Schnellere Genehmigungen für Bergbauprojekte, eine wettbewerbsrechtliche Erleichterung für Offtake-Agreements, strategische Vorräte und Metallpreis-Benchmarks: Ein neuer Bericht für die EU-Kommission nennt eine Reihe von Möglichkeiten für mehr europäische Rohstoff-Souveränität.
Der ehemalige Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, hat in der vergangenen Woche einen vor einem Jahr durch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beauftragten Bericht über die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union vorgestellt. In dem Bericht geht es auch um Europas Zugang zu wichtigen Rohstoffen.
Gefordert wird ein deutlicher Ausbau der Rohstoffgewinnung durch Bergbau. Möglich werden soll dies durch eine Vereinfachung der Genehmigungsverfahren in den Mitgliedsstaaten. Der Critical Raw Materials Act (CRMA) der EU sieht bereits kürzere Zeiträume – 27 Monate für Fördergenehmigungen und 15 Monate für die Bearbeitung – vor.
Bergbau ausbauen: Weniger Bürokratie, erleichterte Offtake-Agreements
Draghi schlägt also vor, hier noch einmal nachzubessern. Dazu sollen vorab festgelegte Personalressourcen für strategische Projekte bereitgestellt werden. Solche Projekte sollen zudem als "zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses" (imperative reasons of overriding public interest, IROPI) berücksichtigt werden. Dies würde insbesondere erfolgreiche Klagen vor Gericht gegen die Projekte erschweren.
Auch die gegenwärtigen EU-Wettbewerbsregeln sollen überarbeitet werden. Diese sind bei vertikalen Vereinbarungen strenger als die etwa die US-Kartellregeln und erschweren damit die Integration von Projekten entlang der Wertschöpfungskette. Der Bericht betont etwa die Bedeutung für Abnahmevereinbarungen für endgültige Investitionsentscheidungen.
Draghi schlägt vor, die bestehende EU-Strategie für kritische Rohstoffe durch weitere Maßnahmen zu stärken. Zu diesen Maßnahmen zählt ein Dachfonds, der die Mittel der Mitgliedstaaten, Finanzinstitute und Großinvestoren bündeln soll.
"Made in EU" als Bedingung für Förderung?
Dadurch sollen Investitionsrisiken entlang der Wertschöpfungskette für kritische Rohstoffe verringert werden. Kurzum: Durch Garantien, Zuschüsse und öffentlich-private Partnerschaften sollen mehr private Investitionen ermöglicht werden.
Auch die Europäische Investitionsbank (EIB) soll eine aktivere Rolle spielen und bestehende Instrumente zur Projektfinanzierung und Risikominimierung direkt auf strategische Projekte in der gesamten EU ausrichten.
So sollen EIB-Kredite für die Herstellung von Elektrofahrzeugen und Batteriezellenanlagen einen Mindestanteil von in der EU verarbeiteten kritischen Mineralien vorschreiben. Auch die Idee, jegliche Unterstützung der öffentlichen Hand von der Verwendung solcher "inländischen" Erzeugnisse abhängig zu machen, findet sich in dem Bericht. Hier bestehen große Überschneidungen zum Inflation Reduction Act (IRA) in den USA.
Als weitere mögliche Instrumente schlägt der Bericht Steueranreize zur Förderung von Risikokapital, aber auch Differenzverträge vor.
EU soll strategische Vorräte anlegen
Draghis Bericht schlägt auch die Schaffung strategischer Vorräte für kritische Mineralien auf EU-Ebene vor. Solche strategischen Reserven sind in anderen Ländern üblich und dienen zu einer gewissen Immunisierung gegenüber Versorgungsengpässen und Preisschwankungen.
Vorgeschlagen wird ein rotierendes Lagersystem, das Rohstoffe einkauft, lagert und zyklisch an die Abnehmer aus der Industrie verkauft. Das Lagersystem könnte kurzfristige Angebotsschocks ausgleichen.
Auch der Vorschlag für eine Zentralisierung aller Aktivitäten mit Bezug zu kritischen Rohstoffen findet sich in dem Bericht. Die "EU-Plattform für kritische Rohstoffe" soll von der Risikoüberwachung der Lieferkette bis hin zur Koordinierung gemeinsamer Einkäufe kritischer Materialien alles koordinieren. Dadurch sollen nicht zuletzt günstigere Bedingungen mit Rohstoffexporteuren ausgehandelt werden können.
Metallpreis-Benchmarks
Zu den vorgeschlagenen Maßnahmen zählen auch Metallpreis-Benchmarks. Diese müssten speziell für die EU entwickelt werden. Die Benchmarks könnten – sofern sie in Verträgen und am Spotmarkt ausreichend Bedeutung entwickeln – ein "stabileres Investitionsumfeld" schaffen. Ähnliche Ideen gab es bereits in den USA.
Die Benchmarks sollen Draghi zufolge mehr Transparenz auf den Märkten für Lithium, Kobalt und Seltene Erden schaffen und eine ineffiziente Preisfindung verhindern sowie die damit einhergehende Volatilität eindämmen.
Gemeint sein dürften letztlich Mindestpreise in der einen oder anderen Form, mit denen das Problem der chinesischen Billigimporte gelöst werden soll. Erkennbar wird dies nicht zuletzt daran, dass die Benchmarks auch klare Definitionen verantwortungsvoller Bergbaupraktiken und harmonisierter ESG-Standards beinhalten sollen.