Die libysche Ölproduktion erleidet einen weiteren Dämpfer: Werden angekündigte Produktionskürzungen auf den östlichen Ölfeldern umgesetzt, könnte der Ölpreis kurzfristig weiter steigen.
In Libyen eskaliert ein Konflikt der beiden rivalisierenden Regierungen im Land um die Kontrolle über die Zentralbank. Diese verwaltet die Einnahmen aus dem Ölgeschäft. Nun wirkt sich der Konflikt auf die Ölproduktion aus. Die Regierung im Osten Libyens hat angekündigt, die Produktion und den Export von Rohöl einzustellen. Daraufhin stieg der Ölpreis um mehr als 3 % auf über 81 USD pro Barrel.
Am Montag hatten die Behörden im Osten des Landes in einer Erklärung auf Facebook mitgeteilt, dass für alle Felder, Terminals und Ölanlagen "höhere Gewalt" gelte. Von der international anerkannten Regierung des Landes in Tripolis gab es hierzu keine Stellungnahme. Auch die National Oil Corp (NOC), die die Ölressourcen des Landes kontrolliert, bestätigte die Einstellung der Produktion bislang nicht.
Libyen: Waha Oil Companye kündigt Drosselung der Ölproduktion an
De facto scheint es jedoch darauf hinauszulaufen: Die NOC-Tochter Waha Oil Company kündigte bereits an, die Produktion schrittweise zu drosseln – bis hin zu einem völligen Produktionsstopp. Waha betreibt ein Joint Venture mit TotalEnergy und ConocoPhillips (NYSE:COP). Die Produktionskapazität der NOC-Tochter liegt bei rund 300.000 Barrel pro Tag. Exportiert wird das geförderte Öl über den östlichen Hafen von Es Sider.
Waha betreibt fünf Ölfelder im Südosten, darunter neben Waha, das mehr als 100.000 bpd produziert auch Gallo, Al-Fargh, Al-Samah und Al-Dhahra. Die meisten Ölfelder Libyens liegen im Osten und stehen damit unter der Kontrolle von Khalifa Haftar, dem Kommandeur der Libyschen Nationalarmee (LNA).
Die zugehörige Regierung in Bengasi äußerte sich bislang nicht zu einer möglichen Dauer der Schließung der Ölfelder. Die Nachrichtenagentur Reuters wiederum berichtete am Montag unter Berufung auf zwei Ingenieure bei Messla und Abu Attifel, dass die Produktion bislang fortgesetzt werde und es noch keine Anordnung zur Einstellung der Produktion gebe.
Konflikt um die Kontrolle über die Öleinnahmen
In Libyen spitzt sich ein Konflikt um die Kontrolle über die Zentralbank und damit auch die Öleinnahmen des Landes zu. Laut einer Mitteilung der Zentralbank (CBL) hatte am Morgen des 20. August ein durch den Präsidentschaftsrat eingesetztes Komitee den Hauptsitz der Zentralbank in Tripolis aufgesucht, um neue Anordnungen durchzusetzen und die Kontrolle über die Zentralbank zu übernehmen. Dazu sollte auch der Chef der Zentralbank, Sadiq al-Kabir, gestürzt werden. Beide Seiten mobilisierten bewaffnete Gruppierungen.
Die Zentralbank weist die Maßnahmen als nicht autorisiert und gesetzeswidrig zurück. "Die Zentralbank bekräftigt (…), dass die Maßnahmen des Präsidialrats nicht autorisiert sind und gegen das Gesetz verstoßen", hieß es in einer Erklärung am Freitag.
Am Montag teilte die Zentralbank mit, ihre Dienste im in und Ausland "aufgrund außergewöhnlicher Störungen" eingestellt zu haben. Bereits in der vergangenen Woche hatte die Bank ihren Betrieb vorübergehend vollständig eingestellt, nachdem ein hochrangiger Bankangestellter entführt worden war. Nach der Freilassung am Folgetag wurde der Betrieb aufgenommen.
Bereits Anfang des Monats hatte NOC beim Ölfeld Sharara im Südwesten Libyens mit einer Kapazität von 300.000 bpd höhere Gewalt erklärt. Vor der Schließung des Würfels lag die libysche Produktion bei rund 1,2 Millionen Barrel pro Tag. Sollte es zu einem Produktionsstopp im Osten Libyens kommen, wäre El Feel im Südwesten Libyens mit einer Kapazität von 130.000 Barrel pro Tag das einzige noch produzierende Ölfeld.
Das Land verfügt über die größten bekannten Rohölreserven Afrikas, fällt jedoch aufgrund des Konflikts im Land bei der Produktion immer weiter zurück. Seit dem Aufstand im Jahr 2011 fehlt es an Stabilität. 2014 spaltete sich das Land in östliche und westliche Lager, die schließlich russische und türkische Unterstützung erhielten.