(Reuters) - Was Intelligenz genau bedeutet, darüber sind sich kluge Menschen nicht einig. Für künstliche Intelligenz gibt es erst recht keine einheitliche Definition.
Soll eine Maschine menschliches Denken und geistige Fähigkeiten abbilden, Aufgaben bewältigen und automatisiert entscheiden, braucht sie dafür eine Fülle von Daten. "Der Anfang von Intelligenz ist Lernen", sagt der Technologieexperte Sharad Gandhi von der Firma Market.Consult. "Ohne Lernen gibt es keine Intelligenz und ohne Intelligenz gibt es kein Lernen." In Gesichtern, Sprache, Texten, Bildern oder auch Situationen gebe es gewisse Muster, die eine Maschine erkennen könne. Die Technik ist in Suchmaschinen, Sprachassistenten oder Online-Übersetzern längst im Einsatz - ohne dass dies allen Nutzern bewusst ist.
Viele Experten unterscheiden drei Arten der künstlichen Intelligenz (KI oder AI für "artificial intelligence"):
ENGE KI:
Enge KI kann eine ganz bestimmte Aufgabe lösen und dabei auch besser abschneiden als ein Mensch, weil die Software effizienter und beharrlicher vorgeht, etwa bei der Bilderkennung, in Brettspielen oder bei Wettervorhersagen. "Auch autonomes Fahren stellt trotz seiner Komplexität immer noch eine Form der engen KI dar", heißt es in einer Studie der Beratungsfirma McKinsey. Dabei werde rund 1 Gigabyte an Daten pro Sekunde verarbeitet - eine Million Mal so viele wie bei aktuellen Navigationssystemen.
Hinter der engen KI steckt die Methode des sogenannten Maschinellen Lernens, "das automatische Erlernen von impliziten Eigenschaften oder Regeln, die einem Datensatz zu Grunde liegen", wie die McKinsey-Experten definieren. Der spezifische Algorithmus kann seine Leistung dabei so lange optimieren, bis es nichts mehr zu verbessern gibt.
Die Technik könne aber "viel weniger, als die meisten Leute glauben", sagt Technologieberater Gandhi. "Künstliche Intelligenz lernt nur, was man ihr beibringt - wie bei Kindern." Dazu sei viel Handarbeit nötig, erläutert Software-Experte Klaus Büttner von BMW (DE:BMWG). Spezielle "Data Labler" trainierten dem Rechner beziehungsweise Auto an, was in einer bestimmten Verkehrssituation zu sehen ist, worauf es ankommt. "Es entsteht Demut vor dem menschlichen Gehirn, wenn man sieht, wieviele Daten man einspielen muss, bis der Computer das rudimentär versteht."
GENERELLE ODER ALLGEMEINE KI:
Würde die künstliche Intelligenz das Niveau des Menschen erreichen, würde sie über all seine kognitiven Fähigkeiten verfügen. Damit wäre sie nicht mehr auf einen bestimmten Bereich begrenzt, sondern könnte ganz unterschiedliche Aufgaben übernehmen und Probleme lösen. Bereits gewonnene Erkenntnisse und gezogene Schlüsse könnte der Rechner in neuen Zusammenhängen einsetzen. KI auf menschlichem Niveau erstreckt sich laut McKinsey auf alle Tätigkeiten und Dimensionen, von wissenschaftlicher Kreativität über Allgemeinwissen bis hin zu sozialer Kompetenz. "Da Computer bereits heute die Verarbeitungsleistung eines Mäusegehirns übertreffen, werden Maschinen bis 2030 die Kapazität des menschlichen Gehirns erreichen", wenn die Rechnerleistung weiter exponentiell wachse. AI-Experte Gandhi geht davon aus, dass es bis 2050 dauert, die generelle Intelligenz eines Menschen künstlich abzubilden. "Dann kommt die Superintelligenz."
SUPERINTELLIGENZ:
Auf der nächsten Ebene würde die KI die kognitiven Fähigkeiten des Menschen nahezu in jedem Bereich deutlich übertreffen - eine Vorstellung, die oft für Unbehagen sorgt. Über die Erwünschtheit und die Folgen dieser Stufe wird deshalb viel diskutiert. Der Informatikprofessor Wolfgang Wahlster, Chef des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), rechnet zwar mit einem Boom von KI-Anwendungen in den nächsten Jahren, glaubt aber nicht daran, dass diese Superintelligenz kommen wird, auch wenn sie theoretisch möglich sei. Schließlich wolle niemand eine Maschine kaufen, die macht, was sie will. Nach rund 30 Jahren Forschung auf diesem Gebiet sei sein Respekt vor dem Menschen gewachsen, sagte er im vergangenen Jahr dem Wirtschaftsmagazin "Brand Eins": "Selbst der einfachste Mensch hat in Sachen Intelligenz mehr auf dem Kasten als jedes noch so ausgefeilte KI-System - dank seines Alltagsverstands, seiner Sensomotorik und seines sozialen Verständnisses."