Berlin, 01. Okt (Reuters) - WTO-Chef Roberto Azevedo hat vor der Einführung einer sogenannten CO2-Grenzsteuer gewarnt, um Wettbewerbsnachteile für die europäische Wirtschaft durch harte Klimaschutzauflagen auszugleichen. "Ich glaube, dass man da ganz, ganz vorsichtig sein muss", sagte der Chef der Welthandelsorganisation am Dienstagabend nach einem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel. Es sei einfach, sich eine neue Steuer auszudenken, die dann protektionistisch wirken könne. Die Auswirkungen könnten aber am Ende "sehr, sehr kostspielig auch für die Unternehmen im eigenen Land werden", warnte er.
Er wolle nicht sagen, dass es unmöglich sei, einen Ausgleichmechanismus einzuführen, fügte Azecedo hinzu. "Aber man sollte vorsichtig sein und sich alle Optionen erst einmal anschauen, bevor man in eine solche Sache einführt, die auf den ersten Blick sehr einfach aussieht, aber dann sehr viel komplexer ist als man denkt." Hintergrund ist die Ankündigung der neuen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, eine solche Steuer zu prüfen, um etwa die Abwanderung energieintensiver Unternehmen aus Europa nach der stärkeren Bepreisung von CO2-Emissionen zu verhindern. Auch Frankreich dringt auf einen finanziellen Aufschlag für Importe aus Ländern ohne harte Umweltauflagen. Die CDU will eine CO2-Grenzsteuer zumindest prüfen.
Merkel sagte, am besten könne man solche neuen Steuern dadurch umgehen, dass man weltweit auf ein möglichst CO2-schonendes Wirtschaften hinarbeite. Auch China führe bereits einen CO2-Zertifikatehandel wie in der EU ein.