APA ots news: WirtschaftsBlatt-Leitartikel: Trügerische Ruhe in der Eurozone - von Wolfgang Tucek
Am Reformeifer in Rom und Paris hängt das Schicksal der
Eurozone
Wien (APA-ots) - Immer noch beruhigt die süße Medizin der EZB die
Finanzmärkte. Weil niemand gegen die Zentralbank wetten will, liegen
die Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen für die wirtschaftlich
größten Problemländer Spanien und Italien komfortabel unter 4,5
Prozent. Das unreformierbar scheinende Frankreich zahlt für neue
Staatskredite mit zehnjähriger Laufzeit überhaupt nur gut 2,4 Prozent
Zinsen und damit nicht viel mehr als der Musterschüler Deutschland.
Dessen Bundesanleihen gelten nicht erst seit Krisenbeginn als Maßstab
für die Geldaufnahme in der Eurozone, derzeit werden knapp 1,9
Prozent für zehn Jahre fällig.
Vergleicht man diese Werte mit realen Wirtschaftsdaten wie den
Lohnstückkosten oder der Handelsbilanz, zeigt sich ein ziemlich
anderes Bild. So wird Spanien zwar von politischen Problemen
gebeutelt und es ist verwunderlich, dass sich Premier Rajoy trotz
unschöner Affären noch immer im Sattel hält. Die Lohnstückkosten
haben sich aber deutlich verringert, das Land verfügt über eine
positive Handelsbilanz. Kurz gesagt: Trotz deutlich gestiegener
Wettbewerbsfähigkeit vertrauen die Märkte dem Land weiterhin viel
weniger als Italien oder Frankreich, bei denen sich die Kennzahlen
nicht so erfreulich entwickelt haben.
Das mag einerseits am laufenden Bankenstützungsprogramm des
Euroschirms ESM liegen, anderseits rangiert das iberische Land bei
den großen Ratingagenturen nur am unteren Ende des Triple-B-Bereichs.
Zwar haben Moody's, Standard & Poor's und Fitch im Vorfeld der Krise
und währenddessen an Renommee eingebüßt. Gerade angesichts der neuen
Nachsicht der EU-Kommission bei der Erfüllung der Sparziele schielen
die Investoren aber wieder verstärkt auf die Ratings. So liegt
Italien immerhin am oberen Ende des BBB-Spektrums, Frankreich solide
bei AA.
Der italienische Premier Letta und der französische Präsident
Hollande haben aber bereits mehrfach Deficit-Spending für mehr
Wachstum anstatt weiterer Strukturreformen propagiert. Sollte die
EU-Kommission ihnen dabei zu freie Hand lassen, könnten sich neue
Schieflagen unter den größten Euroländern schneller aufbauen, als die
EZB die Medizin nachreichen kann - die aktuell ruhig erscheinende
Eurokrise könnte ein großes Comeback erleben. Am Reformeifer in
Italien und vor allem Frankreich hängt daher das Schicksal der
Eurozone.
Rückfragehinweis:
WirtschaftsBlatt Medien GmbH
Tel.: 0043160117-305
mailto:redaktion@wirtschaftsblatt.at
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/236/aom
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OTS0195 2013-08-20/18:15
Am Reformeifer in Rom und Paris hängt das Schicksal der
Eurozone
Wien (APA-ots) - Immer noch beruhigt die süße Medizin der EZB die
Finanzmärkte. Weil niemand gegen die Zentralbank wetten will, liegen
die Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen für die wirtschaftlich
größten Problemländer Spanien und Italien komfortabel unter 4,5
Prozent. Das unreformierbar scheinende Frankreich zahlt für neue
Staatskredite mit zehnjähriger Laufzeit überhaupt nur gut 2,4 Prozent
Zinsen und damit nicht viel mehr als der Musterschüler Deutschland.
Dessen Bundesanleihen gelten nicht erst seit Krisenbeginn als Maßstab
für die Geldaufnahme in der Eurozone, derzeit werden knapp 1,9
Prozent für zehn Jahre fällig.
Vergleicht man diese Werte mit realen Wirtschaftsdaten wie den
Lohnstückkosten oder der Handelsbilanz, zeigt sich ein ziemlich
anderes Bild. So wird Spanien zwar von politischen Problemen
gebeutelt und es ist verwunderlich, dass sich Premier Rajoy trotz
unschöner Affären noch immer im Sattel hält. Die Lohnstückkosten
haben sich aber deutlich verringert, das Land verfügt über eine
positive Handelsbilanz. Kurz gesagt: Trotz deutlich gestiegener
Wettbewerbsfähigkeit vertrauen die Märkte dem Land weiterhin viel
weniger als Italien oder Frankreich, bei denen sich die Kennzahlen
nicht so erfreulich entwickelt haben.
Das mag einerseits am laufenden Bankenstützungsprogramm des
Euroschirms ESM liegen, anderseits rangiert das iberische Land bei
den großen Ratingagenturen nur am unteren Ende des Triple-B-Bereichs.
Zwar haben Moody's, Standard & Poor's und Fitch im Vorfeld der Krise
und währenddessen an Renommee eingebüßt. Gerade angesichts der neuen
Nachsicht der EU-Kommission bei der Erfüllung der Sparziele schielen
die Investoren aber wieder verstärkt auf die Ratings. So liegt
Italien immerhin am oberen Ende des BBB-Spektrums, Frankreich solide
bei AA.
Der italienische Premier Letta und der französische Präsident
Hollande haben aber bereits mehrfach Deficit-Spending für mehr
Wachstum anstatt weiterer Strukturreformen propagiert. Sollte die
EU-Kommission ihnen dabei zu freie Hand lassen, könnten sich neue
Schieflagen unter den größten Euroländern schneller aufbauen, als die
EZB die Medizin nachreichen kann - die aktuell ruhig erscheinende
Eurokrise könnte ein großes Comeback erleben. Am Reformeifer in
Italien und vor allem Frankreich hängt daher das Schicksal der
Eurozone.
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