Donald Trump ist das neue Comeback Kid. Den Titel hatte bisher der ehemalige US-Präsident Bill Clinton für sich beansprucht, nachdem er 1992 in den Vorwahlen der Demokraten unerwartet im wichtigen Bundesstaat New Hampshire den zweiten Platz nach Paul Tsongas erreichte und letztlich im November 1992 zum 42. Präsidenten der USA gewählt wurde. Diesen Titel hat am 06. November 2024 nun Donald Trump geerbt, nachdem er entgegen allen Vorhersagen die US-Wahlen im Sturm gewann und obendrein noch die Republikaner im Senat die Mehrheit zurückeroberten.
Trump ist damit der stärkste US-Präsident der modernen Geschichte. Er hat geschafft, was vor ihm nur ein anderer Präsident geschafft hat: Wiedergewählt zu werden, nachdem er die erste Wiederwahl verloren hatte. Diesen Herkulesakt hatte vor ihm nur Grover Cleveland geschafft, der der 22. (1885 bis 1889) und 24. (1893 bis 1897) Präsident der USA war. Doch damit nicht genug:
Das neue Comeback Kid
Der Rückhalt in der Bevölkerung ist ausgesprochen groß. Trump hat die Wahl nicht mit einem kleinen Vorsprung gewonnen, sondern mit der breiten Unterstützung der Wahlmänner. Selbst auf Ebene der Popular Vote liegt Donald Trump weit vor seiner Kontrahentin Kamala Harris. Die endgültigen Zahlen stehen noch nicht fest, aber der Abstand beträgt geschätzte 5 Millionen Stimmen. Und das ist keine Selbstverständlichkeit: Trump ist der erste republikanische Kandidat seit 20 Jahren (George W. Bush 2004), der die Popular Vote gewonnen hat.
Die Angriffe in den vergangenen Jahren haben Trump als Person zudem nur gestärkt. Keine der Attacken hat ihn geschwächt. Weder die Attentate noch die zahlreichen Klagen haben ihr Ziel erreicht, ihn zu stoppen. Ganz im Gegenteil: Der Supreme Court hat Trump mehr oder wenige Immunität bestätigt, womit dem 47. Präsident keine Grenzen mehr gesetzt sind. Interessant wird es daher zu beobachten sein, inwiefern Trump sich an seinen ärgsten Kontrahenten rächen wird.
Mit dem Kongress kann Trump durchregieren
Mit etwas Glück werden die Republikaner auch den gesamten Kongress gewinnen. Den Senat hatten sie bereits in der Tasche, bevor der Wahlsieg für Trump selbst feststand. Damit haben die Demokraten ihre schmale Mehrheit im Oberhaus verloren, die zuletzt aus 47 demokratischen und vier unabhängigen Senatoren bestand. Im Repräsentantenhaus hatten die Republikaner bereits die Mehrheit, aber nur eine schmale von 220 zu 212 Stimmen. Noch sind die Stimmen nicht ausgezählt, aber die Republikaner liegen auch im Unterhaus erneut vorne.
Gewinnt Trump den Kongress, kann er durchregieren. Im Gegensatz zu Kamala Harris hat Donald Trump eine sehr detaillierte Agenda, was er in den kommenden vier Jahren umsetzen will, wobei die ersten beiden Jahre die größte Bedeutung haben, da Ende 2026 bereits wieder die Midterms anstehen, wo Teile des Kongresses neu gewählt werden. Alle Gesetzesinitiativen, die man umsetzen will, werden daher gleich zu Beginn der Präsidentschaft ab Ende Januar 2025 umgesetzt werden.
Drei Pfeiler definieren eine Administration Trump
Und Trump haben wir bereits im Amt erlebt. Die erste Präsidentschaft wirkte im Hinblick auf die politischen Ziele sehr improvisiert und aus der Hüfte geschossen. Was ohne Zweifel daran lag, dass Trump selbst nicht damit gerechnet hatte, dass er gewinnen wird. Das sieht dieses Mal ganz anders aus. Die Republikaner sind ausgezeichnet darauf vorbereitet, ihre politische Agenda schnell umzusetzen. Neben zahlreichen Nebenzielen liegt der Fokus im Wesentlichen auf drei Themenbereichen: 1) Steuersenkungen, 2) Deregulierung und 3) die Implementierung einer bilateralen und transaktionsorientierten Außenpolitik.
Die Steuerpolitik wird der dominierende Pfeiler einer Trump Administration sein. Im Mittelpunkt steht dabei vor allem der Tax Cuts and Jobs Act (TCJA), den Trump in seiner ersten Amtsperiode durchsetzte. Teile davon werden regulär 2025 auslaufen, was automatisch zu Steuererhöhungen führen würde. Das wollen die Republikaner verhindern und die Steuersenkungen für die Zukunft permanent machen, gepaart mit zahlreichen anderen Steuersenkungsvorhaben und Abschreibungsmöglichkeiten.
Das Thema Regulierung fokussiert sich vor allem auf die Finanz- und Energiebranchen. Beide zählen neben der Informationstechnologie zu den größten Gelddruckmaschinen der Wirtschaft. Darüber hinaus bieten sie der US-Regierung die Möglichkeit, indirekt politischen Einfluss auf andere Länder zu nehmen. Diese Kräfte will Trump maximieren, indem man die beiden Branchen in Zukunft von ihren Fesseln befreit, damit sie sich wieder frei entfalten können.
Die klassische amerikanische Außenpolitik wird Trump komplett auf Links drehen. Seit dem Ende des 2. Weltkrieges haben die Amerikaner die Außenpolitik genutzt, um ihren wirtschaftlichen und politischen Einfluss zu maximieren, indem man ein komplexes Geflecht aus Kooperationen und multilateralen Entitäten schuf, die mit der Unterstützung der Partner auch die implizite Verpflichtung brachte, die Interessen der Amerikaner auf allen Ebenen zu fördern.
Trump hingegen ist bilateral orientiert, arbeitet also nicht mit Institutionen wie dem IWF, der Weltbank oder den Vereinigten Nationen, sondern greift zum Hörer und verhandelt direkt mit seinem Gegenüber, wenn dieser wichtig genug ist. Für alle anderen würde Trump im klassischen Stil einer Monarchie Hof halten und sich umwerben lassen. Der Verhandlungsstil ist dabei einfach und einprägsam: Zuckerbrot und Peitsche, wobei das Zuckerbrot aus dem Erhalt des politischen und wirtschaftlichen Status Quo und die Peitsche aus dem Verlust des Status Quo besteht.
Trump Kurs sehr wirtschaftsfreundlich
Abstrakt gesprochen besteht der Trump-Trade im Wesentlichen aus Aktien long, Anleihen short, Krypto long und Dollar long. Dabei reichen die Profiteure von kleinen bis zu großen Banken über Versicherungen, Private Equity und Private Debt Gesellschaften, Energiekonzernen bis hin zu privaten, börsennotierten Gefängnisbetreibern. Auch die klassischen Versorger (NYSE:XLU) werden von einer Absage an die internationalen Klimaziele profitieren, während Unternehmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien das Nachsehen haben.
Der Anleihemarkt ist skeptisch, denn unter einer Administration Trump wird im Zweifel die Verschuldung des Staates noch einmal erheblich ausgeweitet, was mit der bilateralen Außenpolitik kollidiert. Denn die USA sind traditionell auf Kapitalzuflüsse aus dem Ausland angewiesen, um den Preis ihrer Verschuldung niedrig zu halten. Auch steht infrage, ob die Federal Reserve ihren Zinssenkungskurs im bisher geplanten Umfang umsetzen wird. Der Anleihemarkt beginnt auch bereits einzupreisen, dass die Zinsen weniger stark gesenkt werden, da die Politik Trumps als inflationsfördernd angesehen wird.
Die kommende neue Ausrichtung der amerikanischen Politik muss aber immer im Kontext der Konjunkturentwicklung gesehen werden. Generell gesprochen hat die Konjunkturentwicklung einen wesentlich größeren Einfluss auf die Wall Street als das Weiße Haus. Aber die Trump Administration wird in jedem Fall mit ihren Initiativen die Stimmung am amerikanischen Kapitalmarkt steuern, die erhebliche Auswirkungen auf die Bewertungen der Assets haben kann. Insofern werden die kommenden Tage und Wochen ausgesprochen spannend für alle Börsianer.
Ein Artikel von
Mikey Fritz
Chefredakteur Zürcher Finanzbrief