(Neu: Weitere Details)
TOKIO (dpa-AFX) - Japans Konsumenten bekommen die erste Erhöhung der Verbrauchssteuer seit 17 Jahren zunehmend zu spüren. Die Verbraucherpreise stiegen im Mai im Vergleich zum Vorjahresmonat um 3,4 Prozent und damit so stark wie seit mehr als drei Jahrzehnten nicht mehr, wie die Regierung am Freitag bekanntgab. Zwei Jahrzehnte lang hatte die asiatische Wirtschaftsmacht unter fallenden Preisen und Zurückhaltung der Verbraucher gelitten. Anfang 2013 steuerte die Regierung im Kampf gegen die Deflation mit großen Konjunkturprogrammen radikal um, unterstützt von der Zentralbank, die eine immense Geldflut initiierte.
Zuletzt wurden zum 1. April die Verbrauchssteuern kräftig erhöht, was den Anstieg der jährlichen Teuerungsrate im Mai förderte. Zudem stiegen auch die Energiekosten. Nachdem die Verbraucher vor der Steueranhebung noch einmal kräftig Geld ausgegeben hatten, gingen die Ausgaben der Privathaushalte im Mai wieder rasant um 8 Prozent zurück, der stärkste Rückgang seit drei Jahren.
Dies könnte nach Einschätzung von Ökonomen das Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal dieses Jahres stärker dämpfen als erwartet. Die Regierung jedoch rechnet mit keinen schwerwiegenden Auswirkungen der Verbrauchersteueranhebung auf die wirtschaftliche Erholung. Der Rückgang der Haushaltsausgaben habe im Rahmen der Erwartungen gelegen. Der private Konsum, der in Japan zu rund 60 Prozent zur Wirtschaftsleistung des Landes beiträgt, habe sich insgesamt nicht verschlechtert, hieß es.
Ohne Gehaltssteigerungen, die die Inflation abfedern, droht jedoch die Kaufkraft der Haushalte nach Einschätzung von Ökonomen zu sinken. Bislang wurde die Inflation vor allem von den steigenden Energiekosten in Folge des schwachen Yen sowie der Abschaltung der Atomkraftwerke getrieben. Diese legten zuletzt um 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu. Vor diesem Hintergrund drängt die Regierung die Unternehmen des Landes, die Löhne und Gehälter zu erhöhen. Abgesehen von Überstundenausgleich und Boni waren die Grundgehälter in Japan im April jedoch weiter zurückgegangen, und zwar um real 4,6 Prozent und damit im achten Monat in Folge.
Der Preisanstieg wird nach Ansicht von Ökonomen in den kommenden Monaten möglicherweise wieder etwas nachlassen, dann aber wieder anziehen. Der Anstieg im Mai war der stärkste seit April 1982, als die Preise in Folge des Ölschocks um 3,5 Prozent angezogen hatten. Die Zentralbank sieht sich denn auch in ihrem Kampf gegen die fast zwei Jahrzehnte andauernde Deflation mit stetig fallenden Preisen auf dem richtigen Weg und peilt für 2015 eine Inflation von 2 Prozent an - und zwar ohne die direkten Auswirkungen der Steueranhebung. Beobachter erwarten auch, dass die Bank von Japan vorerst keine weitere Lockerung der Geldpolitik vornimmt.
Die Arbeitslosenrate fiel derweil im Mai auf 3,5 Prozent. So niedrig war sie seit 16 Jahren nicht mehr, wie die Regierung weiter bekanntgab. Im Vormonat hatte sie noch bei 3,6 Prozent gelegen. Auf 100 Jobsuchende kamen im Berichtsmonat 109 offene Stellen. So gut war die Lage seit rund 22 Jahren nicht mehr.b