Die Marktteilnehmer rechnen auch weiterhin damit, dass für Zinserhöhungen der Fed nach der Anhebung um 0,25 % im letzten Monat das Ende gekommen ist. Die jüngsten Äußerungen mehrerer Notenbanker sprechen jedoch eine andere Sprache. Zur Unsicherheit tragen auch die sehr unterschiedlichen Erwartungen für die Juli-Daten zur US-Verbraucherinflation am Donnerstag (10. August) bei.
Beginnen wir mit den Fed-Funds-Future, die derzeit mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 86 % davon ausgehen, dass die Fed ihr derzeitiges Zielband von 5,25 % bis 5,50 % auf der nächsten FOMC-Sitzung am 20. September unverändert lassen wird.
Den Futures nach wird die Fed die Zinsen auch bis zum Ende des Jahres unverändert lassen.
Die geldpolitisch sensible Rendite der 2-jährigen US-Treasuries preist die Erwartung ein, dass die Phase der Zinserhöhungen vorbei ist. Diese Laufzeit gilt weithin als der empfindlichste Bereich der Renditekurve in puncto Zinserwartungen und liegt nach wie vor deutlich unter dem aktuellen Fed Funds-Zielsatz. Das lässt sich als eine implizite Marktprognose werten, nach der die Zinsen ihren Höhepunkt erreicht haben und irgendwann in naher Zukunft allmählich sinken werden.
Der Spread zwischen 2-jährigen Papieren und Fed Funds ist nach wie vor negativ und tendiert nach unten - ein klares Indiz dafür, dass der Markt glaubt, dass die Zinsen den Höchststand erreicht haben.
Allerdings haben mehrere Fed-Vertreter in den letzten Tagen die Annahme in Frage gestellt, dass die letzte Zinserhöhung in diesem Zyklus bereits stattgefunden hat. Die Fed-Gouverneurin Michelle Bowman sagte am Samstag:
"Ich gehe auch davon aus, dass weitere Zinserhöhungen notwendig sein werden, um die Inflation in die gewünschte Richtung zu lenken und das 2-Prozent-Ziel des FOMC zu erreichen."
Sie betonte, dass die Geldpolitik nicht auf einem "vorgegebenen Kurs" sei und dass die anstehenden Daten eine wichtige Rolle bei den nächsten Entscheidungen der Fed spielen werden. "Wir sollten weiterhin bereit sein, den Leitzins auf einer zukünftigen Sitzung anzuheben, wenn die neuen Daten darauf hindeuten, dass die Fortschritte in Bezug auf die Inflation ins Stocken geraten sind."
Der Präsident der New Yorker Fed, John Williams, äußerte sich vergangene Woche ähnlich und erklärte: "Ob wir [die Politik] im Hinblick auf den Höchststand anpassen müssen - und wie lange wir eine restriktive Haltung beibehalten müssen - wird von den Daten abhängen." Er fügte hinzu:
"Ich gehe davon aus, dass wir noch einige Zeit einer restriktive Politik folgen müssen."
Heute Nachmittag werden die neuesten Inflationsdaten für Juli veröffentlicht. Die Erwartungen sind durchaus gemischt, und die Experten von Econoday.com prognostizieren ein mögliches Aufbäumen der Inflation, was einen Rückschlag im anhaltenden Kampf gegen steigende Preise bedeuten könnte.
Die Konsensprognose der Wirtschaftsexperten sieht einen leichten Preisanstieg im Jahresvergleich auf 3,3 % vor, verglichen mit 3,0 % im Juni. Dieser Wert erscheint dennoch recht milde, schließlich hatte die Inflation Mitte 2022 noch über 9 % gelegen, was die Zahlen in eine gewisse Perspektive rückt. Sollte sich die Vorhersage bewahrheiten, würde dies dennoch das erste Mal seit über einem Jahr sein, dass die Jahresrate des Verbraucherpreisindex wieder Fahrt aufnimmt.
Besondere Aufmerksamkeit gilt auch der Kernrate, die voraussichtlich bei 4,8 % verharren wird. Dieses Wert liegt nach wie vor deutlich über dem Inflationsziel der Fed von 2 % und verdeutlicht die nach wie vor bestehenden Herausforderungen in der Preisstabilität.
Die Finanzmärkte haben in der jüngsten Vergangenheit nicht immer den richtigen Riecher gehabt, wenn es um ihre Vorhersagen für Zinsentwicklungen ging. Der bevorstehende Inflationsbericht könnte nun die Frage klären, ob die allgemeine Erwartungshaltung dieses Mal endlich genauer ins Schwarze trifft. Oder werden wir erneut Zeugen davon, wie die oft zitierte Lektion bestätigt wird: Prognosen über die Zukunft sind und bleiben eine äußerst knifflige Angelegenheit.