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Wirtschaftschefs unzufrieden mit Bundesregierung

Veröffentlicht am 26.12.2015, 06:37
© Reuters.  Wirtschaftschefs unzufrieden mit Bundesregierung

* Verbandspräsidenten werfen Merkel Versäumnisse vor

* Forderung nach Reformen und Investitionen

* DIHK spricht von Eintrübung der Konjunkturaussichten

- von Gernot Heller

Berlin, 26. Dez (Reuters) - Die Wirtschaft drängt die Bundesregierung angesichts wachsender Konjunkturrisiken, mehr für Wachstum und Wohlstand zu tun. Die Präsidenten der fünf wichtigsten Wirtschaftsverbände warfen Kanzlerin Angela Merkel in einer Reuters-Umfrage große Versäumnisse in der Wirtschafts- und Sozialpolitik vor. Sie verlangten Reformen und Investitionen. Als aktuell größte Herausforderung betrachten sie die Integration der Hunderttausenden von Flüchtlingen. Diese würden kaum das große Problem des Fachkräftemangels lösen, mahnte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer.

Zu den aktuellen ökonomischen Perspektiven ergab sich ein gemischtes Bild. "Die Konjunkturaussichten trüben sich 2016 ein. In der gesamten Wirtschaft schwindet die Zuversicht", warnte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer. Er rechnet für das nächste Jahr nur noch mit einem Wachstum in Deutschland von 1,3 Prozent. Das ist rund ein halber Prozentpunkt weniger, als die meisten Experten für 2015 erwarten.

Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer dagegen sieht für seine Unternehmen bislang keine Verschlechterung. "Die wirtschaftlichen Aussichten bleiben insgesamt gut", urteilte er. Das Handwerk profitiere weiter von der guten Binnenmarktentwicklung und erwarte für 2016 ein Wirtschaftswachstum von zwei Prozent. Auch Industriepräsident Ulrich Grillo bleibt optimistisch, vor allem wegen der starken Industrie und der günstigen Entwicklung am Arbeitsmarkt. "Das schiebt unsere Konjunktur an und dürfte auch im nächsten Jahr so weitergehen", erklärte er. Allerdings verwies Arbeitgeberpräsident Kramer auf die vielen politischen Krisenherde wie in der Ukraine und dem Nahen Osten, die für wirtschaftliche Unsicherheiten sorgten.

VORWURF DER SELBSTGEFÄLLIGKEIT

Zur Bundesregierung äußerten sich die Cheflobbyisten durchweg kritisch. Sie verfolgt nach Worten von Handwerkspräsident Wollseifer nicht den richtigen Kurs. Er sprach von einer Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik gegen die Wirtschaft. Auch Arbeitgeberpräsident Kramer beklagte aus seiner Sicht falsche Weichenstellungen, etwa durch Pläne zur Beschränkung von Zeit- und Leiharbeit. Ferner gebe es zu wenig Bürokratieabbau. Der Präsident des Handelsverbandes BGA, Anton Börner, hält das Vorgehen Merkels in der Finanz- und Wirtschaftspolitik zwar für richtig, in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik aber angesichts immer neuer Eingriffe "ganz sicher nicht".

Industriepräsident Grillo forderte, die zweite Hälfte der Legislaturperiode müsse eine Phase der Investitionen werden. Auch in der Steuer- und Energiepolitik müsse die Regierung die heimische Wirtschaft stärken. DIHK-Kollege Schweitzer kritisierte, im Ringen um Reformen für mehr Wettbewerbsfähigkeit sei Deutschland zuletzt "eher selbstgefällig" gewesen.

FLÜCHTLINGE KÖNNEN FACHKRÄFTEMANGEL NICHT ABHELFEN

Den großen Zustrom an Flüchtlingen sehen die Verbandspräsidenten als gewaltige Aufgabe. Kurzfristig profitiere die Konjunktur davon, langfristig könnte jedoch ein Druck auf die Sozialsysteme entstehen, sagte Börner. Auch Kollege Kramer warnte vor überzogenen Hoffnungen: "Niemand sollte meinen, dass wir mit Flüchtlingen die Fachkräftelücke in unserem Land bewältigen können", äußerte er. Die Eingliederung der Flüchtlinge biete zwar Chancen für den Arbeitsmarkt, brauche aber lange Zeit. DIHK-Präsident Schweitzer forderte, damit die Firmen ihren Beitrag zur Integration leisten können, müsse die Regierung die richtigen Rahmenbedingungen schaffen. Dazu müsse ein Belastungs-Stopp für die Wirtschaft zählen. Ins gleiche Horn stieß Industriepräsident Grillo. "Die Politik muss uns Unternehmern dabei helfen, Flüchtlinge schneller in Arbeit zu bringen", verlangte er. (redigiert von Georg Merziger; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter den Telefonnummern 069-7565 1231 oder 030 2888 5168)

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