Ruhe an den Märkten ohne US-Handel

Veröffentlicht am 19.02.2013, 10:23
Der Euro eröffnet heute (07.48 Uhr) bei 1,3355, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im europäischen Handel bei 1,3322 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 93,65. In der Folge notiert EUR/JPY bei 125,05, während EUR/CHF bei 1,2330 oszilliert.

Der Feiertag (President’s Day) in den USA lieferte gestern den Anlass, dass der Handel ruhig verlief. Die Marktbewegungen waren in der Folge unausgeprägt. Dieses Phänomen, dass der internationale Handel ohne US-Märkte lethargisch verläuft, ist ein wiederkehrendes Muster.

Was lässt sich aus diesem Umstand ableiten?
Ruhe an Märkten ohne US-Handel deutet darauf hin, dass wir in Europa verstanden haben, dass Finanzmärkte nicht Selbstzweck sind, sondern eine dienende Funktion für die Realwirtschaft einzunehmen haben?

Na, das wäre doch wohl etwas weit gesprungen, obwohl diese Aussage in der Tendenz in Ansätzen richtig ist.
  • Fakt ist, dass „Ballyhoo“ nach Machart der US-Finanzmärkte in Europa eher unausgeprägt ist.
  • Fakt ist leider auch, dass das kontinentaleuropäische Selbstbewusstsein der Kapitalmarktteilnehmer im Laufe der letzten gut 20 Jahre latent geringer geworden ist. Die Bereitschaft, den aus NY und London gesetzten Themen unkritisch zu folgen, war und ist ausgeprägt (Neuer Markt, MBS, „Silly Greenspan Paradigms“, Ignoranz gegenüber sauberer kontinentaleuropäischer Analyse …).
„US-Ballyhoo“ und das verminderte kontinentaleuropäische Selbstbewusstsein sind wesentliche Katalysatoren für die im Zeitverlauf zunehmende Unterordnung des europäischen Finanzplatzes.

Bohren wir etwas tiefer!
Haben wir uns die Frage gestellt, warum „Ballyhoo“ aus den USA so erfolgreich ist? Hat das unter Umständen mit den Veränderungen der Bilanzierungsstandards ab 1990 zu tun? In den 70/80er Jahren haben „wir“ im Finanzzentrum Frankfurt in unserer Zeitzone die Devisenmärkte gemacht. Marktmacht und Technologievorsprung zeichneten den Finanzplatz Frankfurt bis Ende der 80er Jahre aus. Die Veränderung der Bilanzierungsstandards auf extreme Kurzfristigkeit haben den „Speck“ der stillen Reserven vernichtet, der nachhaltige Eigenpositionierung der Banken ohne Systemrisiko erlaubte. Mehr noch haben die USA Basel II angeschoben und selbst nie umgesetzt und sich damit nachhaltige Vorteile in der Risikotragfähigkeit der Banken verschafft. Mit der Umsetzung von Basel II wurden europäische Finanzinstitutionen berechenbarer dank verminderter Risikotragfähigkeit bedingt durch stärkere Eigenkapitalunterlegung der Bankgeschäfte.

Jetzt werden wir Basel III einführen und damit noch berechenbarer werden. Das Risiko einer noch stringenteren Unterordnung des europäischen Finanzplatzes ist gegeben, sofern in den USA nicht simultan Basel II und Basel III umgesetzt würde!

Um so mehr ist zu begrüßen, dass Frau Dr. Merkel sich für eine umfassende Umsetzung auf globaler Ebene (inklusive der USA) einsetzt.

Hinsichtlich der Position der USA ist es jedoch mehr als fraglich, ob Frau Dr. Merkel sich durchsetzen wird. Zu überlegen ist unter diesen Umständen, in wie weit US-Institutionen hinsichtlich des Aspekts des „Level Playing Fields“ Zugang zu dem kontinentaleuropäischen Finanzmarkt haben sollten.

Macht es Sinn, sich freiwillig dem Willen und der Bewertung anderer Finanzzentren zu unterwerfen?

Nein, auf keinen Fall!

Das gilt um so mehr nach den katastrophalen Erfahrungen der letzten 13 Jahre (Greenspans/“Maestros“ neue Paradigmen, Neuer Markt, MBS, spekulative Attacke auf Reformländer bei gleichzeitigem Schutz der Reformverweigerer).

Alle oben genannten aus NY und London heraus getragenen Themenschwerpunkte wurden zu massivsten Hypotheken für Finanzwirtschaft, Wirtschaft und Gesellschaft.

Wir machen in der Eurozone erfolgreiche Strukturreformen und nicht maßgeblich Kosmetik. Wir schaffen damit Zukunftsfähigkeit. Diese politischen Veränderungen müssen auch an Finanzmärkten verteidigt werden können, ohne dabei solitär auf die Rolle der EZB zu setzen.

Ist es nicht sinnvoll, die Strukturen zu überdenken, die den europäischen Finanzplatz in die prekäre Situation der Unterordnung gebracht haben, mit der wir heute konfrontiert sind?

Wenn es um Zukunftsfähigkeit der Eurozone geht, muss im Hinblick auf den legalen Rahmen an Finanzmärkten und vor allen Dingen im Hinblick auf Bilanzierungsstandards (Wirtschaft ist Marathon und nicht Sprint!) ein Emanzipationsprozess gegenüber den Finanzplätzen NY und London bei vielen Standards stattfinden. Dann hätten wir eine gute und selbstbestimmte Zukunft vor uns.

Konfuzianismus ist übrigens nicht ansatzweise mit Kurzfristigkeit korreliert

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützung bei 1,3200 – 30 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!

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