Frankfurt (Reuters) - Die Inflation in der Euro-Zone rückt mit dem höchsten Stand seit rund vier Jahren eng an die Zielmarke der EZB heran.
Aufgrund deutlich gestiegener Energiekosten sprangen im Januar die Preise für Waren und Dienstleistungen binnen Jahresfrist im Schnitt um 1,8 Prozent in die Höhe, wie das Statistikamt Eurostat am Dienstag mitteilte. Volkswirte hatten nur 1,6 Prozent erwartet, nachdem es im Dezember noch 1,1 Prozent waren. Die Energiepreise kletterten um 8,1 Prozent. Das Öl-Kartell Opec und andere Förderländer hatten sich zuletzt auf eine Produktionskürzung geeinigt, wodurch der Preis für den Rohstoff wieder anzog. Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt knapp zwei Prozent Inflation als optimalen Wert für die Wirtschaft an.
"Dies wird die Diskussion über den baldigen Ausstieg der EZB aus ihrer ultra-expansiven Geldpolitik befeuern", kommentierte Commerzbank-Volkswirt Christoph Weil die Daten. Tatsächlich habe sich aber am Inflationsausblick nichts geändert. Der bereinigte Preisauftrieb, bei dem die schwankungsanfälligen Energiepreise herausgerechnet werden, bleibe schwach. Die Kerninflation verharrte im Januar bei 0,9 Prozent. Dort lag sie auch im Dezember.
Laut Ralf Umlauf von der Landesbank Helaba hat die EZB zuletzt stärker auf dieses Inflationsmaß geachtet. "Dies deutet darauf hin, dass der EZB-Rat zunächst nicht auf den Sprung der Inflationsraten reagieren wird." Das erwartet auch Commerbank-Experte Weil: "Angesicht des unsicheren Inflationsausblicks wird die EZB wohl erst dann zu einem Kurswechsel in der Geldpolitik bereit sein, wenn die Kerninflationsrate nachhaltig steigt."
Um ihr Ziel zu erreichen, pumpen die Euro-Wächter bereits seit März 2015 Woche für Woche über den Kauf von Staatsanleihen Milliarden in das Finanzsystem. Banken sollen dadurch angeregt werden, mehr Kredite auszureichen, was der Wirtschaft nützt und die Inflation anheizt. Die in Deutschland umstrittenen Käufe sollen noch bis Jahresende fortgesetzt werden und dann ein Volumen von 2,28 Billionen Euro erreichen. Zudem liegen die Leitzinsen seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent.
Wegen des Anstiegs der Inflation war zuletzt innerhalb der Notenbank über eine Kurswende nachgedacht worden. Bundesbankchef Jens Weidmann hat laut über eine Abkehr von der laxen Linie der EZB sinniert. Auch die deutsche EZB-Direktorin Sabine Lautenschläger ist der Ansicht, dass die Diskussion über einen Ausstieg bald beginnen sollte.
In den einzelnen Euro-Ländern entwickelte sich die Inflation zum Jahresstart sehr unterschiedlich. In Frankreich zogen die Verbraucherpreise nur um 1,6 Prozent an - in Deutschland hingegen verteuerten sich Waren und Dienstleistungen um 1,9 Prozent. Größte Überraschung war aber Spanien: Dort schnellte die Teuerung sogar auf 3,0 Prozent in die Höhe. Auf der iberischen Halbinsel seien nicht nur die Energiepreise für den Schub verantwortlich, kommentierte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank aus Liechtenstein. Es gebe grundsätzlich einen Preisanstieg. EZB-Chef Mario Draghi werde dies als Erfolg werten. "Für die EZB besteht aber mit Hinblick auf den gesamten Währungsraum kein Grund in Hektik zu verfallen."