Die Vertreter der Federal Reserve straffen ihren Zeitplan für die Drosselung der geldpolitischen Stützungsmaßnahmen, so dass selbst die taubenhafte Chefin der Fed von San Francisco, Mary Daly, nun sagt, die Zentralbank könnte ihre Anleihekäufe noch vor Ende des Jahres zurückfahren.
"Eine mögliche Reduzierung in diesem Jahr oder Anfang nächsten Jahres, das wäre mein Standpunkt", sagte Daly in einem Interview mit der Financial Times.
Daly verwies auf die zunehmende Dynamik der Wirtschaftserholung in den USA, wo der Beschäftigungszuwachs von 943.000 Arbeitsplätzen im Juli die Arbeitslosenquote von 5,9% auf 5,4% gesenkt hat.
Dies ist keine Überraschung, da Ökonomen – und das Federal Reserve System beschäftigt Hunderte von ihnen – seit Monaten eine robuste Erholung prognostizieren. Die Mitglieder des Offenmarktausschusses der US-Notenbank (Federal Open Market Committee, FOMC) zögerten jedoch, da Fed-Chef Jerome Powell darauf bestand, dass wesentlich mehr Fortschritte erforderlich seien, bevor eine Reduzierung der Anleihekäufe diskutiert werden kann.
Wachsende Inflationssorgen
Der derzeitige Kurswechsel ist eher auf die zunehmende Besorgnis über die Inflation zurückzuführen, die kaum Anzeichen einer Verlangsamung zeigt. Der Verbraucherpreisindex verzeichnete im Juli einen Anstieg von 5,4 % im Jahresvergleich und lag damit um eine Spur über der erwarteten Teuerungsrate von 5,3 % und dem Preisanstieg von 5,4 % im Juni.
Eine Umfrage von Fox News in der vergangenen Woche ergab, dass 86 % der befragten Wähler sich Sorgen über die Inflation machen, die meisten machen dafür die Covid 19-Pandemie verantwortlich, aber fast vier Fünftel, 79 %, geben auch der Politik der Regierung die Schuld.
Die Chefin der Kansas City Fed, Esther George, die im FOMC zu den Falken gehört, wies außerdem darauf hin, dass ein sich erholender Arbeitsmarkt und "feste Inflationserwartungen" die Ziele der Fed für den Beginn der Zurücknahme der geldpolitischen Impulse erfüllen.
"Ich unterstütze unter diesen Bedingungen den Kauf von Vermögenswerten zu beenden", sagte sie letzte Woche in einer Rede vor dem US-Bundesverband für Betriebswirtschaft.
Robert Kaplan, der Präsident der Dallas Fed, sagte letzte Woche, dass die Notenbanker im September eine Reduzierung der Anleihekäufe ankündigen und bereits im Oktober damit beginnen sollten. In einem vor kurzem ausgestrahlten Fernsehinterview merkte Kaplan an:
"Der Grund, warum ich sage, dass wir bald mit dem Tapering beginnen sollten, ist, dass ich glaube, dass diese Käufe sehr gut zur Ankurbelung der Nachfrage sind. Aber wir haben kein Nachfrageproblem in der Wirtschaft. Meiner Meinung nach sollten wir lieber bald den Fuß vom Gas nehmen und die Drehzahl reduzieren."
Bis zum vollständigen Ende der Anleihekäufe könnte es acht Monate dauern, sagte Kaplan, und dieses Thema sollte völlig getrennt von der Frage behandelt werden, wann man mit einer Erhöhung der Zinssätze beginnen sollte.
FOMC-Ziele fast erreicht; höhere Zinsen im Rest der Welt
Der Chef der Atlanta Fed, Raphael Bostic, räumte ein, dass die aktuelle Inflationsrate das von der Fed angestrebte Ziel von 2 % erfüllt. Seinen Berechnungen zufolge erreichte der viel moderatere Fünfjahresdurchschnitt der Kernausgaben für den privaten Konsum (cPCE) im Mai 2 %.
Thomas Barkin und Eric Rosengren, die Vorsitzenden der Filialen der Fed in Richmond bzw. Boston, äußerten sich in der vergangenen Woche ähnlich. Sie folgten damit den Kommentaren zweier Mitglieder des Gouverneursrats der Fed in Washington, Richard Clarida und Christopher Waller, in der Woche zuvor.
Lange Rede, kurzer Sinn: Jene schwer fassbaren und vagen Ziele, welche die Fed anstrebt, sind alle fast erreicht.
Andere Zentralbanken sind da schon entschlossener als die Fed. Die Reserve Bank of Australia sagte, sie halte an ihrem Plan fest, den Kauf von Wertpapieren ab nächsten Monat zu reduzieren, trotz der verhängten Sperrmaßnahmen in Sydney und Melbourne aufgrund einer neuen Welle von Covid-19-Infektionen.
RBA-Gouverneur Philip Lowe sagte, dass die Lockdowns das Wachstum verlangsamen werden, aber er erwartet, dass die wirtschaftliche Dynamik wieder einsetzen wird, sobald die Ausbrüche eingedämmt sind.
Der geldpolitische Ausschuss der Bank of England beließ den Leitzins auf 0,1%, sagte jedoch, dass eine moderate Zinserhöhung bereits im nächsten Jahr kommen könnte, da das Wachstum voranschreitet und die Inflation anzieht. Für dieses Jahr wurde ein Wachstum von 8% prognostiziert, gegenüber 7,25% im Mai. Analysten zufolge könnten in Großbritannien die Zinsen bereits im nächten Frühjahr steigen.