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Veröffentlicht am 03.04.2012, 20:51
Aktualisiert 03.04.2012, 20:52
Börsen-Zeitung: Ungeheurer Trug, Kommentar zur EZB von Stephan Balling

Frankfurt (ots) - Zu beneiden ist Mario Draghi nicht. Der

Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) hat sein Haus in eine

Sackgasse manövriert. 'Dankt Gott mit jedem Morgen, daß ihr nicht

braucht fürs Röm'sche Reich zu sorgen! Ich halt es wenigstens für

reichlichen Gewinn, daß ich nicht Kaiser oder Kanzler bin', ruft der

Brandner in Goethes Faust. Noch undankbarer aber als der Job des

Kanzlers ist derzeit der des Notenbankchefs.

Die EZB hat durch ihre Liquiditätsflut Eurolands Banken ein

wunderbares Geschäftsmodell eröffnet: Kaufe Staatsanleihen von

Krisenländern und finanziere dies zum Niedrigstzins bei der

Notenbank. Wollte die EZB diesen Carry Trade beenden, hätte das

womöglich heftige Folgen: Die Refinanzierung der Krisenländer Italien

und vor allem Spanien könnte wieder schwerer werden, es droht ein

Marktkollaps wie im Sommer 2011 - mit unabsehbaren Folgen für das

Finanzsystem. Doch gleichzeitig verhindert die ultraexpansive

Geldpolitik nötige Strukturänderungen im Bankensektor und birgt

Risiken für den Steuerzahler und die Preisstabilität.

Die Ursachen für diese Zwickmühle liegen in der EZB-Politik nach

Draghis Amtsübernahme im Herbst 2011. Die Kombination aus zwei

Leitzinssenkungen, der abermaligen Lockerung des Sicherheitenrahmens,

den intensivierten Anleihekäufen sowie den Dreijahreskrediten als

Reaktion auf zugegeben schwache monetäre Daten waren zu viel des

Guten.

Dabei irrt Ex-EZB-Direktoriumsmitglied Lorenzo Bini Smaghi, wenn

er den Deutschen vorwirft, zu viel Angst zu haben, sich zu große

Sorgen um die Bilanz der Notenbank zu machen. Gerade die Bundesbank

hat im Zuge der Lehman-Pleite erfahren, dass zu lasche Anforderungen

an die Sicherheiten bei ihren Repogeschäften mit den Banken riskant

sind. Seit dreieinhalb Jahren sitzen die deutschen Währungshüter auf

dem von der deutschen Lehman-Tochter hinterlegten Finanzprodukt

'Excalibur', bilanzierter Wert: 1,3 Mrd. Euro. Eigentlich sollte

dieser Posten bis Ende Februar 2012 höchstens mit einem 'kleinen

Verlust' losgeschlagen werden. Doch bisher kann die Bundesbank keinen

Vollzug melden, gibt auf Nachfrage keine Stellungnahme ab. Gibt es

also doch größere Probleme als noch im Januar offiziell eingeräumt?

Der Weg, mithilfe der Notenpresse die Probleme zu lösen, erweist

sich wieder mal als falsch. 'Ich ahne Frevel, ungeheuren Trug',

antwortet der Kaiser dem Faust, als dieser die Wirtschaft im Reich

mithilfe der Notenpresse stimulieren will. Das mag man auch Draghi

zurufen, wenn er heute nach der EZB-Ratssitzung wieder vor die Presse

tritt.

Originaltext: Börsen-Zeitung

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