FRANKFURT (dpa-AFX) - Die europäische Staatsschuldenkrise befeuert die Debatte um die künftigen Regeln für Versicherungskonzerne. Bei der Jahrestagung der europäischen Versicherungsaufsicht Eiopa am Mittwoch in Frankfurt skizzierte Allianz-Vorstand Oliver Bäte die Gefahr, dass die geplanten Kapitalregeln für Versicherer die Krise noch verschärfen könnten - weil sie zum massenhaften Verkauf von Aktien und Staatsanleihen führten. Den Italienern riet der Manager zur Einführung einer Schulden-Obergrenze. So könne das angeschlagene Land das Vertrauen der Kapitalmärkte wiedergewinnen.
Der Markt für Staatsanleihen sei nicht mehr funktionsfähig, sagte Bäte. Die Risikoaufschläge auf die Zinsen hätten nichts mehr mit der wirklichen Finanzlage der Staaten zu tun. Um dem abzuhelfen, regte der Manager an, Staatsschulden in verschiedene Risikoklassen einzuteilen. So könnten Schulden bis zu 70 oder 80 Prozent des Bruttoinlandsprodukts garantiert sein. Wenn für darüber hinausgehende Staatsschulden offiziell eine höhere Ausfallwahrscheinlichkeit gelte, könnten Investoren wieder belastbare Entscheidungen darüber treffen, wie sie ihr Geld anlegen wollten.
Der künftigen italienischen Regierung riet Bäte, einen Ausfall der Staatsschulden des Landes definitiv auszuschließen. 'Die Italiener können alles, sie müssen es nur wollen.' Die Wirtschaft sei stark. Die Einführung einer festen Schuldenobergrenze könnte für Klarheit und neues Vertrauen sorgen. Die Allianz hat selbst mehr als 25 Milliarden Euro in italienischen Staatsanleihen angelegt. Abschreibungen auf Griechenland-Papiere und die Turbulenzen an den Aktienmärkten hatten dem Konzern im Sommerquartal einen herben Gewinnrückgang eingebrockt.
Mit dem Regelwerk 'Solvency II' will die EU die Versicherer künftig besser für Krisen wappnen - und trifft damit bei der deutschen Branche auf Widerstand. Vorgesehen ist, dass Versicherer ihre langfristigen Zahlungsverpflichtungen ab dem Jahr 2013 mit mehr Eigenkapital unterlegen - je nachdem, wie stark der Wert der Kapitalanlagen, in denen das Geld steckt, am Markt schwankt. Wenn die Regeln so eingeführt würden, 'wird es keine langfristigen Garantien mehr geben für Menschen, die eine verlässliche Altersrente wollen', kritisierte Bäte. Die deutschen Versicherer sehen ihr Geschäftsmodell in Gefahr, weil die Garantien in der privaten Rentenversicherung für sie deutlich teurer würden.
Bäte fürchtet zudem, dass die Regeln die falschen Anreize setzen. Sie zwängen die Versicherer, in der Krise genau diejenigen Papiere auf den Markt zu werfen, deren Wert stark sinke. Damit werde der Abwärtstrend noch verstärkt. Eiopa-Präsident Gabriel Bernardino hielt dagegen, dass 'Solvency II' bereits jetzt in der Entwurfsphase eine Krisenregel habe. Die werde prozyklische Auswirkungen verhindern, indem bei Abwärtsbewegungen die Kapitalanforderungen zunächst nicht heraufgeschraubt würden. Euro-Staatsanleihen müssen bislang gar nicht mit Kapital unterlegt werden - was ein Nullrisiko unterstellt. Bernardino schloss nicht aus, dass sich dies einmal ändern könne. Dazu sei jedoch eine politische Entscheidung notwendig.
Dass ihr Geschäft mit höheren Kapitalanforderungen weniger lukrativ wird, müssen die Versicherer laut Eiopa-Generaldirektor Carlos Montalvo hinnehmen. 'Das Regelwerk greift nicht das Geschäftsmodell an, sondern die Rentabilität.' Dies müssten die Versicherer ihren Aktionären und den Analysten erklären. Auch künftig könnten Versicherer Geld verdienen, sagte Montalvo: 'Es ist nicht das Ende der Welt.' Für die Eiopa gehe es darum, die Versicherer mit klaren Regeln wetterfest zu machen.
Die Allianz bangt unterdessen um ihre Aktionärsbasis. 'Die Leute werden bei uns nicht investieren, wenn wir morgen doppelt so viel Kapital brauchen wie heute', sagte Bäte. Noch stehen die Details von 'Solvency II' nicht endgültig fest. Die öffentliche Beratung des Regelwerks soll nach dem Willen der Aufseher im Mai 2012 beginnen. Die Einführung der Regeln erwartet die Eiopa für 2013, bevor sie nach einer einjährigen Übergangszeit scharfgeschaltet werden sollen. Die Entscheidung darüber liegt allerdings bei der Politik./stw/he
Der Markt für Staatsanleihen sei nicht mehr funktionsfähig, sagte Bäte. Die Risikoaufschläge auf die Zinsen hätten nichts mehr mit der wirklichen Finanzlage der Staaten zu tun. Um dem abzuhelfen, regte der Manager an, Staatsschulden in verschiedene Risikoklassen einzuteilen. So könnten Schulden bis zu 70 oder 80 Prozent des Bruttoinlandsprodukts garantiert sein. Wenn für darüber hinausgehende Staatsschulden offiziell eine höhere Ausfallwahrscheinlichkeit gelte, könnten Investoren wieder belastbare Entscheidungen darüber treffen, wie sie ihr Geld anlegen wollten.
Der künftigen italienischen Regierung riet Bäte, einen Ausfall der Staatsschulden des Landes definitiv auszuschließen. 'Die Italiener können alles, sie müssen es nur wollen.' Die Wirtschaft sei stark. Die Einführung einer festen Schuldenobergrenze könnte für Klarheit und neues Vertrauen sorgen. Die Allianz hat selbst mehr als 25 Milliarden Euro in italienischen Staatsanleihen angelegt. Abschreibungen auf Griechenland-Papiere und die Turbulenzen an den Aktienmärkten hatten dem Konzern im Sommerquartal einen herben Gewinnrückgang eingebrockt.
Mit dem Regelwerk 'Solvency II' will die EU die Versicherer künftig besser für Krisen wappnen - und trifft damit bei der deutschen Branche auf Widerstand. Vorgesehen ist, dass Versicherer ihre langfristigen Zahlungsverpflichtungen ab dem Jahr 2013 mit mehr Eigenkapital unterlegen - je nachdem, wie stark der Wert der Kapitalanlagen, in denen das Geld steckt, am Markt schwankt. Wenn die Regeln so eingeführt würden, 'wird es keine langfristigen Garantien mehr geben für Menschen, die eine verlässliche Altersrente wollen', kritisierte Bäte. Die deutschen Versicherer sehen ihr Geschäftsmodell in Gefahr, weil die Garantien in der privaten Rentenversicherung für sie deutlich teurer würden.
Bäte fürchtet zudem, dass die Regeln die falschen Anreize setzen. Sie zwängen die Versicherer, in der Krise genau diejenigen Papiere auf den Markt zu werfen, deren Wert stark sinke. Damit werde der Abwärtstrend noch verstärkt. Eiopa-Präsident Gabriel Bernardino hielt dagegen, dass 'Solvency II' bereits jetzt in der Entwurfsphase eine Krisenregel habe. Die werde prozyklische Auswirkungen verhindern, indem bei Abwärtsbewegungen die Kapitalanforderungen zunächst nicht heraufgeschraubt würden. Euro-Staatsanleihen müssen bislang gar nicht mit Kapital unterlegt werden - was ein Nullrisiko unterstellt. Bernardino schloss nicht aus, dass sich dies einmal ändern könne. Dazu sei jedoch eine politische Entscheidung notwendig.
Dass ihr Geschäft mit höheren Kapitalanforderungen weniger lukrativ wird, müssen die Versicherer laut Eiopa-Generaldirektor Carlos Montalvo hinnehmen. 'Das Regelwerk greift nicht das Geschäftsmodell an, sondern die Rentabilität.' Dies müssten die Versicherer ihren Aktionären und den Analysten erklären. Auch künftig könnten Versicherer Geld verdienen, sagte Montalvo: 'Es ist nicht das Ende der Welt.' Für die Eiopa gehe es darum, die Versicherer mit klaren Regeln wetterfest zu machen.
Die Allianz bangt unterdessen um ihre Aktionärsbasis. 'Die Leute werden bei uns nicht investieren, wenn wir morgen doppelt so viel Kapital brauchen wie heute', sagte Bäte. Noch stehen die Details von 'Solvency II' nicht endgültig fest. Die öffentliche Beratung des Regelwerks soll nach dem Willen der Aufseher im Mai 2012 beginnen. Die Einführung der Regeln erwartet die Eiopa für 2013, bevor sie nach einer einjährigen Übergangszeit scharfgeschaltet werden sollen. Die Entscheidung darüber liegt allerdings bei der Politik./stw/he