Die Anleiherenditen sind auf der ganzen Welt seit Mitte Juli im Sinkflug, als die Europäische Zentralbank (EZB) und die Federal Reserve (Fed) beide angedeutet hatten, dass eine akkommodierende Geldpolitik kommen werde. Die heftigen Rückgänge, die vor kurzem in den Anleiherenditen zu beobachten waren, könnten jedoch nicht zu Ende gehen, sondern sie könnten sogar vor einer Wende nach oben stehen.
Die Spreads zwischen US-amerikanischen, deutschen und japanischen Anleihen sind geschrumpft, ein Zeichen dafür, dass der globale Anleihemarkt nach Erreichen historischer Höchststände wieder im Gleichschritt laufen könnte. Darüber hinaus deutet der technische Chart an, dass die Renditen in den USA und in Deutschland vor einem Anstieg stehen könnten.
Rendite-Crash
Seit Mitte Juli ist der Zinssatz der 10 Jahre laufenden deutschen Bundesanleihe um 50 Basispunkte eingebrochen und hat einen Tiefstwert von rund -0,70% erreicht, ein Allzeittief. Auch die Rendite der amerikanischen 10-Jahresanleihe brach um beinahe 65 Basispunkte auf ein Tief von rund 1,5% ein. Das führte dazu, dass der Spread zwischen Anleihen der USA und Deutschlands von rund 2,40% auf nun 2,25% gefallen ist.
Der Spread
Der Spread zwischen den beiden Anleihen erreichte im November 2018 einen Gipfel von rund 2,8%, sein höchster Wert seit 1989. Die Zinsdifferenz in der Nähe historischer Höchststände machte US-Anleihen attraktiv, nicht nur aus einer reinen Renditesicht sonder auch ausgehen von der Bewertung.
Allerdings geht der Spread jetzt zurück und wird vielleicht weiter sinken, da Investoren in US-Staatsanleihen gehen, um von den günstigen Zinssätzen zu profitieren. Sollte es dazu kommen, dann würde dies den Anstieg der US-Anleihenrenditen verlangsamen verglichen mit der Zunahme der Renditen von Bundesanleihen, was den Spread weiter verringern würde. Es bilden sich neue Zeichen heraus, die suggerieren könnten, dass der Spread sich auf 1,95% zubewegt.
Das gleiche Szenario hat sich in den letzten Jahren zwischen US-amerikanischen und japanischen Anleihen abgespielt. Der Spread zwischen den beiden Anleihen war so hoch wie seit 2007 nicht mehr, als er sich auf rund 3,1% ausweitete—ein Niveau das sie noch einmal im November 2018 erreichten. Jetzt ist der Spread auf rund 1,75% zusammengeschmolzen, sein niedrigster Stand seit Ende 2016.
Eine Trendumkehr
Der technische Chart zeigt, dass die Rendite der amerikanischen 10-Jahresanleihe auf dem Relative-Stärke-Index seit Juni zweimal in das Niveau von überverkauft gefallen ist, d.h. unter 30. Das ist als bullische Divergenz bekannt—ein Zeichen, dass der jüngste Rückgang der Renditen sich wahrscheinlich umkehren wird. Hinzu kommt, dass die Rendite der 10 Jahresanleihe über einen Abwärtstrend gestiegen ist, was dazu führen könnte, das der Zinssatz in den nächsten Wochen auf rund 1,80% steigt.
Ein weiteres Zeichen dafür, dass die Renditen vor einem Anstieg stehen ist das technische Muster der 10-Jahresanleihe des Deutschen Bundes. Dieser Chart zeigt ein bullisches Umkehrmuster, das als fallender Keil bekannt ist. Es zeigt auch, dass die deutsche 10-Jahresanleihe sich einem möglicherweise heftigen Ausbruch näher, sollte die Rendite über den technischen Widerstand von -60 Basispunkten stiegen. Sollte es dazu kommen, dann würde sich der Zinssatz auf rund -40 Basispunkte erhöhen.
Weitere Kontraktion
Sollten die Renditen in den USA und Deutschland steigen, dann könnte dies dazu führen, dass der Spread zwischen den Anleihen noch weiter sinkt. Der Spread zurück zu einem historischen Niveau könnte suggerieren, dass der scharfe Rückgang der US-Renditen zu Ende ist und dass die Anleihemärkte weltweit sich eher im Gleichschritt bewegen.
Vieles wird natürlich davon abhängen, wie stark die Zentralbanken den Geldhahn für ihre jeweiligen Volkswirtschaften aufdrehen. Ausgehen von aktuellen Zinsniveau sieht es so aus, dass die Fed mehr Spielraum hat, als die EZB.
All dies könnte nahelegen, dass der jüngste Verfall der Zinssätze zumindest in diesem Zyklus der letzte gewesen sein könnte.