auf der Sitzung nächste Woche vorstellen.
EZB-Mitglied Isabel Schnabel äußerte sich deutlicher und sagte, die Zentralbank sei bereit, die Instrumente zu erweitern, um ihr Mandat zu erfüllen. EZB-Vizepräsident Luis de Guindos betonte, die Notenbank sei völlig offen für eine Rekalibrierung ihres Konjunkturprogramms, während der Chefökonom Philip Lane feststellte, der wirtschaftliche Schock erfordere eine expansive Finanz- und Geldpolitik.
Gegenwärtig erhält der Euro Aufwind durch den erweiterten Wiederaufbaufonds, der den deutsch-französischen Vorschlag mit den Forderungen der "sparsamen Vier", darunter Österreich, Dänemark, Schweden und die Niederlande, kombiniert. Dieser neue Vorschlag sieht 500 Milliarden in Form von Zuschüssen und 250 Milliarden in Form von Krediten vor. Dieser Kompromiss ebnet den Weg für die Genehmigung und Freigabe der Mittel bis Januar 2021. Auch wenn das noch in weiter Ferne zu liegen scheint, so ist dies doch genau die Art von fiskalischen Anreizen, die die EZB gefordert hat, auch wenn sie sich sicherlich mehr wünschen würde.
Im Gegensatz dazu zeigte sich das Pfund Sterling am Mittwoch als schwächste Währung und fiel gegenüber dem US-Dollar und Euro deutlich. Das Gerede von negativen Zinsen belastet die Inselwährung weiterhin, da Großbritannien unermüdlich an einem Brexit am 31. Dezember festhält, so ein Sprecher des britischen Premierministers.
Unterdessen trieb die anhaltende Erholung der US-Aktien den Greenback gegenüber allen Hauptwährungen nach unten, mit Ausnahme des Japanischen Yen, der leicht höher tendierte. Die Federal Reserve veröffentlichte gestern ihren Konjunkturbericht Beige Book, und es war keine Überraschung, dass deren Kontakte sagten, die wirtschaftliche Aktivität sei in den meisten Regionen stark zurückgegangen, was zu einem starken Rückgang des Wachstums führen werde. Die Aussichten sind nach wie vor düster, denn während "viele Kontakte die Hoffnung äußerten, dass die Gesamtaktivität mit der Wiedereröffnung der Unternehmen wieder anziehen würde, blieben die Aussichten höchst unsicher, und die meisten Kontakte waren hinsichtlich des möglichen Tempos der Erholung pessimistisch".
Die wichtigste Frage für den US-Dollar und den Markt sind die anhaltenden Spannungen zwischen den USA und China. Die Aktienmärkte ignorieren diese Bedenken gänzlich, aber der australische Dollar beginn sich allmählich zurückzuziehen. Präsident Donald Trump sagte, er werde diese Woche "sehr interessante" Maßnahmen gegen China ankündigen. Handelsminister Wilbur Ross erklärte, es gebe "eine ganze Reihe möglicher Optionen für Trump in Bezug auf China". Dazu gehören Sanktionen gegen Unternehmen, Finanzunternehmen und Beamte, die Aussetzung der besonderen Handelsprivilegien Hongkongs wegen der Umsetzung eines neuen Gesetzes, das die bürgerlichen Freiheiten Hongkongs einschränkt. China glaubt, dass die USA bluffen, aber wenn Trump im Laufe dieser Woche strenge Maßnahmen ankündigt, könnten wir eine scharfe Trendwende bei Aktien und Währungen erleben, die die Rallye im AUD und NZD bremsen könnte.
Der Wechselkurs USD/CAD notierte trotz tieferer Ölpreise den dritten Tag in Folge schwächer. Der Loonie profitierte in der jüngsten Zeit von der Ölpreiserholung, aber die Gewinne dürften im weiteren Verlauf der Woche abbröckeln, da die Daten zur Leistungsbilanz und dem Wirtschaftswachstum miserabel ausfallen dürften.