(Neu: Aussagen Pressekonferenz Weidmann)
FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Bundesbank entlastet mit dem höchsten Milliardengewinn seit 2008 die Kasse des Bundesfinanzministers. Dank der Entspannung in der Euro-Schuldenkrise kletterte der Überschuss im vergangenen Jahr kräftig auf 4,6 Milliarden Euro, wie die Deutsche Bundesbank am Donnerstag mitteilte. Der Gewinn ist fast sieben Mal so hoch wie im Vorjahr (664 Mio Euro) und liegt deutlich über den Erwartungen der Bundesregierung.
'Bei realistischer Betrachtung ist es allerdings zu früh, bereits das Ende der Krise auszurufen', warnte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann in Frankfurt. Die Eurostaaten ächzten noch unter gewaltigen Schuldenbergen und hätten zum Teil mit besorgniserregend hoher Arbeitslosigkeit zu kämpfen.
Insgesamt sah die Bundesbank anders als in den Vorjahren aber keinen Grund, ihre Rückstellungen für Risiken infolge der Euro-Schuldenkrise nochmals zu erhöhen. So seien beispielsweise die Bestände riskanter Staatsanleihen aus Euro-Krisenländern in den Bilanzen der Notenbanken zurückgegangen. 'Die notwendigen Anpassungsprozesse in den von der Krise besonders betroffenen Ländern sind erkennbar vorangekommen, das Vertrauen kehrt allmählich zurück', bilanzierte Weidmann. Die Reformen seien aber noch lange nicht abgeschlossen, 'wir stehen in der Mitte'.
Eine Auflösung der in den vergangenen Jahren auf 14,4 Milliarden Euro angeschwollenen Rückstellungen der Bundesbank sei daher derzeit nicht angebracht. 'Um die Krise und ihre tiefer liegenden strukturellen Ursachen tatsächlich dauerhaft zu überwinden, sind weiterhin erhebliche Anstrengungen und ein langer Atem nötig', sagte Weidmann.
Der ehemalige wirtschaftspolitische Berater von Kanzlerin Angela Merkel betonte: 'Den Schlüssel, um die Krise nachhaltig zu überwinden, hält die Politik in der Hand und nicht die Geldpolitik.' Unter Europas führenden Notenbankern herrsche Einigkeit, dass die Europäische Zentralbank (EZB) mit Geldschwemme und weiteren Hilfen für Banken 'zwar die Krisensymptome lindern, aber nicht die Ursachen bekämpfen' könne, sagte Weidmann.
Die Bundesregierung ging in ihren aktuellen Haushaltsplanungen von mindestens 2,5 Milliarden Euro Bundesbankgewinn aus. Der Gewinn der Notenbank wird laut Gesetz in voller Höhe an den Bund abgeführt, was über 2,5 Milliarden hinausgeht, nutzt der Staat zur Schuldentilgung.
Der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Norbert Barthle, äußerte sich erfreut über den hohen Überschuss: 'Auch dies ist ein Beitrag zur Absenkung der Schuldenstandsquote.' Für den Bundeshaushalt freue er sich auf den Tag, an dem die Bundesbank mit der Auflösung ihrer Rückstellungen beginne.
Wichtigste Quelle des Bundesbankgewinns waren trotz Leitzinsen auf Rekordtief wie in den Vorjahren die Zinserträge. Allerdings sank der Nettozinsertrag binnen Jahresfrist von 8,3 Milliarden auf 5,6 Milliarden Euro.
Weidmann zeigte Verständnis für Verbraucher, die sich darüber ärgern, dass ihre Spareinlagen derzeit real an Wert verlieren. Doch die Bürger seien nicht nur Sparer: Sie profitierten etwa als Bauherren bei der Kreditaufnahme von niedrigen Zinsen, zudem könnten Unternehmen günstiger investieren und so Arbeitsplätze schaffen. Gleichwohl dürfe der Leitzins nicht auf Dauer auf dem aktuellen Rekordtief von 0,25 Prozent verharren: 'Von Niedrigzinsen gehen auch unerwünscht Risiken und Nebenwirkungen aus.' Das Aufräumen in den Bilanzen von Banken und Unternehmen könne sich verzögern, Staaten könnten Reformen und die Sanierung ihrer Finanzen verschleppen.P/hbr