Ich hoffe, Sie hatten ein schönes Pfingstwochenende und sind nicht von den Unwettern in irgendeiner Weise betroffen. Hier in Köln war es schon extrem: Ich habe mit einem mulmigen Gefühl am Fenster zugeschaut, wie es einen Baum zerfleddert hat, aber wenn ich die Bilder aus anderen Gegenden sehe, sind wir noch halbwegs glimpflich davongekommen.
Um nach diesen Ereignissen und dem langen Wochenende wieder den Einstieg zu finden, starten wir mit dem DAX-Chart:
Der DAX hat nun die 10.000-Punkte-Marke nachhaltig überwunden, am Montag und Dienstag sogar auf Schlusskursbasis. Wobei man - das nur als Hinweis- eine charttechnische Interpretation des vorvorgestrigen Handels aufgrund des Feiertages nicht überbewerten darf. Doch wie hier schon häufiger geschrieben: Aus Sicht der Target-Trend-Methode, die im Gegensatz zur klassischen Charttechnik auch verlässliche Widerstände und Unterstützungen oberhalb von Allzeithochs findet, ist die 10.000-Punkte-Marke lediglich als psychologisch wichtiger Widerstand relevant. Die eigentliche Zielmarke liegt nach Überwindung der 9.862er Marke bei 10.345 Punkten.
Allerdings nähern wir uns einer Konsolidierungslinie (dicke, rot gestrichelte Linie). Da viele sich mit der Target-Trend-Methode nicht vertiefend auseinandergesetzt haben, hier mal eine kurze Einführung dazu:
Eine erstaunliche Regelmäßigkeit
Diesen Konsolidierungslinien liegt folgende Beobachtung zugrunde: In starken Trends konnte ich feststellen, dass Konsolidierungen immer in einem ähnlichen Abstand voneinander auftreten und dabei jeweils auch eine ähnliche Abwärtsdynamik aufweisen. Doch nicht nur das: Wenn man einen Aufwärtstrend in einem Chart so einzeichnet, dass er in einem 45-Grad-Winkel verläuft, neigen die Abwärtstrendlinien dazu, ungefähr in einem rechten Winkel zu diesem Aufwärtstrend aufzutauchen.
Dazu der langfristige DAX-Chart, in dem alle anderen Ebenen der Target-Trend-Methode - bis auf den Trendkanal und die Konsolidierungslinien - ausgeschaltet sind:
Im aktuellen Aufwärtstrend des DAX sind die genannten Aspekte sehr schön zu sehen. Die rot gestrichelten Konsolidierungslinien haben alle den gleichen Abstand zueinander. Sie verlaufen ungefähr im rechten Winkel zum Aufwärtstrend. Und tatsächlich haben sich fast alle größeren Konsolidierungen im Bereich dieser Konsolidierungslinien ausgebildet.
Die erste Konsolidierungslinie ist sogar eine alte Abwärtstrendlinie aus dem vorherigen Abwärtstrend (siehe roter Pfeil). Das ist zwar schön und passiert auch häufiger, ist aber keine Grundvoraussetzung. Und trotzdem, obwohl es hier so eindeutig und einfach erscheint, ist es vergleichsweise schwer, diese Konsolidierungslinien zu finden. Hat man sie aber entdeckt, wird eine erstaunliche Struktur in den Charts erkennbar, insbesondere, wenn man dann noch die richtigen Rechtecke eingezeichnet hat.
Besonderheiten der Konsolidierungslinien
Es gibt in diesem DAX-Trend aber auch noch eine typische Besonderheit, die mit dem schwarzen Pfeil gekennzeichnet ist. Hier gab es statt einer Konsolidierung eine starke Trendbewegung mit Kurslücken (Gaps). Wenn eine Konsolidierungslinie mit einem Gap überwunden wird, ist das häufig ein Hinweis darauf, dass eine größere Konsolidierung ausbleibt.
Im vorliegenden Beispiel, dem DAX, machte das auch Sinn, da es in diesem Fall bereits zuvor eine Konsolidierung gegeben hatte, die eben nicht auf einer solchen Linie lag.
Die aktuelle Situation
Im Moment befinden wir uns wieder an einer solchen Konsolidierungslinie. Was heißt das aber für uns?
Der wichtigste Punkt ist vielleicht folgender: Die Wahrscheinlichkeit ist deutlicher geringer, dass ein Kursrückgang, der an diesen Linie erfolgt, zu einem Top wird. In den meisten Fällen bleiben dies lediglich gesunde Konsolidierungen in einem großen Aufwärtstrend. Das zu wissen kann hilfreich sein, wenn man auf eine Fortsetzung des Trends setzen möchte.
Gegen den Trend getradet
Doch, man kann noch mehr mit diesen Linien anfangen: Wenn sich eine Übertreibungskerze unter hohem Umsatz bildet, deren Hoch genau an einer solchen Linie endet oder sich eine Umkehrformation unterhalb dieser Linien ausbildet, kann man sogar gegen den Trend eine kleine Short-Position wagen, oder nahe den Hochs Positionen verringern, um dann später wieder einzusteigen.
Konsolidierungslinien als Hinweis für den Wiedereinstieg
Etwas später, wenn die Konsolidierung bereits zu erkennen ist, kann man, sobald sich die Abwärtsdynamik abschwächt, wieder auf steigende Kurse setzen. Das ist insbesondere dann angeraten, wenn sich die Konsolidierungslinie mit mehreren anderen wichtigen Linien im Bereich der unteren Begrenzung des Aufwärtstrendkanals kreuzen sollte (Target). In diesem Fall besteht eine vergleichsweise hohe Chance, dass sich ziemlich genau an dieser Stelle ein Einstieg lohnt, so dass sich ein extrem gutes Chance/Risiko-Verhältnis ergibt.
Hier zeigt sich einfach die Überlegenheit der Target-Trend-Methode zur klassischen Charttechnik, die einfach weit weniger verwertbare Ansätze für Trades liefert.
Fazit:
Die Konsolidierungslinien sind weniger geeignet, um eine perfekten Trade gegen den Trend auf einer Konsolidierung einzuleiten. Sie sind stattdessen ein wichtiger Hinweis dafür, dass es sich bei einem Kursrückgang lediglich um eine gesunde Konsolidierung in einem Aufwärtstrend handelt. Darüber hinaus ermöglichen sie, mit anderen Trendlinien zusammen, oft einen nahezu perfekten Einstieg oder Wiedereinstieg in einen Trend. Und sie sind schlussendlich dazu geeignet, dieses Chaos der normalen Kursbewegungen mit den anderen Ebenen der Target-Trend-Methode in eine Struktur zu bannen.
Aber auch hier gilt, dass es sich immer nur um Wahrscheinlichkeiten handelt. Oft ergeben sich gute Signale, aber ohne Frage werden diese auch hin und wieder versagen. Es gibt an den Börsen eben keine hundertprozentig sichere Methode.
Jochen Steffens
Stockstreet GmbH