Die europäischen Export-Unternehmen dürften sich vergangenen Freitag über die Entwicklung des EUR/USD- Kurses gefreut haben. Denn der Kurs fiel aus seiner wochenlangen Seitwärtskonsolidierung nach unten heraus (siehe rote Ellipse im Chart) und vervollständigte so ein abfallendes Dreieck (rote und grüne Linie).
Erst im Frühling dieses Jahres sahen wir genau das gleiche Spiel, als der EUR/USD ebenfalls aus einem abfallenden Dreieck idealtypisch nach unten ausbrach (siehe roter Pfeil Nr. 1 im folgenden Chart). Im Anschluss daran folgte dann eine dynamische Abwärtsbewegung (oberes rotes Rechteck).
Nach dem vorläufigen Ende der Abwärtsbewegung entstand erneut eine solche, bearishe Formation (untere rote und grüne Linie). Und wieder kam es zu einem idealtypischen Ausbruch nach unten (roter Pfeil Nr. 2).
Sollte die Abwärtsbewegung ähnlich dynamisch verlaufen wie die vorangegangene, könnte der Kurs bis in den Bereich von 1,09 bis 1,08 USD fallen (unteres rotes Rechteck). Durch den schwächeren Euro würden die heimischen Waren in anderen Währungsgebieten (wie dem Dollar) billiger werden und könnten so zu einer Steigerung des Exportgeschäfts führen.
Euro-Schwäche hilft dem DAX nicht
Dies ist normalerweise eine positive Entwicklung für den DAX, da dort viele Exportwerte gelistet sind. Doch am Freitag musste der DAX trotzdem Verluste einstecken und fiel aus der recht engen Seitwärtstendenz der vergangenen Tage nach unten heraus. Er sank dabei auf ein Niveau, welches er zuletzt vor rund einem Monat gesehen hat. Die Euro-Schwäche scheint also der Performance des DAX nicht geholfen zu haben. Doch woran liegt das?
Lira wertet immer schneller ab
Als möglicher Verursacher hierfür kann man auch diese Mal wieder Zollandrohungen von Donald Trump heranziehen, welche diesmal die Türkei erwischt haben. Denn der US-Präsident bewilligte hinsichtlich der Türkei eine Verdoppelung der Zölle auf Stahl und Aluminium. Das sorgte prompt dafür, dass sich die Krise um den bereits seit geraumer Zeit anhaltenden Verfall der türkischen Währung Lira weiter verschärfte und diese allein am Freitag einen Wertverlust von rund 20 % zum US-Dollar verzeichnete. Dadurch mussten zeitweise fast 7 Lira für einen Dollar bezahlt werden.
Doch der Ausverkauf der türkischen Lira bedroht nicht nur die Türkei, sondern wird auch zu einer Gefahr für das europäische Finanzsystem. Sollten die Türkei selbst oder türkische Unternehmen nämlich nicht mehr in der Lage sein ihre ausländischen Schulden wegen des Wertverfalls der eigenen Währung zu bedienen, stünde ein Zahlungsausfall bevor.
Europäische Banken stark in der Türkei investiert
Nicht ohne Grund schaut sich die EZB-Bankenaufsicht laut der „Financial Times“ bereits sämtliche Türkei-Verbindungen europäischer Geldhäuser näher an. Die Banken in der Türkei haben laut einer aktuellen Aufstellung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) Kredite in Höhe von 148 Milliarden Dollar und von 110 Milliarden Euro vergeben. Dabei stammt der Großteil des Geldes aus dem Ausland. Besonders die spanischen Großbanken sind betroffen, die Kredite über rund 83 Milliarden Dollar vergeben haben. Aber auch Banken in Frankreich und Italien sind mit 38 Milliarden Dollar beziehungsweise 17 Milliarden Dollar vertreten.
Laut der Bundesbank sind deutsche Banken im Juni mit 20,77 Milliarden Euro in der Türkei investiert. Das Geld sei aber zum Großteil durch Kreditversicherungen geschützt. Als Vergleich betragen die Forderungen gegenüber Griechenland 19,17 Milliarden Euro. Insgesamt liegt das Volumen von deutschen Forderungen im Ausland bei rund 1,85 Billionen Euro.
Trotzdem zählten die deutschen Bankwerte zu den Verlieren am vergangenen Freitag. So sank zum Beispiel der Kurs der Deutschen Bank (DE:DBKGn) um rund 5 % und zog damit natürlich damit auch den DAX insgesamt mit nach unten. Da aber vor allem auch Banken in Spanien und Italien in Mitleidenschaft gezogen werden würden, gerät eben auch der Euro unter Druck.
Der Startschuss für die zweite Abwärtswelle
In der letzten Wechselkurs-Analyse vom 6. Juni rechnete ich mit einer Konsolidierung in Reichweite der 1,15er Marke. Und tatsächlich hat sich die Form des abfallenden Dreiecks gebildet. Der vergangene Ausbruch könnte nun der Startschuss gewesen sein für die zweite Abwärtswelle. Dabei dürften die Probleme in der Türkei nur ein Auslöser gewesen sein, insgesamt sind es aber die wirtschaftlichen und geldpolitischen Entwicklungen in der Eurozone und den USA, die diese Entwicklung unterstützen.
Trends halten bekannterweise am Devisenmarkt lange an. Der bearishe Ausbruch aus der zwischenzeitlichen Konsolidierung in Form eines absteigenden Dreiecks führt nun zu einer Fortsetzung des vorangegangenen Abwärtstrends beim EUR/USD (siehe Rechtecke im Chart oben). Sollte sich der Ausbruch also nicht als Fehlsignal herausstellen, könnte sich ein Short-Trade mit einem Stopp knapp oberhalb des Ausbruchsniveaus lohnen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus