Hierzulande nimmt die Quartalsberichtssaison langsam Fahrt auf, während sie in den USA bereits in vollem Gange ist. Dort haben bereits mehr als 200 der 500 Unternehmen im S&P 500 ihre Ergebnisse vorgelegt, die für mehr als die Hälfte der Marktkapitalisierung des US-Leitindex stehen.
Der Finanzsektor verhagelt die Gesamtbilanz
Im Grunde verläuft die aktuelle Berichtssaison weitgehend normal: Das Wachstum bleibt eher schwach, vor allem bei den Umsätzen. Hier gelingt es nur wenigen Unternehmen, die Analysten positiv zu überraschen. Immerhin bleibt das Umsatzwachstum mit rund 3,6 % auf vergleichbarem Niveau wie im vierten Quartal und damit leicht über dem durchschnittlichen Zuwachs der vergangenen vier Quartale, der bei rund 3,4 % lag.
Das Gewinnwachstum bleibt hingegen mit einem schwächlichen Plus von knapp 3 % deutlich hinter dem Anstieg des Vorquartals (+ 16 %) und dem Vier-Quartals-Durchschnitt (+8,4 %) zurück. Dass dieses eher enttäuschende Ergebnis nicht zu stärkeren Auswirkungen auf die Kurse geführt hat, liegt einzig und allein daran, dass in den Wochen vor Beginn der Berichtssaison die Analysten und Investoren ihre Erwartungen immer weiter nach unten geschraubt hatten. Und da diese niedrigen Erwartungen nun mehr oder weniger erfüllt werden, reagieren die Kurse kaum noch auf die Ergebnisse.
Hinzu kommt: Die auf den ersten Blick wenig ermutigenden Resultate gehen in erster Linie auf das schwache Abschneiden des Finanzsektors zurück. Rechnet man dessen Ergebnisrückgang von 8,4 % heraus, kommen die restlichen Branchen im S&P 500 bis jetzt immerhin auf einen Gewinnanstieg von 6,9 % (inklusive Finanzsektor: +2,9 %). Der Finanzsektor selbst ist wiederum vor allem aufgrund des schlechten Abschneidens der Bank of America derart schwach. Wenn man nur deren Ergebnis aus der Berechnung außen vor ließe, stiege der Gewinnzuwachs für die restlichen S&P 500-Unternehmen auf immerhin 4,8 %.
Erste Lichtblicke erfreuen Anleger und Analysten
Ganz so schlecht, wie die nackten Zahlen es suggerieren, scheint also die Lage dann doch noch nicht zu sein. Auch wenn die Prognosen der Unternehmen für den weiteren Jahresverlauf vorerst immer noch verhalten sind, gibt es durchaus einige Lichtblicke – zum Beispiel aus dem Technologiesektor. Hier überraschten einige Unternehmen überaus positiv und stellten darüber hinaus vor allem weiter steigende Umsätze und Gewinne in Aussicht.
Derartiges freut natürlich Anleger und Analysten. In der Folge stiegen daher trotz der vergleichsweise durchwachsenen Zahlen inzwischen wieder die Schätzungen für das Gesamtjahr (siehe folgende Grafik).
Quelle: Standard & Poor‘s
Gegenüber der Ausgangssituation vor dem Start der Quartalsberichtssaison (siehe erste Grafik im Steffens Daily vom 07.04.2014) ist das eine deutliche Verbesserung der Lageeinschätzung durch die Investoren. Immerhin wurde der damals wieder aufgenommene Abwärtstrend bei den Gewinnerwartungen vorerst gestoppt. Noch kein Trendwechsel, aber vielversprechender Optimismus
Ein Trendwechsel, also ein nachhaltiger weiterer Anstieg der Kurve, liegt damit aber immer noch in weiter Ferne. Denn auch bei früheren Gelegenheiten schien sich eine Stabilisierung oder gar Erholung der Gewinnschätzungen abzuzeichnen (siehe gelbe Markierungen in der Grafik). Letztlich wurde aber der Abwärtstrend immer wieder fortgeführt. Und auch das „Margenproblem“ (siehe zweite Grafik im oben genannten Steffens Daily) bleibt weiterhin als potenzielles Bedrohungsszenario bestehen.
Dennoch ist der wieder aufkeimende Optimismus aus fundamentaler Sicht ein rundum positives Zeichen. Bleibt zu hoffen, dass er sich auch im weiteren Verlauf der Berichtssaison halten kann und idealerweise sogar weiter festigt. Ob damit die traditionelle schwache Börsenphase, die häufig mit dem Mai beginnt („Sell in May…“), verhindert werden kann, bleibt abzuwarten.
Torsten Ewert