FRANKFURT/WIESBADEN/KASSEL (dpa-AFX) - Trillerpfeifen, Transparente und Protestzüge: Im Tarifstreit um mehr Geld wollen Mitarbeiter des Öffentlichen Dienstes in vielen Städten Hessens am Mittwoch Druck machen. Busse und Bahnen sollen in den Depots bleiben. Die Beschäftigten von Kindergärten und Krankenhäusern sind ebenso wie bei der Müllabfuhr und Straßenreinigung zu Warnstreiks aufgerufen.
Gerade Pendler sollten am besten auf ihr Auto umsteigen. Unter anderem dürfte der Nahverkehr in der Metropole Frankfurt empfindlich getroffen werden. Von Betriebsbeginn an sollen alle U-Bahn-Linien, alle Straßenbahnlinien und nahezu alle städtischen Buslinien ganztags bestreikt werden, wie die Verkehrsgesellschaft traffiQ mitteilte. S-Bahnen, Regionalzüge und einige wenige Buslinien sollen aber fahren.
Aktionen der Gewerkschaft sind auch in vielen anderen Städten geplant, darunter Herborn, Wetzlar, Gießen und Marburg, Wiesbaden, Limburg, Hanau, Rüsselsheim, Heppenheim, Darmstadt und Bad Hersfeld. Beispielsweise in Gießen könnte es den gesamten Tag über zu Ausfällen und Verspätungen im Busverkehr kommen, berichteten die Stadtwerke. Die Stadtverwaltung erwartet ebenfalls Einschränkungen.
In Kassel gaben Warnstreiks am Dienstag einen Vorgeschmack. Auch hier war der öffentliche Nahverkehr betroffen, Kindergärten blieben geschlossen, Müllabfuhr und Krankenhäuser waren zu Protesten aufgerufen. In Kassel soll es am Mittwoch aber keine weiteren Aktionen mehr geben. Allerdings könnten landesweit in der kommenden Woche weitere Proteste folgen.
In Nordhessen hatte die Gewerkschaft Verdi am Dienstag unter anderem 850 Beschäftigte der Kasseler Verkehrs-Gesellschaft (KVG) aufgerufen, die Arbeit niederzulegen. 'Es sind heute Morgen weder Busse noch Bahnen rausgefahren', sagte eine KVG-Sprecherin. Allerdings hätten Gewerkschaft und Nahverkehrsverband früh genug über den Warnstreik informiert. 'Man konnte sich Alternativen suchen und auf den Streik einstellen.'
Zahlreiche Fahrradfahrer waren auf den Straßen unterwegs. Viele versuchten auch, zu Fuß zum Ziel zu kommen. 'Die Menschen haben sich organisiert', sagte ein Sprecher der Kasseler Polizei. 'Es ist mehr Verkehr auf den Straßen als üblich, aber wir sind weit weg von einem Chaos.'
Während Verdi um Verständnis bat und von einem notwendigen Protest sprach, kritisierte der Hessische Städtetag die Warnstreiks als 'unverhältnismäßig und unfair'. Gegen die Ausfälle könnten sich die finanziell bereits angeschlagenen Kommunen ebenso wenig wehren wie die direkten Arbeitgeber, sagte der Geschäftsführende Direktor des Städtetags, Stephan Gieseler, in Wiesbaden. 'Es gibt eine Unausgeglichenheit der Mittel, denn ein Arbeitgeber kann nur reagieren, wenn der Tarifstreit mal wieder auf dem Rücken der Bürger ausgetragen wird.' Außerdem gingen die Beschäftigten zu früh auf die Straße: 'Wir sind bei den Tarifverhandlungen noch lange nicht in der Phase, in der man sagt, es gehe nichts mehr.'
Gieseler redete vor allem den streikenden Mitarbeitern in den Kindergärten ins Gewissen: 'Im Dialog mit ihnen hört man immer, wie wichtig die Kinder seien. Aber diese Bedeutung bekommt einen neuen Stellenwert, wenn es ums Geld geht', sagte der Direktor des kommunalen Spitzenverbands, in dem die Interessen von 74 Städten und Gemeinden in Hessen gebündelt sind.
Auch bundesweit weiteten die Gewerkschaften am Dienstag ihre Warnstreiks massiv aus. Allein in Nordrhein-Westfalen rief Verdi am Dienstag mehr als 45 000 Beschäftigte zur Arbeitsniederlegung auf, auch in Bayern legten Tausende Beschäftigte die Arbeit nieder.
In den laufenden bundesweiten Tarifverhandlungen des Bundes und der Kommunen fordert Verdi für rund 2,1 Millionen Beschäftigte 100 Euro pauschal und 3,5 Prozent mehr Geld. In Hessen sind laut Verdi etwa 85 000 Beschäftigte direkt und 130 000 mittelbar von der Tarifrunde betroffen. Am Donnerstag und Freitag wollen Arbeitgeber und Gewerkschaften in Potsdam zur zweiten Tarifrunde zusammenkommen.P/jkr