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Aktienrückkäufe von Unternehmen: Wildern hier räuberische Wölfe im Schafspelz?

Veröffentlicht am 06.11.2024, 07:10
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Aktienrückkäufe sind zu einem brisanten Thema geworden, das zunehmend die Aufmerksamkeit von Regulierungsbehörden und politischen Entscheidungsträgern auf sich zieht. In Washington wird bereits seit einigen Jahren darüber diskutiert, ob Rückkäufe besteuert oder gar eingeschränkt werden sollten.

Interessanterweise waren Aktienrückkäufe in der Vergangenheit bereits als Marktmanipulation verboten. Doch 1982 öffnete die US-Börsenaufsicht SEC mit Regel 10b-18 wieder die Türen und legalisierte Rückkäufe auf dem offenen Markt.

Ursprünglich sollten Rückkäufe Unternehmen mehr Flexibilität bei der Verwaltung ihres Kapitals bieten. Heute haben sie sich jedoch oft zu Instrumenten entwickelt, die eher den Interessen des Managements dienen als dem Wert für die breitere Aktionärsgemeinschaft.

In diesem Artikel werfen wir einen Blick darauf, wie Rückkäufe funktionieren, wie sie die Märkte beeinflussen und ob sie tatsächlich Kapital an die Aktionäre zurückgeben – oder ob sie eher dazu genutzt werden, um Insidergewinne zu maximieren.

Die Entwicklung der Aktienrückkäufe: Ein Blick auf die Zahlen

Seit 2003 haben US-Unternehmen über 11 Billionen USD in Aktienrückkäufe investiert. In den letzten Jahren stiegen die Rückkäufe sogar in volatilen Märkten stetig an:

  • 2021: 881 Mrd. USD
  • 2023: 795 Mrd. USD
  • 2024 (Prognose): Erwartet wird ein neuer Höchststand von über 925 Mrd. USD.

Genehmigungen zum Aktienrückkauf in den USA

Selbst die Einführung einer 1 %-Steuer auf Unternehmensrückkäufe im Jahr 2023 hat diesen Trend kaum gebremst. Viele Unternehmen bevorzugen Rückkäufe immer noch gegenüber Investitionen in ihr Wachstum, Lohnerhöhungen für ihre Mitarbeiter oder die Entwicklung neuer Technologien.

Zu den Unternehmen, die jährlich Milliarden für Rückkäufe ausgeben, zählen Apple (NASDAQ:AAPL) und Meta (NASDAQ:META). Durch ihre Rückkäufe stützen sie ihre Aktienkurse und erfüllen so die Erwartungen ihrer Aktionäre.

Wie Rückkäufe die Märkte beeinflussen

Der Einfluss von Rückkäufen geht über die Kursentwicklung der einzelnen Unternehmen hinaus. Seit dem Jahr 2000 machen die Nettorückkäufe von Unternehmen 100 % der Nettokäufe von Vermögenswerten am Aktienmarkt aus - ein Zeichen dafür, dass die Beteiligung von Pensionskassen, Investmentfonds und Privatanlegern zurückgegangen ist:

  • Renten- und Investmentfonds: -2,7 Bio. USD
  • Private Haushalte und ausländische Investoren: +2,4 Bio. USD
  • Unternehmen (Rückkäufe) +5,5 Bio. USD
  • Nettofluss: +5,2 Bio. USD

Nettonachfrage nach US-Aktien

Es wird oft behauptet, dass Unternehmensrückkäufe die Aktienkurse nur begrenzt beeinflussen. Seit 2012, als die Unternehmen sehr aggressiv mit Rückkäufen begannen, sind die gegenteiligen Beweise sehr überzeugend.


Veränderungen bei den Aktienrückkäufen

Dieser Trend gibt Anlass zu großer Sorge. Rückkäufe stützen die Aktienkurse zwar vorübergehend, können aber Investitionen in Innovation, Kapitalausgaben und Mitarbeitervergütung verdrängen und so langfristig zu wirtschaftlicher Stagnation und Ungleichheit beitragen.

Wer profitiert eigentlich am meisten von Aktienrückkäufen?

Viele Analysten sagen, Rückkäufe seien ein guter Weg, um überschüssiges Kapital an die Aktionäre zurückzugeben. In der Praxis sieht das aber oft anders aus. Tatsächlich sind es häufig Insider, die von Aktienrückkäufen am meisten profitieren – etwa durch gezielte Verkäufe zum richtigen Zeitpunkt oder durch optimierte Kennzahlen, die Bonuszahlungen und Vergütungen auslösen:

Timing von Insider-Verkäufen und Rückkäufen

  • Führungskräfte, die über geplante Aktienrückkäufe informiert sind, nutzen oft die Rückkaufphasen, um ihre eigenen Aktien zu verkaufen – zu Zeiten, in denen die Kurse durch die Käufe des Unternehmens vorübergehend hoch sind.

  • Diese Praxis ermöglicht es Insidern, ihre Gewinne zu steigern, ohne dass es dabei zu spürbaren Kurseinbrüchen oder regulatorischen Eingriffen kommt.

Steigerung des Ertrags pro Aktie (EPS) zur Freisetzung von Boni

  • Durch Rückkäufe sinkt die Zahl der im Umlauf befindlichen Aktien, was den Ertrag pro Aktie künstlich erhöht.
  • Da die Vergütungspakete vieler Führungskräfte an das EPS-Wachstum gekoppelt sind, unterstützen Rückkäufe sie dabei, ihre Ziele zu erreichen und leistungsbezogene Boni in Form von Aktienprämien zu sichern.

Ausgleich der Verwässerung durch Aktienoptionen und RSUs

  • Rückkäufe kompensieren die Ausgabe von Aktien durch Optionen und Restricted Stock Units (RSUs) und verhindern so eine Verwässerung. Damit bleiben die Aktienkurse auf einem hohen Niveau – ein Vorteil, von dem insbesondere die Insider profitieren.

Obwohl Rückkäufe für Führungskräfte vorteilhaft sind, bringt die Strategie dem durchschnittlichen Aktionär nur dann einen Gewinn, wenn er seine Aktien während der Rückkaufphase verkauft. Dies schafft eine ungleiche Verteilung der Erträge, die Insider und kurzfristige Händler gegenüber langfristigen Investoren bevorzugt.

Unternehmen bezeichnen Rückkäufe oft als „Kapitalrückzahlung an Aktionäre.“ Tatsächlich ist dieser Begriff jedoch etwas irreführend: Im Gegensatz zu Dividenden, die an alle Aktionäre gleichmäßig ausgezahlt werden, profitieren von Rückkäufen nur diejenigen, die ihre Aktien zu diesem Zeitpunkt verkaufen. Rückkäufe verdeutlichen daher häufig:

  • eine Bevorzugung kurzfristiger Kursgewinne gegenüber langfristigen Investitionen,
  • das Fehlen von Geschäftsmöglichkeiten zur Reinvestition oder eine bewusste Entscheidung, diese zu umgehen,
  • und eine Konzentration der Vorteile auf Führungskräfte und Insider, deren Vergütung stark von der Kursentwicklung abhängt.

Eine Untersuchung der US-Börsenaufsicht SEC zeigt, dass Führungskräfte oft kurz nach der Ankündigung von Rückkäufen größere Mengen an Aktien verkaufen. Dies verstärkt den Eindruck, dass Rückkäufe eher den Insidern als den langfristigen Aktionären zugutekommen.

Alternativen zu Rückkäufen: Echte Strategien zur Rückführung von Kapital

Um nachhaltiges Wachstum und gerechte Renditen zu fördern, könnten die Unternehmen ihren Schwerpunkt von Rückkäufen auf transparentere und aktionärsfreundlichere Strategien verlagern.

Rücknahmeangebote

  • Bei Rücknahmeangeboten werden die Aktien zu einem vorher festgelegten Aufschlag zurückgekauft, so dass alle Aktionäre eine faire Chance zur Teilnahme haben.
  • Dieses Verfahren verringert das Risiko von Manipulationen und ist besser auf die Interessen der Aktionäre abgestimmt.

Dividenden

  • Dividenden bieten allen Aktionären ein vorhersehbares Einkommen und fördern die finanzielle Stabilität, insbesondere für Ruheständler und langfristige Anleger.
  • Regelmäßige Dividendenzahlungen ermutigen die Unternehmen, sich auf die Rentabilität zu konzentrieren und nicht auf vorübergehende Kurssteigerungen.

Langfristige Investitionen in Wachstum

  • Unternehmen können über die Zeit nachhaltigen Mehrwert schaffen, indem sie ihre Gewinne in Forschung, Innovation und Mitarbeitervergütung reinvestieren.
  • Mit diesem Ansatz wird die Unternehmensführung auf ein breiteres Wirtschaftswachstum ausgerichtet und nicht auf kurzfristige Finanztechnik.

Rückkäufe durch Unternehmen können zwar kurzfristig die Aktienkurse stützen, tragen aber wenig zur Verbesserung der langfristigen Unternehmensleistung bei.

Studien, u.a. Research der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, haben gezeigt, dass Rückkäufe der Manipulation des Gewinns pro Aktie Vorrang vor der tatsächlichen Wertschöpfung geben. Dieser Schwerpunkt auf Aktienkursgewinne mindert die Priorität von Investitionen in Produktionsanlagen und Innovationen und schwächt die Fähigkeit der Unternehmen zu nachhaltigem Wachstum.

William Lazonick hat in seinem bahnbrechenden Artikel "Profits Without Prosperity" hervorgehoben, wie Aktienrückkäufe Unternehmensressourcen vom Wirtschaftswachstum abziehen und in die Vergütung von Führungskräften fließen lassen Lazonick bezeichnet diese Praxis als "Räuberischen Wertentzug." 

Zwischen 2003 und 2012 verwendeten S&P 500-Unternehmen 54 % ihrer Gewinne für Rückkäufe und weitere 37 % für Dividenden (91 % der Gesamterträge), sodass nur wenig für die Expansion der Geschäftstätigkeit, Löhne oder Investitionen in die Schaffung von Arbeitsplätzen übrig blieb.

Fazit: Die Abkehr von Rückkäufen ist notwendig

Unternehmensrückkäufe werden als "Rückführung von Kapital" vermarktet, dabei kommen sie in erster Linie Insidern und kurzfristigen Händlern zugute. Der Anstieg dieser Transaktionen spiegelt eine umfassende Verlagerung der Unternehmensprioritäten wider - von Investitionen in Wachstum und Innovation hin zur Maximierung der Vergütung von Führungskräften durch Finanztechnik.

Um den langfristigen Aktionärswert und den wirtschaftlichen Wohlstand zu fördern, sollten die Unternehmen transparentere Strategien für die Rückführung von Kapital verfolgen, wie z. B. Rückkaufangebote und die Zahlung von Dividenden.

Diese Verfahren sorgen für eine gerechtere Verteilung der Gewinne und fördern ein nachhaltiges Wachstum. Eine Verlagerung dieses Schwerpunkts könnte das Vertrauen zwischen Unternehmen und Aktionären wiederherstellen und die Strategien der Unternehmen mit dem allgemeinen wirtschaftlichen Wohlergehen in Einklang bringen.

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