Die Marktprämie für die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen ist im Januar laut einer Schätzung von CapitalSpectator.com stark gestiegen und erreichte den höchsten Stand seit neun Monaten. Die unerwartet hohen Inflationsdaten für den Vormonat deuten darauf hin, dass die Marktprämie länger auf einem erhöhten Niveau bleiben könnte als bislang erwartet.
Im vergangenen Monat stieg die Marktprämie im Vergleich zum durchschnittlichen fairen Wert (basierend auf drei Modellen) wieder auf 104 Basispunkte – der höchste Wert seit April letzten Jahres. Damit wurde der jüngste Rückgang rückgängig gemacht, durch den sich die Schätzung vorübergehend wieder dem „normalen“ Niveau vor der Pandemie angenähert hatte. Ein wesentlicher Treiber für diesen Anstieg sind gestiegene Inflationserwartungen. Wie bereits in unserem Kommentar im Vormonat hervorgehoben, hat das sogenannte „hartnäckige Inflationsrisiko“ den zuvor beobachteten Abwärtstrend der Marktprämie für 10-jährige Renditen umgekehrt. Die jüngste Beschleunigung der Verbraucherpreisinflation dürfte diese Entwicklung weiter verstärken und kurzfristig stützen.
Ein Blick auf die langfristige Veränderung der Marktprämie zeigt, dass das aktuell hohe Niveau möglicherweise nicht so bald wieder sinkt. Das ist eine deutliche Abweichung von den letzten Jahren, in denen sich die Inflation langsam, aber stetig eingedämmt zu haben schien. Doch nun hat sich dieser Fortschritt verlangsamt, und die Markterwartungen passen sich entsprechend an. Nach der Pandemie ging man noch davon aus, dass die erhöhten Prämien nur ein vorübergehendes Phänomen sein würden – doch mittlerweile sieht es danach aus, als könnte dieser Zustand anhalten.
Die US-Notenbank kämpft weiterhin damit, die Inflation in die Nähe ihres 2 %-Ziels zu bringen. Daher erscheint es zunehmend wahrscheinlich, dass die Marktprämie für 10-jährige Renditen auf einem höheren Niveau verharren wird.
Die Inflationsentwicklung rückt damit noch stärker in den Fokus der Märkte. Der jüngst veröffentlichte Verbraucherpreisindex (VPI) stieg im Januar auf 3,0 % im Vergleich zum Vorjahr – der höchste Anstieg seit Juni und bereits der vierte Monat in Folge mit zunehmender Inflation. Der Kern-VPI, eine stabilere Kennzahl für den Preistrend, legte ebenfalls zu und erreichte 3,3 %.
Auch wenn der Kern-VPI weiterhin im niedrigen 3 %-Bereich liegt und derzeit kein abrupter Inflationsanstieg droht, gibt es mehrere Warnsignale.
Wie das aktuelle US-Inflationstrend-Chartbook zeigt, sind einige Entwicklungen besorgniserregend. (Hinweis: Das Chartbook ist normalerweise nur für Abonnenten des US Business Cycle Risk Report verfügbar, aber in diesem Monat kann die aktuelle Ausgabe des Inflationsberichts hier eingesehen werden.)
Ein Beispiel für einen möglichen längerfristigen Inflationsanstieg ist der kontinuierliche Zuwachs beim Durchschnitt aus klassischen und alternativen VPI-Indizes. Betrachtet man den Gesamt- und Kern-VPI zusammen mit fünf weiteren Messgrößen, die von regionalen Fed-Banken erhoben werden, zeigt sich, dass der Preisdruck weiter zunimmt – bereits den vierten Monat in Folge.
Ein weiteres Warnsignal liefert eine proprietäre Messgröße für die Inflationserwartungen, der Inflation Expectation Bias Index.
Die folgende Grafik zeigt die durchschnittliche monatliche Veränderung der Ein-Jahres-Differenzen für 1-, 2- und 3-Jahres-Inflationserwartungen, basierend auf Modellen der Cleveland Fed.
Allerdings gibt es auch Indikatoren, die darauf hindeuten, dass ein erneuter Anstieg der Inflation noch nicht sicher ist. Die Entwicklung bleibt also offen. Klar ist jedoch, dass die hartnäckige Inflation weiterhin ein zentrales Risiko für die Märkte darstellt – und wenn sie nicht unter Kontrolle gebracht wird, könnte sie mittelfristig zu verstärktem Preisdruck führen.
Zusätzliche Unsicherheiten bringt die wirtschaftspolitische Agenda: Geplante Zollerhöhungen des Weißen Hauses könnten zwar ein einmaliger Effekt sein, wirken aber tendenziell inflationär.
Die Fed Funds Futures signalisieren derzeit eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die US-Notenbank ihren Leitzins auf der nächsten FOMC-Sitzung am 19. März unverändert lässt. Doch bis dahin kann sich noch viel ändern – und einige Marktbeobachter spekulieren bereits, ob sogar eine Zinserhöhung wieder in den Raum rücken könnte.
Wie so oft werden die kommenden Daten entscheidend sein. Besonders im Fokus steht nun der nächste Verbraucherinflationsbericht, der am 12. März veröffentlicht wird – genau eine Woche vor der nächsten FOMC-Sitzung. Sollte sich zeigen, dass die Fed weiterhin Schwierigkeiten hat, die Inflation in den Griff zu bekommen, könnte dieser Bericht den Ausschlag für eine neue geldpolitische Straffung geben.