Brüssel/Berlin (Reuters) - Die Inflation in der Euro-Zone zieht kräftig an und liefert der EZB Argumente für eine Abkehr von der sehr lockeren Geldpolitik.
Die Teuerungsrate kletterte im Mai vor allem wegen des gestiegenen Ölpreises laut Statistikamt auf 1,9 Prozent, nach 1,2 Prozent im April. Sie liegt damit im Zielbereich der Europäischen Zentralbank (EZB), die Werte von knapp unter zwei Prozent als ideal für die Wirtschaft anstrebt.
Laut EZB-Direktorin Sabine Lautenschläger ist die Zeit langsam reif, um die vor allem in Deutschland umstrittenen Anleihenkäufe der Notenbank zu beenden. Hierzulande ist die Teuerungsrate mit 2,2 Prozent mittlerweile sogar über das EZB-Ziel hinausgeschossen: "Von der Inflationsseite gibt es klare Unterstützung für die EZB, noch in diesem Jahr aus ihrem Wertpapier-Kaufprogramm auszusteigen", so Ökonom Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe.
Die EZB gibt den Banken seit Jahren Geld zum Nulltarif und kauft zugleich im großen Stil Staatsanleihen zu, um die Wirtschaft anzukurbeln und das Preisniveau anzuheben. Die Geschäfte sind auf 2,55 Billionen Euro angelegt und sollen noch bis mindestens Ende September laufen. An den Märkten wird damit gerechnet, dass die EZB das Zukaufprogramm Ende des Jahres auslaufen lassen wird. Die Frage ist nur, wann sie die Weichen dafür stellt.
ITALIEN MACHT DRAGHI & CO ZU SCHAFFEN
Das jüngste Gezerre um die Regierungsbildung in Italien und die damit verbundenen Turbulenzen an den Devisen- und Finanzmärkten dürften die Währungshüter um den italienischen EZB-Chef Mario Draghi vorsichtig agieren lassen. Sie sehen Insidern zufolge aktuell zwar keinen Grund, wegen der politischen Wirren in Italien an den Finanzmärkten zu intervenieren. Doch wegen der mit der instabilen politischen Lage in dem EU-Kernland verbundenen Unsicherheit könnte es durchaus noch bis zur Sitzung der Währungshüter am 26. Juli dauern, bis sich die EZB zum Abschmelzen ihres Kaufprogramms durchringen kann.
Lautenschläger ließ jüngst jedoch durchblicken, dass sie die Sitzung am 14. Juni dafür favorisiert. Dies könnte der Monat sein, um zu entscheiden, die Käufe bis Ende Dezember graduell einzustellen, sagte sie: "Alle Bedingungen dafür, dass die Inflation anzieht, sind vorhanden."
Für den deutlichen Preisanstieg im Mai sorgte vor allem Energie, die sich mit 6,1 Prozent mehr als doppelt so stark verteuerte wie im Vormonat. Ohne sie hätte die Inflationsrate nur bei 1,4 Prozent gelegen. Auch bei Lebensmitteln, Alkohol und Tabak fiel der Aufschlag mit 2,6 Prozent überdurchschnittlich aus. Dienstleistungen verteuerten sich um 1,6 Prozent.
Die robuste Konjunktur drückt zugleich die Arbeitslosigkeit in der Euro-Zone auf den niedrigsten Stand seit rund neuneinhalb Jahren. Im April hatten hier knapp 13,9 Millionen Frauen und Männer keinen Job. Das waren 56.000 weniger als im Vormonat und fast 1,1 Millionen weniger als ein Jahr zuvor. Die Arbeitslosenquote sank dadurch nach Angaben des EU-Statistikamts Eurostat binnen Monatsfrist um 0,1 Punkte auf 8,5 Prozent. "Das ist die niedrigste Quote, die seit Dezember 2008 im Euro-Raum verzeichnet wurde", erklärten die Statistiker.