Washington/Moskau (Reuters) - Mit der Veröffentlichung einer sogenannten Oligarchenliste haben die USA neue Verstimmung mit Russland ausgelöst.
Zwar sah die US-Regierung zunächst davon ab, neue Sanktionen gegen Russland wegen dessen mutmaßlicher Einflussnahme auf die US-Wahl 2016 zu verhängen. Das Finanzministerium veröffentlichte am Montagabend aber eine Liste mit 114 ranghohen Politikern und 96 Wirtschaftsmanagern mit Nähe zur Regierung in Moskau, gegen die Strafmaßnahmen verhängt werden könnten. Der russische Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow kritisierte, damit werde faktisch jede aufgeführte Person als Feind der USA abgestempelt, was negative Folgen für russische Unternehmen und Politiker haben könnte. Die Regierung werde den US-Bericht sorgfältig prüfen und dann ihre Schlüsse ziehen.
Die US-Regierung verzichtete auf die Verhängung neuer Strafmaßnahmen mit der Begründung, die bestehenden Sanktionen zeigten bereits Wirkung und belasteten russische Unternehmen. So hätten die Sanktionen ausländische Regierungen von geplanten Käufen von russischen Rüstungsgütern im Volumen von mehreren Milliarden Dollar abgehalten.
US-Präsident Donald Trump hatte Anfang August 2017 trotz Vorbehalten ein vom Kongress nahezu einstimmig verabschiedetes Gesetz über neue Sanktionen gegen Russland in Kraft gesetzt. Der Präsident hatte sich gegen die Verschärfung gestemmt, weil er darin eine Gefahr für seine Bemühungen um bessere Beziehungen zu Russland sah. Das Gesetz ermächtigt das Außen- und das Finanzministerium sowie die Geheimdienste, eine Liste von regierungsnahen Politikern und Wirtschaftsmanagern zu erstellen, die für Sanktionen infrage kämen. Darauf beschränkte sich die US-Regierung zunächst. Damit werden unmittelbar gegen die auf der Liste Aufgeführten, darunter die Chefs der beiden größten Banken sowie Unternehmensführer aus den Branchen Stahl und Gas, aber keine sofortigen Strafen wie etwa Kontensperren oder Einreiseverbote verhängt.
RUSSISCHE BÖRSEN REAGIEREN POSITIV
Nach dem Verzicht der USA auf neue Wirtschaftssanktionen legten die Börsen in Russland zu. Auch von der Veröffentlichung einer Liste mit regierungsnahen Oligarchen durch die USA ließen sich Anleger am Dienstag nicht beirren. Der Effekt dieser Liste auf die russische Wirtschaft lasse sich nur schwer abschätzen, sagte Dimitri Polewoj, Chef-Volkswirt der ING-Bank in Moskau. Entscheidend sei, ob europäische Firmen ihre Beziehungen zu Unternehmen der dort genannten Personen auf Eis legten. Der Moskauer Aktienmarkt gewann zeitweise 1,1 Prozent.
Unabhängig davon stellte die Rating-Agentur Moody's in einem Reuters-Interview eine Anhebung der Bonitätsnote Russlands in Aussicht. Die russische Wirtschaft sei inzwischen stark genug, um den westlichen Sanktionen zu widerstehen, betonte Moody's-Managerin Kristin Lindow. Bis zum Jahresende sei eine Anhebung der Bonitätsnote von derzeit "Ba1" möglich.