FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Verschärfung des Haushaltsstreits zwischen Italien und der Europäischen Union hat dem deutschen Aktienmarkt nach seiner Vortageserholung am Mittwoch einen Dämpfer verpasst. Zudem belastet der Ölpreisverfall, der Zweifel am Zustand der Weltkonjunktur nährt. Ansonsten steht eine Vielzahl an Quartalszahlen hiesiger Unternehmen im Fokus.
Der Dax (DAX) fiel am Vormittag um 1,23 Prozent auf 11 331,26 Punkte. Am Vortag hatte der deutsche Leitindex - gestützt von Hoffnungen auf eine bevorstehende Brexit-Einigung sowie positive Signalen im US-Handelsstreit mit China - noch um 1,3 Prozent angezogen.
Der MDax(MDAX), in dem die mittelgroßen Unternehmen repräsentiert sind, verlor am Mittwoch 1,09 Prozent auf 23 834,69 Punkte. Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) ging es um 1,30 Prozent auf 3182,84 Zähler abwärts.
"Kurzfristig dürfte sich die Achterbahnfahrt an den Aktienmärkten fortsetzen", glaubt Analyst Milan Cutkovic von AxiTrader. "Den Fortschritten in den Handelsgesprächen und in den Brexit-Verhandlungen stehen die Italien-Krise, steigende Zinserwartungen sowie ein höchst volatiler Ölpreis gegenüber."
Italien weigert sich im Haushaltsstreit trotz Protesten der EU und großer Nervosität an den Finanzmärkten von seinen Schuldenplänen abzuweichen. In der Nacht ließ die italienische Regierung die EU-Frist verstreichen. Italien steuert nun auf ein Defizitverfahren zu. In einem nächsten Schritt können finanzielle Sanktionen folgen. "Der schnellste Richter über den italienischen Haushalt ist nicht die EU, sondern die Börse. An den Kreditaufschlägen für Italien ist abzulesen, was die Anleger vom Vorgehen Roms halten", kommentierte Portfoliomanager Thomas Altmann von QC Partners.
Beim Pharma- und Spezialchemiekonzern Merck KGaA (4:MRCG) lief es im zuletzt kriselnden Geschäft mit Flüssigkristallen wieder besser, doch den Darmstädtern machen negative Wechselkurseffekte zu schaffen. Vor allem wegen der anhaltend starken Abwertung lateinamerikanischer Währungen geht Merck von einem noch stärkeren Rückgang beim bereinigten operativen Ergebnis aus als bisher, traut sich aber einen höheren Umsatz zu. Merck-Aktien fielen zuletzt um 1,3 Prozent.
Der Zahlungsabwickler Wirecard (4:WDIG) rechnet dank des Online-Shoppingbooms für 2019 mit deutlich stärkerem Wachstum. Vorläufige Zahlen zum dritten Quartal hatte Wirecard bereits vorgelegt. Den Anlegern waren die Nachrichten offenbar nicht gut genug, denn die Wirecard-Papiere sackten als Schlusslicht im Dax um 6,6 Prozent ab.
Die Versorger-Papiere von RWE (4:RWEG) und Eon (4:EONGn) gehörten mit Gewinnen von jeweils mehr als 1 Prozent zu den Top-Werten im Dax. Analyst Alberto Gandolfi von der Investmentbank Goldman Sachs (NYSE:GS) wertete die Zahlenwerke in einer ersten Reaktion positiv und verwies dabei auch auf die Entwicklung der Nettoverschuldungen.
Der Geschäftsausblick des IT-Dienstleisters Bechtle (DE:BC8G) enttäuschte die Anleger: Die Aktien fielen am MDax-Ende um knapp 7 Prozent. Bechtle bestätigte am Morgen bei der Vorlage der Quartalszahlen zwar den Jahresausblick, bezeichnete dabei aber die angestrebte Vorsteuer-Gewinnmarge als ambitioniert.
Dagegen standen die Anteilsscheine der Metro AG (0:B4B) mit einem Kursaufschlag von rund 3 Prozent hervorragend da. Die Baader Bank stufte die Aktien des Handelskonzerns von "Sell" auf "Hold" hoch. Das Chance-Risiko-Profil habe sich verbessert, schrieb Analyst Volker Bosse und verwies dabei auf den geplanten Verkauf der schwächelnden Supermarktkette Real.
Die Aktien der Shop Apotheke (4:SAEG) brachen nach einer Ergebniswarnung um mehr als 16 Prozent ein. Wegen des harten Wettbewerbs senkte die Online-Apotheke ihr Profitabilitätsziel für 2018. Das zuletzt erhöhte Umsatzziel wurde hingegen beibehalten.