Markiert der ISM-Index einen Wendepunkt für die Märkte?

Veröffentlicht am 03.06.2014, 10:29

In der Vorwoche hatten die Börsianer Grund zum Feiern, nachdem mehrere Indizes – unter anderem der DAX und der S&P 500 – auf neue Allzeithochs ausgebrochen sind. In dieser Woche fordern etliche Termine wieder die ganze Aufmerksamkeit der Anleger. Am wichtigsten dürfte dabei die Veröffentlichung des ISM-Index in den USA sein.

Die Arbeitsmarktzahlen treten wieder in den Hintergrund

Die erste Juniwoche ist mit wichtigen Terminen prall gefüllt. In Europa wird natürlich vor allem die EZB-Sitzung am Donnerstag mit Spannung erwartet, verbunden mit der Antwort auf die Frage, welche geldpolitischen Lockerungen die EZB nun tatsächlich beschließen wird. Die Börsen haben dieses Thema bereits im Vorfeld größtenteils verarbeitet. Daher dürften nun wieder die Konjunkturdaten aus den USA nachhaltigere Auswirkungen auf die Märkte haben.

Dabei könnte der US-Arbeitsmarktbericht am Freitag erheblich weniger Bedeutung erlangen als in den vergangenen Monaten. Denn die Fed hat inzwischen die Arbeitslosenquote als Kriterium für ihre geldpolitischen Maßnahmen auch offiziell gestrichen. Hinzu kommt, dass die Zahlen zur Beschäftigungssituation nachlaufenden Charakter für die Konjunktur haben. Denn erst nachdem sich die Wirtschaftslage gebessert hat und z.B. mehr Aufträge vergeben wurden, steigt die Zahl der Jobs infolge von Neueinstellungen. Damit sollten auch die ADP-Daten vom Mittwoch weniger Aufmerksamkeit erhalten als in den vergangenen Monaten, zumal sie erfahrungsgemäß als Vorabindikator für die offiziellen Zahlen zumeist nur bedingt geeignet sind.

Die Konjunkturfrühindikatoren gewinnen an Bedeutung

Für die Börsianer dürften daher die einschlägigen Frühindikatoren zur Konjunkturlage wieder an Bedeutung gewinnen. Denn wie bereits in der Vorwoche erläutert (siehe Steffens Daily vom 26.05.2014), ist eine erstarkende Wirtschaft die beste Absicherung vor einer Aktienmarktschwäche, wenn die Fed ihre geldpolitische Lockerung planmäßig weiter zurückfährt und womöglich in der ersten Hälfte 2015 die Zinsen wieder erhöht.

Und die beiden wichtigsten Frühindikatoren für die US-Wirtschaft werden ebenfalls in dieser Woche veröffentlicht: die für den ISM-Index des verarbeitenden Gewerbes (gestern) bzw. den Dienstleistungssektor (am Mittwoch).

Diese Zahlen gewinnen nun schon deswegen an Bedeutung, weil das erste Quartal in den USA ungewöhnlich verlief. Die zweite Schätzung zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den USA aus der Vorwoche ergab einen enttäuschenden Wert von -1 %. Das ist nicht nur der schlechteste Wert seit drei Jahren, sondern blieb auch deutlich hinter den Erwartungen (-0,5 %) zurück, nach dem die erste Schätzung vor einigen Wochen immerhin noch ein Mini-Plus von 0,1 % brachte. BIP-Rückgang im ersten Quartal lässt die Börsen unbeeindruckt
Angesichts der Feierlaune der Börsianer in der Vorwoche konnte dieser schwache Wert die Märkte nicht beeindrucken, zumal die Schwäche im ersten Quartal zum Großteil auf den strengen Winter zurückgeführt wird. Außerdem betrifft diese Zahl die Vergangenheit und die Börsen handeln ja bekanntlich die Zukunft. Und da erwarten Analysten und Anleger nun natürlich einen kräftigen Nachholeffekt.

Und tatsächlich scheinen die jüngsten Zahlen den Optimisten Recht zu geben. Nachdem vor zwei Wochen bereits die Neubauverkäufe stärker als erwartet zulegten, wurden nun auch deutliche bessere Häuserpreise gemeldet. Zudem lagen auch die Auftragseingänge für langlebige Güter über den Analystenschätzungen und die Verbraucherstimmung verbesserte sich, insbesondere, was den Arbeitsmarkt betrifft. Die Aktienkurse dürften bei ihrem Ausbruch auf neue Hochs in der Vorwoche auch von diesen guten Nachrichten profitiert haben.
Doch diese Zahlen sind bestenfalls der Anfang eines neuen möglichen Aufwärtstrends und nach den vorherigen, eher ernüchternden Zahlen nur erste Indizien für eine bevorstehende Besserung. Deshalb sind auch die ISM-Daten so wichtig, geben sie doch eine Art Querschnitt der Stimmung in der Wirtschaft wieder – von der Auftragslage über die Preisdynamik bis zur Beschäftigungslage.

Der ISM-Index setzt seine Erholung vorerst nicht fort

Aber sie sind auch aus einem anderen Grund von hoher Bedeutung. Die de facto inzwischen ebenfalls beendete Quartalsberichtssaison der Unternehmen unterschied sich kaum von den vorherigen: Die vorgelegten Ergebnisse erfüllten gerade so die Erwartungen, die zuvor erneut deutlich gesenkt wurden. Die Ausblicke – sowohl auf das zweite Quartal als auch den Rest des Jahres – blieben tendenziell eher verhalten und gaben dem Konjunkturoptimismus der Börsianer keine Nahrung. (Einige Ökonomen senkten daher auch ihre Konjunkturprognosen für die USA für 2014!)

Nachdem insbesondere der ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe im Januar (witterungsbedingt?) kräftig einbrach (siehe folgende Grafik), ist die entscheidende Frage, ob die seitdem erkennbare Erholung fortgesetzt wird oder nur ein Strohfeuer bleibt.
ISM
Quelle: Institute for Supply Management Wie ist die Stimmung in den Unternehmen?

Im April konnte sich der ISM-Index jedenfalls erst einmal wieder deutlicher aus der Bodenbildungszone oberhalb der 50-Punkte-Linie (der Scheidemarke zwischen Wachstum und Stagnation) befreien. Nach den gestern veröffentlichten Daten fiel er im Mai wieder zurück (siehe rote Markierung), während die Analysten einen leichten Anstieg erwartet hatten.
Damit bestätigt der ISM-Index die auch während der Berichtssaison zum Ausdruck gekommene gedämpfte Stimmung in den Unternehmen. Interessant wird nun, ob am Mittwoch der Wert für das Dienstleistungsgewerbe ebenfalls Schwächesignale sendet. Immerhin ist das Dienstleistungsgewerbe für knapp 80 % der Wirtschaftsleistung in den USA verantwortlich und damit längst bedeutsamer als das verarbeitende Gewerbe.

Der DAX drehte jedenfalls infolge der schlechten ISM-Daten nach einem freundlichen Beginn wieder ins Minus. Das ist verständlich, aber es bleibt zu hoffen, dass damit nicht ein Wendepunkt für die Märkte markiert wurde. Dieser droht, wenn die Kurse kurzfristig wieder unter das alte Allzeithoch bei 9.800 Punkten zurückfallen. Der Juni könnte damit zu einem entscheidenden Monat für den weiteren Börsenverlauf werden.

Torsten Ewert
Stockstreet GmbH

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