Investing.com - Der Absturz des Goldpreises unter die psychologisch bedeutende Marke macht Edelmetallanleger nervös. Allerdings gib es einen guten Grund für den Preissturz. Der designierte Präsident Joe Biden soll aufgrund des Wiederanstiegs der Coronavirus-Neuinfektionen, der Ängste vor einer Rezession aufkommen lässt, auf einen schnellen Stimulus drängen. Dazu ist er wohl auch zu Kompromissen mit den Republikanern bereit, die ein kleineres Rettungspaket fordern, wie Politico und die New York Times berichteten.
Ohne einen hohen Stimuli, der zum Großteil von der Fed finanziert werden dürfte, was nichts anderes als eine Beschleunigung der QE bedeuten würde, verlieren die Argumente für einen weiter steigenden Goldpreis an Gewicht. Gleichzeitig profitiert der US-Dollar davon.
In der Folge schoss der US-Dollar-Index als Reaktion auf die Schlagzeilen nach oben. In der Spitze erreichte er mit 92,73 den höchsten Stand seit 16. November. Zuletzt notierte der Greenback immer noch 0,12 Prozent im Plus auf 92,52. Im Tief testete er den Bereich um 92,00.
Da Gold in Dollar gehandelt wird, verteuert ein steigender Preis des Greenbacks das Edelmetall für Käufer aus anderen Währungsräumen, was für ein höheres Angebot sorgt.
Der Spot-Goldpreis sank 1,77 Prozent auf 1.837,89 Dollar je Feinunze. Mit 1.831 Dollar erreichte die Unze Gold den tiefsten Stand seit 21. Juli. Die Gold-Futures zur Dezember-Lieferung verbilligten sich um knapp 2 Prozent auf 1.836 Dollar.
Den Goldpreis belastet hatte außerdem der von IHS Markit ermittelte zusammengesetzte Einkaufsmanagerindex der USA, der im November gemäß vorläufigen Berechnungen um 1,6 auf 57,9 Punkte. Damit erreichte der vielbeachtete Stimmungsindikator den höchsten Stand seit März 2015 und dämpfte die Hoffnungen auf einen großen Stimulus.
"Gold rutschte unter die Schlüsselmarke von 1.850 Dollar, nachdem ein unglaublich starker US-PMI die Notwendigkeit weiterer Konjunkturmaßnahmen gedämpft hatte. Niemand hatte sowohl im Dienstleistungs- als auch im Produktionssektor mit solch starken Werten gerechnet", sagte Edward Moya, Marktanalyst bei OANDA.
Auch die erfreulichen Meldungen von der Impfstoff-Front begrenzten das Bedürfnis der Anleger nach Absicherungsinstrumenten. Der britische Pharmariese AstraZeneca (LON:AZN) teilte heute Morgen mit, dass sein Impfstoff zu ungefähr 90 Prozent Schutz vor Covid-19 bietet, ohne dass es zu ernsthaften Nebenwirkungen gekommen ist.
All dies schürt die Hoffnung auf eine rasche Erholung der Konjunktur, auch ohne einen großen Stimulus. Die Rendite zehnjähriger US-Anleihen verbessert sich um 2,1 Basispunkte auf 0,85 Prozent, während die Realrendite (NYSE:TIP) moderat zulegt. Steigende Renditen belasten den Goldpreis in der Regel, weil der Kauf von Anleihen im Vergleich zum Edelmetall attraktiver wird.
Der Rückgang des Goldpreises unter die Marke von 1.850 Dollar löste eine Welle von Verkaufsstopps aus, zitierte Reuters Phillip Streible, Chefmarktstratege bei Blue Line Futures in Chicago.
Gold, das als Absicherung gegen Inflation und Währungsabwertung gilt, hat in diesem Jahr über 21 Prozent zugelegt, vor allem infolge der wirtschaftlichen Schäden durch die Pandemie und die daraus resultierenden weltweiten Konjunkturmaßnahmen.
"Wir erwarten zwar, dass Gold mit Beginn einer nachhaltigen Erholung der Weltwirtschaft in die Defensive geht, aber der Rückenwind für den Markt hat sich noch nicht vollständig aufgelöst", so StoneX-Analystin Rhona O'Connell in einer Notiz.